

Mit zitternden Knien und verschwitzen Händen hieve ich meine zwei Koffer vom Gepäckband. Mein Herz klopft wie verrückt. Komische Gedanken schießen mir durch den Kopf: Hoffentlich wird meine Familie nicht enttäuscht davon sein, was aus mir geworden ist, in meinem Jahr in Union City, Pennsylvania. Ich atme tief durch, rücke mein Kleidung zurecht und laufe los: Die Schiebetüren öffnen sich.
Wortlos schließt mein Vater mich in eine feste Umarmung und gibt mich wieder frei, um mir mein Gepäck abzunehmen. Meine in Tränen aufgelöste Mutter fällt mir um den Hals. Dann liege ich endlich in den Armen meines Freundes und unsere monatelange Fernbeziehung hat ein Ende.
Ein paar Stunden später bin ich in meinem Zimmer in Ramsloh. In meiner Abwesenheit diente es als Videospielzimmer und Abstellraum, doch meine Mutter beteuert, alles sehe jetzt genauso aus wie ich es verlassen habe. Kurze Zeit nach meiner Rückkehr hängt jetzt eine Broadway-Plakette an der Wand. Eine amerikanische Flagge liegt über meinem Sofa. Hinter einem Wandplakat ragt das "U" für Union City hervor. Es ist mein Varsity-Buchstabe, der eigentlich auf eine High-School-Bomberjacke genäht wird, zusammen mit Ansteckern der betriebenen Sportarten.
Trotz der neuen Dekoration riecht mein Zimmer auch nach einem Jahr noch wie bei meiner Abreise. Mein amerikanisches Parfum von Bath & Body Works habe ich zurückgelassen, genauso wie meine amerikanischen Freunde, meine Gastfamilie und den Hund Brody.
Heimweh, wenn der Hund bellt
Mitgebracht habe ich zwei Koffer voller neuer Kleidung, ein Küchengerät für meine Mutter als Geschenk meiner Gast-Mom und einen USB-Stick voller Erinnerungen und Abschiedsvideos, den meine Freunde mir mitgegeben haben. In einem kurzen Film singen sie für mich "Alle meine Entchen", das hatte ich ihnen in meiner ersten Woche in Pennsylvania beigebracht. Die Fotos sind eine Rückschau auf unser gemeinsames Jahr: mit spaßigen Shopping-Touren und Roadtrips, Strandspaziergängen in Florida und einer Überraschungsparty, die meine Freunde für mich geschmissen haben.
Mit Überraschungen ging es auch in Deutschland weiter: Am Tag nach meiner Ankunft fielen meine Freunde in meinem Zuhause ein. Ich würde nuscheln, unterstellten sie mir. Sonst sei ich aber immer noch die alte Alina.
Auch mir kamen sie nicht sonderlich verändert vor. Überhaupt dauerte es kaum eine Woche, bis ich mich wieder zu Hause fühlte. Meine Mutter hat jetzt zwar ein Smartphone, mein elfjähriger Bruder hat gelernt, sein Geschirr selbst vom Tisch zu räumen, und meine Tante erwartet in zwei Monaten ein Baby, aber es war doch mein Zuhause, in das ich zurückkehrte - genau rechtzeitig um zu erleben, wie Deutschland Fußballweltmeister wird.
Wenn ich einen kleinen Hund bellen höre oder mir meine Fotos von Amerika anschaue, habe ich ganz kurz so etwas wie Heimweh. Genauso hatte ich mich in Amerika gefühlt, als mich das Lächeln meines Gastcousins an meinen kleinen Bruder erinnerte oder ich das Bild von meinem Freund und mir sah, das über meinem Bett hing.
Doch der Abschied von meinem amerikanischen Leben, war kein Abschied von den Menschen, die ich lieb gewonnen habe. Meine amerikanischen Eltern haben am Ende oft betont, dass ich jederzeit "nach Hause" kommen könne. Ich versprach ihnen, das zu tun. Aber vorerst ist die Baseball-Saison vorbei - und ich feuere meinen Bruder wieder beim Fußball an.
Zu Hause bestand der Alltag mit ihrem Sohn für Caroline Schmidt-Gross oft aus Genörgel und Gemäkel. Dann schickte sie Pablo in die USA zu einer strengen Christenfamilie - und erkannte ihr Kind kaum wieder. mehr...
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Zehn Monate USA sind vorbei: Alina begleitet ihre Freundin Ericka zur Abschlussparty der Highschool. Gemeinsam lassen sie Laternen in den Himmel steigen. Auch für Alina ist es ein Abschluss: Sie fliegt zurück nach Deutschland.
Ein USB-Stick mit Erinnerungsfotos: Nicht nur dieses Geschenk hat die 17-Jährige von ihrem Jahr in Union City, Pennsylvania, mitgebracht. Ihre Freunde haben ihr eine kleine Auswahl an Bildern und Videos zusammengestellt, die sie an die gemeinsame Zeit erinnern sollen.
Mit einer Abschiedsparty überraschten sie ihre amerikanischen Freunde. Virginia dekorierte die Abschiedstorte aus Eis mit den Worten: "Wir werden dich vermissen." Wenn sich Alina die Bilder auf dem USB-Stick anschaut, kommt ein bisschen Heimweh auf.
"Forever": Alina wird sicher immer an ihr Jahr in den Vereinigten Staaten zurückdenken. Um viele Erinnerungen, Geschenke und zwei Koffer Kleidung reicher landete sie wieder in Deutschland.
Alina freute sich auf zu Hause. In den USA ließ sie zwar Freunde, die Gastfamilie und den Hund Brody zurück - doch in Ramsloh warteten Freund, Freunde und die Familie auf sie.
Baseball hat sich Alina in den USA gerne angesehen. Jetzt feuert sie ihren elfjährigen Bruder Erik beim Fußballspielen an.
Die Bedenken, ihre Familie könnte enttäuscht darüber sein, was aus ihr geworden ist, verwirft Alina schnell wieder. Sie freut sich, ihren Bruder zurückzuhaben.
Keine Woche dauerte es, bis sich Alina wieder zuhause fühlte.
Von ihrer amerikanischen Freundin Eve bekam sie einen Gurt für die Kamera zum Abschied. Den hat Eve selbst gewoben.
Sonnenuntergänge gibt es auch im niedersächsischen Ramsloh. Und ein bisschen...
...sieht es dann doch aus wie in Florida, auch wenn sie auf lange Spaziergänge am Meer verzichten muss. Ihre Gastfamilie will sie auf jeden Fall wieder besuchen.