Länder-Ranking Wirtschaftslobby kürt Sachsen zum Bildungsmusterland

Das deutsche Bildungssystem hat sich verbessert - aber nur leicht. Laut einer wirtschaftsnahen Studie ist Sachsen der Sieger unter den Bundesländern. Gleichzeitig hat der Osten aber Probleme, ausländische Kinder an Schulen zu integrieren.
Schule in Niedersachsen: Nur langsame Fortschritte in der Bildung

Schule in Niedersachsen: Nur langsame Fortschritte in der Bildung

Foto: Ole Spata/ picture alliance / dpa

Besser? Ja, aber es gibt noch viel Luft nach oben in der Bildung. Zu diesem Schluss kommen das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) und die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in einem aktuellen Vergleich der Bundesländer.

Die Länder hätten es geschafft, das Ganztagsangebot für Schüler und Kindergartenkinder auszubauen, heißt es im Bildungsmonitor , der an diesem Donnerstag zum zwölften Mal erscheint. Außerdem habe sich der Betreuungsschlüssel verbessert: Ein Grundschullehrer und ein Betreuer in den Kindertagesstätten kümmere sich im Schnitt um weniger Kinder.

Abzüge gab es allerdings beim Thema Integration. Besonders die östlichen Bundesländer hätten Rückschritte gemacht. "Heute erreichen 10,7 Prozent der ausländischen Schulabgänger keinen Abschluss", sagte Axel Plünnecke, Studienleiter beim IW Köln. Vielen falle deshalb der Übergang in die Berufsausbildung schwer - trotz Fachkräftemangel.

Es sei wichtig, Lehrer besser fortzubilden und zusätzliche Lehrer einzustellen, um Schüler besser fördern zu können, sagte Plünnecke. "Vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen wird dies noch einmal dringender." Besonders der Osten leide darunter, dass dort bisher wenige Zuwanderer lebten. Das mache es schwer, zusätzliche Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen.

Sachsen führt das Länder-Ranking an, wie auch schon im vergangenen Jahr. Es folgen Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg. Schlusslichter sind Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Berlin.

Die Studienmacher werteten 93 Einzelindikatoren aus - vom Lehrer-Schüler-Verhältnis bis zur Qualität der beruflichen Ausbildung, von den Bildungsausgaben im Landeshaushalt bis zu den Fortschritten bei der Integration oder der Schulabbrecherquote. Sie erhoben keine eigenen Daten, sondern bezogen sich auf die aktuellsten Daten, die vorlagen, als das Ranking erstellt wurde.

Die Bildungslandschaft des Spitzenreiters Sachsen zeichne sich zum Beispiel durch eine gute Ganztagsbetreuung aus, heißt es in der Studie. Demnach besuchten mehr als 80 Prozent der Grundschüler und 79 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen ganztägig eine Schule oder Kita. Der bundesweite Durchschnitt liegt bei 31 Prozent, beziehungsweise bei 41 Prozent. Zudem sei Sachsen erfolgreich darin, die Bildungsarmut zu reduzieren. Das zeigten Schulvergleichstests. Ein weiterer Pluspunkt: Sächsische Hochschulen ziehen der Studie zufolge sehr viele Studienanfänger aus anderen Bundesländern an.

Am stärksten haben sich Bremen, das Saarland, Bayern und Hamburg im Vergleich zum Vorjahr verbessert. Hier ist eine Auswahl der Ergebnisse:

  • Bremen erreichte beim Anteil der Hochschulabsolventen in Mathematik und in den Naturwissenschaften mit 19,1 Prozent erneut den besten Wert.

  • Im Saarland erlangten 2013 überdurchschnittlich viele ausländische Jugendliche an beruflichen Schulen die Studienberechtigung (17,5 Prozent). Außerdem investiere das Saarland nun einen höheren Anteil des öffentlichen Gesamtbudgets in seine Grundschulen. Großen Verbesserungsbedarf gebe es jedoch noch bei der Ganztagsbetreuung von Fünft- bis Zehntklässlern.

  • Hamburg glänzte mit einem international ausgerichteten Bildungssystem: 99 Prozent aller Grundschüler wurden 2013 in Fremdsprachen unterrichtet. Eine höhere Quote schaffte nur Rheinland-Pfalz. Außerdem lernten gut drei Viertel aller Hamburger Berufsschüler eine Fremdsprache. Bundesweit ist es nur knapp ein Drittel.

  • Bayern gelingt der Übergang von der Schule in den Beruf sehr gut. Das Land habe ein sehr breites Angebot an Lehrstellen, nur knapp sechs Prozent aller Bewerber seien im vergangenen Jahr leer ausgegangen (Bundesdurchschnitt: zehn Prozent). Außerdem investiere das Land überdurchschnittlich viel Geld in seine Hochschulen und allgemeinbildende Schulen.

  • Auch in der Hauptstadt Berlin, die einen der hinteren Plätze belegte, gingen überdurchschnittlich viele Schüler und Kindergartenkinder in eine Ganztagseinrichtung. Allerdings monierten die Autoren der Studie, dass in Berlin vier von zehn Azubis ihre Ausbildung vorzeitig abbrächen. Auch in den Schulen ist die Abbrecherquote mit sieben Prozent hoch. Bundesweit liegt der Durchschnitt bei gut fünf Prozent.

  • Nordrhein-Westfalen schneidet bei den Betreuungsrelationen an Schulen und Hochschulen schlecht ab. So kommen auf einen Lehrer an den allgemeinbildenden Schulen im Schnitt 15 Schüler und auf eine Lehrkraft an den Hochschulen im Schnitt gut 27 Studenten. Die Situation habe sich zwar in den vergangenen Jahren verbessert. Doch Nordrhein-Westfalen belege im Punkt Betreuungsschlüssel weiterhin den letzten Platz, heißt es im Bildungsmonitor.

Den Machern des Rankings ging es darum, das Bildungssystem unter wirtschaftlichen Aspekten zu bewerten. Dabei ging es vor allem um die Frage, inwieweit Schulen und Hochschulen in der Lage sind, den Bedarf der Wirtschaft an Fachkräften zu sichern. So halten die Autoren zum Beispiel den Ausbau von Ganztagsschulen und Kindertagesstätten für wichtig, damit Eltern ihre Familie und den Beruf gut vereinbaren können - und folglich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Die Bildungsgewerkschaft GEW kritisierte diese Sichtweise: "Dem Monitor liegt ein verengter Bildungsbegriff zugrunde, der nur einen Aspekt der Entwicklung erfasst", sagte GEW-Vorstandsmitglied Ansgar Klinger. Es gehe lediglich darum, welches Bundesland mit welchem Input den besten Output in den Handlungsfeldern erziele, die laut INSM und IW für das künftige "Humankapital" wichtig seien. Das werde dem deutschen Bildungssystem nicht gerecht.

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Foto: Bernd W¸stneck/ picture alliance / dpa

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