Bonner Burka-Schülerinnen Muslimin meldet sich vom Unterricht ab
Der Streit um die zwei Burka-tragenden Schülerinnen der Bonner Bertolt-Brecht-Gesamtschule ist beendet. Eine der beiden Schülerinnen werde auf das umstrittene islamische Gewand verzichten und wieder eine öffentliche Schule besuchen, teilte am Dienstag die Bezirksregierung Köln mit. Die 18-jährige Türkin könnte sofort an die Bonner Gesamtschule zurückzukehren, allerdings wurde ihr auch angeboten, zukünftig eine andere öffentliche Schule besuchen zu wollen. Sie kann sich bis Freitag entscheiden.
Die andere verschleierte Schülerin will weiterhin den zunächst irrtümlich als Burka bezeichneten Kopfschleier "Niqab" tragen. Sie habe sich zum Schuljahresende von der Schule abgemeldet, teilte ihr Anwalt der Schulbehörde mit. Für den Rest des laufenden Schuljahres habe sie einen Antrag auf Befreiung vom Unterricht gestellt. Kölns Regierungspräsident Hans Peter Lindlar bedauerte diese Entscheidung: "Damit lehnt sie die Integration in unsere Gesellschaft sichtbar ab und gefährdet dauerhaft ihre beruflichen Chancen."
Die beiden Musliminnen türkischer Herkunft der elften Klasse waren nach den Osterferien überraschend in traditionellen islamischen Frauengewändern zum Unterricht erschienen. Sie trugen den schwarzen Kopfschleier Niqab, der bis auf einen kleinen Schlitz für die Augen das gesamte Gesicht bedeckt, dazu lange schwarze Gewänder und Handschuhe Kleidung, die unter konservativen Frauen im Nahen Osten verbreitet ist. Da dies bei den Mitschülern und im Lehrerkollegium zu anhaltenden Diskussionen geführt hatte, sah Schulleiter Ulrich Stahnke den Schulfrieden gefährdet und verwies Schülerinnen für 14 Tage vom Unterricht.
Auch Eltern lehnen Schleier ab
Gerade jüngere Schülerinnen hätten verängstigt auf die Ganzkörper-Verschleierung reagiert, erklärte die zuständige Abteilungsleiterin bei der Bezirksregierung, Gertrud Bergkemper-Marks. Über drei Tage sei an der Bertolt-Brecht-Schule normaler Unterricht nicht möglich gewesen, bestätigte Schulleiter Stahnke. In jeder Stunde sei über das Burka-Ereignis gesprochen worden. Die Suspendierung der beiden Schülerinnen der elften Klasse sei daher richtig gewesen: "Damit ist geklärt, dass Unterricht ohne Zeigen des Gesichtes unmöglich ist und nur ohne Burka oder Niqab stattfinden kann."
Während der zweiwöchigen Suspendierung konnte eine Vertrauenslehrerin der Schule Kontakt zu den Schülerinnen halten, berichtete Stahnke. Mit Hilfe islamischer Organisationen sei ein Kontakt zu einer konservativen Muslimin entstanden, die eine der Schülerinnen überzeugen konnte, den Niqab abzulegen.
Auch die Eltern der Schülerinnen lehnen offenbar das Tragen von Niqab und Burka ab. Ein Elternpaar sei völlig entsetzt gewesen, als sie von dem Vorfall erfuhren, berichtete Stahnke. Auch gebe es keine Hinweise, dass die Schülerinnen einem muslimisch-extremistischen Umfeld zuzuordnen seien. Zuvor hatten die deutschen Geheimdienste vermutet, die Familie eines der Mädchen habe Kontakte zur umstrittenen Bonner König-Fahd-Akademie gehabt.
Letztlich blieben die Motive der Schülerinnen unklar, räumte Stahnke ein. Man wisse lediglich, dass eine der beiden stark religiös geprägt sei und dass die Mädchen seit einigen Monaten befreundet seien. Eine plötzliche Hinwendung zu religiösen Inhalten sei bei Heranwachsenden aber nicht ungewöhnlich. In solchen Fällen seien Jugendliche auch von außen kaum mehr zu erreichen.
Der Fall der beiden verschleierten Mädchen hatte bundesweit für ein Aufflammen der Debatte über die Integration islamischer Bürger in die Gesellschaft gesorgt und zuletzt eine Diskussion um die Einführung einheitlicher Schulkleidung oder gar von Schuluniformen ausgelöst. Unter anderem hatte sich Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) mit Blick auf den Burka-Fall für Einheitskleidung an deutschen Schulen ausgesprochen.
cpa/dpa/ddp