Urteil Finanzierung für Parteinachwuchs gekippt

Auf keinen Fall wollte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) die Linksjugend fördern und wehrte sich juristisch - mit zweifelhaften Erfolg: Ein Gericht erklärte die gesamte Finanzierung politischer Jugendarbeit für rechtswidrig. Den Nachwuchsorganisationen drohen jetzt massive Verluste.
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU): Zwist mit Solid

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU): Zwist mit Solid

Foto: dapd

Berlin - Ein jahrelanger Streit ist vorerst zu Ende: Die bisherige Finanzierung von Jugendorganisationen der Parteien durch den Bund ist nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg rechtswidrig.

Das Gericht entschied im Fall der Jugendorganisation der Linken, Linksjugend Solid, die bei Zuwendungen aus Bundesmitteln auch weiterhin leer ausgeht. Nach Ansicht des OVG fehlt für die finanzielle Förderung der notwendige gesetzliche Rahmen.

Das Haushaltsgesetz des Bundes von 2006, in dem Mittel für den Kinder- und Jugendplan des Bundes ausgewiesen sind, reiche hierfür nicht aus, hieß es in der Begründung. Damit erklärten die Richter zugleich die Zuwendungen an die Jugendorganisationen der anderen Parteien für rechtswidrig. Das OVG ließ Revision beim Bundesverwaltungsgericht zu.

Bislang war es so: Traditionell fördert das Haus von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) die Jugendorganisationen der im Bundestag vertretenen Parteien. Damit soll die politische Bildung unterstützt werden. So erhielten der Nachwuchs von Union und SPD 2006 jeweils rund 300.000 Euro. Den Pendants von FDP und den Grünen flossen jeweils rund 100.000 Euro zu. Nur Solid geht seit 2006 leer aus, weil es vom Verfassungsschutz beobachtet wird und "seit seiner Gründung linksextremistische Positionen vertritt", wie das Ministerium damals argumentierte. Hausherrin war zu der Zeit noch Ursula von der Leyen (CDU).

Seit Jahren kämpft Solid jetzt vor Gericht um Gleichbehandlung. Im Jahr 2009 stellte sich dann das Verwaltungsgericht Berlin auf die Seite der jungen Linken. Die Vorbehalte des Ministeriums reichten nicht aus, um Solid das Geld vorzuenthalten, so die Richter damals. Dass die Linksjugend antikapitalistisch sei, heiße noch nicht, dass sie auch antidemokratisch und verfassungsfeindlich sei. Das Ministerium legte dagegen Berufung ein - mit dem Ergebnis, dass nun die gesamte Finanzierung des Parteinachwuchses wankt.

Schon vor dem Urteil hatte ein Richter gesagt, die bisherige Förderpraxis könnte eine "verkappte Parteienfinanzierung" sein. "Es gibt Anhaltspunkte, dass das Geld ganz einfach für Jugendparteiarbeit und nicht für allgemeine politische Bildung verwendet wird", sagte er. Sollte sich das bestätigen, "könnte das mittelbar dazu führen, dass die Förderansprüche insgesamt wegfallen."

Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, forderte nun eine zügige Neuregelung des Parteiengesetzes, mit der eine Förderung der politischen Bildungsarbeit durch die Jugendverbände gesetzlich geregelt und gewährleistet werde.

Sollte das nicht gelingen, wäre es für alle Jugendorganisationen ein harter Schlag: Neben den Fördermitteln bekommen sie Geld von ihren Mutterparteien und über eigene Mitgliedsbeiträge und Spenden. Doch die Ministeriumszahlungen machen bis zu 40 Prozent ihrer Etats aus. Versiegt diese Quelle, müssten sie deutlich kürzer treten.

Aktenzeichen OVG 6 B 19.11

otr/dpa
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