Die Schulverbesserer - Teil 5 Sollte Bildungspolitik Ländersache bleiben?

Englischlehrerin an der Tafel: Bett und Schreibtisch heißen in allen Bundesländern "bed" und "desk"
Foto: Patrick Pleul/ dpaDie Kultusministerkonferenz hat beim Wahlvolk keinen leichten Stand. Das Gremium gilt als Bremserverein, und so unrecht haben die Kritiker nicht: Soll ein Beschluss für alle Länder gelten, dann müssen auch 16 Bundesländer zustimmen.
Dennoch brachte die so verrufene Institution in den vergangenen Jahre auch Reformen auf den Weg, von Bildungsstandards bis zu vergleichbaren Abituraufgaben. Und auch wenn es in Berlin ein Ministerium gibt, das dem Namen nach für Bildung zuständig ist: Der Bund hat in der Schulpolitik traditionell nichts zu melden. Die Bildung gehört zu den Kernkompetenzen der Bundesländer.
So schnell wird sich daran nichts ändern: Bundestag und Bundesrat haben zwar gerade eine Abmilderung des sogenannten Kooperationsverbots auf den Weg gebracht. Demnach darf sich der Bund in engen Grenzen bei der Bildung engagieren, aber nur für Hochschulen, nicht für die Schulen.
Deutschland wäre mit einem zentralisierten Schulsystem besser bedient, sagen viele. Andere verweisen auf die Erfolge föderaler Staaten wie der Schweiz und Kanada bei den Pisa-Tests.
Lesen Sie die Argumente von Bildungsministern, Wissenschaftlern, Lehrern und Schülern zur Frage: Sollte Bildungspolitik Ländersache bleiben?
Ja, Bildungspolitik soll Ländersache bleiben, wenn sie gut koordiniert ist, sagen:

Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes:
"Ja, denn sonst gibt es in Sachen Bildungsanspruch nur noch den Kompromiss des Kompromisses. Föderalismus also ja, aber bitte wieder mehr als kompetitiven Föderalismus (als Wettbewerb um die besten Lösungen!)."

Ties Rabe (SPD), Schulsenator von Hamburg:
"Es gibt keine Alternative. Jeder wünscht sich zwar ein einheitliches Schulsystem, aber jeder wünscht sich ein anderes. Wer in allen 16 Bundesländern das gleiche Schulsystem einführen will, wird in 15 Bundesländern einen Schulkrieg entfachen."

Manfred Prenzel, Leiter der deutschen Pisa-Studie:
"Andere föderale Staaten schaffen es auch, länderübergreifende Bildungspolitik zu betreiben (Schweiz, Kanada). Eher ein Problem der Qualität und Koordination."

Brunhild Kurth (CDU), Kultusministerin von Sachsen:
"Bildung ist Ländersache und das ist auch gut so, weil Föderalismus auch Wettbewerb um die beste Lösung bedeutet. Bildungsföderalismus im besten Sinne bedeutet: Jedes Land trifft seine eigenen Entscheidungen in der Bildungspolitik, und trotzdem erfolgt über die Ländergrenzen hinweg eine Zusammenarbeit."

Christoph Matschie (SPD), Bildungsminister von Thüringen:
"Bildung gehört zur Kernkompetenz der Länder. Das heißt aber nicht, dass jeder nur sein eigenes Süppchen kochen sollte. Wir brauchen vergleichbare Bildungsstandards in ganz Deutschland - die Arbeit daran läuft."

Sandra Scheeres (SPD): Schulsenatorin von Berlin:
"Das Kooperationsverbot für Länder und Bund in Schulsachen sollte aufgehoben werden. Im Übrigen sollte Bildung Ländersache bleiben."
Nein, wir brauchen dringend mehr Vereinheitlichung zwischen den einzelnen Bundesländern, sagen:

Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags:
"Bund und Länder müssen in der Bildungspolitik enger zusammenarbeiten. Wir brauchen zum Beispiel für Einschulung, Schulwechsel und Abschlüsse gemeinsame länderübergreifende Standards sowie vergleichbare Prüfungsniveaus."

Richard David Precht, Bestseller-Autor:
"Der Bund sollte die Kompetenz über die Schultypen bekommen und die neue, veränderte Gesamtschule nach und nach verbindlich machen. Und er sollte die Koordination übernehmen. Alle anderen Kompetenzen sollten die Kommunen und die Schulen bekommen. Die Länder brauchen wir definitiv nicht. Es gibt keine genuin saarländische oder pfälzische Schulpolitik."

Mona Steininger, Preisträgerin beim SPIEGEL-Schülerzeitungswettbewerb:
"Warum ist Bildungspolitik eigentlich überhaupt Ländersache? Klar, das war schon irgendwie immer so, aber wer hat davon einen Vorteil? Wir in Bayern quälen uns (noch) durch das deutschlandweit schwerste Abitur, aber warum?"

Gerrit Petrich, Vorsitzender der Elternkammer Hamburg:
"Grundsätzlich: Die Bedingungen für gute Schulen können am besten vor Ort geschaffen werden. Daher ist gute Bildungspolitik in erster Linie Ländersache. Trotzdem gilt: Eine bundesweite Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen ist dringend erforderlich."

Johann Beichel, Leiter des Landeslehrerprüfungsamts beim Regierungspräsidium Karlsruhe:
"Nein, Bildungspolitik sollte nicht Ländersache bleiben. Aber deren Abschaffung ist reine Utopie."
Und was sagen Sie?
In Teil 1 fragten wir die Schulverbesserer:
In Teil 2 fragten wir die Schulverbesserer:
In Teil 3 fragten wir die Schulverbesserer:
In Teil 4 fragten wir die Schulverbesserer: