GEW-Studie 48 Stunden und 18 Minuten - so viel arbeiten Lehrer im Schnitt

Mittags Feierabend und drei Monate frei im Jahr: Das Vorurteil, wonach Lehrer ein lockeres Leben haben, hält sich hartnäckig - zu Unrecht, kritisiert eine neue Metastudie zur Arbeitszeit von Pädagogen.
Lehrer und Schüler (Archivbild)

Lehrer und Schüler (Archivbild)

Foto: Wolfram Kastl/ picture alliance / Wolfram Kastl

Lehrer arbeiten im Durchschnitt deutlich länger als andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Das ist das Ergebnis einer Studie  der Georg-August-Universität in Göttingen im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Max-Traeger-Stiftung.

Die Wissenschaftler haben zwanzig Studien zur Arbeitszeiterfassung von Lehrern ausgewertet. Im Schnitt arbeiten Lehrer demnach 48 Stunden und 18 Minuten in einer Schulwoche.

Die Wissenschaftler legten ihrer Berechnung die 40-Stunde-Woche von Verwaltungsbeamten zugrunde. "Da Lehrer durch die Ferien mehr Urlaub haben, kommen wir rein rechnerisch auf ein Soll von 46 Stunden und 38 Minuten pro Woche", sagt Frank Mußmann von der Uni Göttingen. Soviel müsste ein Lehrer theoretisch arbeiten, wenn man davon ausgehe, dass er in den Ferien nur Freizeit habe. Tatsächlich arbeiteten Lehrer aber im Mittel eine Stunde und vierzig Minuten mehr in der Woche als sie müssten.

"Sieben-Tage-Woche ist obligatorisch"

"Es fehlen Erholungsmöglichkeiten in den Schulpausen, die Sieben-Tage-Woche ist in der Schulzeit quasi obligatorisch und die Entgrenzung der Arbeitszeit ist fast die Regel", kritisiert Mußmann. Fast jeder fünfte Lehrer arbeite sogar deutlich mehr als 48 Stunden in einer Schulwoche.

Seit Langem wird über die Arbeitszeit von Lehrern gestritten. Eigentlich weiß niemand, wie viel die Pädagogen arbeiten. In ihrem Arbeitsvertrag stehen lediglich die Stunden, die sie unterrichten müssen. Ein Gymnasiallehrer in Vollzeit muss beispielsweise im Schnitt 25 Unterrichtsstunden pro Woche geben.

Unterrichtsvorbereitung, Elternabend und Klassenfahrten zählen extra. Jeder Lehrer muss selbst dafür sorgen, dass er seine Arbeit in einer 40-Stunden-Woche erfüllen kann. Überstunden ansammeln ist keine Lösung. Wie sollte ein Lehrer die auch abbummeln? Es kann ja schlecht der Unterricht ausfallen.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat bereits 2015 kritisiert, dass es keine nachvollziehbare Erfassung der Arbeitsbelastung von Lehrern gebe. Die aktuelle Studie ist eine Reaktion auf die fehlende Datenlage. "Lange Zeit wurde die Ermittlung der Arbeitszeit von Lehrkräften für unbestimmbar gehalten. Die neue Studie kommt jetzt zum gegenteiligen Ergebnis: Sie ist sehr wohl bestimmbar. Und sie ist im Durchschnitt deutlich zu hoch", kritisierte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe.

Lehrer bekämen ständig neue Aufgaben, Pflichtstunden seien dagegen nicht reduziert worden. Die Gesundheitsrisiken seien immens. "Hier brauchen wir dringend Entlastungen", forderte Tepe.

Mußmann hatte mit seinem Team vor anderthalb Jahren bereits eine Studie zur Arbeitszeit der Lehrer in Niedersachsen vorgelegt. Dafür hatten knapp 2900 Lehrkräfte aus 255 Schulen fast ein Jahr lang ihre Arbeitszeit genau protokolliert. Den Ergebnissen zufolge arbeiteten Niedersachsens Gymnasiallehrer im Schnitt pro Woche drei Stunden mehr als sie mussten, Grundschullehrer etwa eine Stunde und zwanzig Minuten mehr. Einige Lehrer in Niedersachsen wollen nun vor Gericht durchsetzen, dass die Arbeitszeiten reduziert werden.

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