Mythos und Wahrheit Gibt Deutschland zu wenig für Bildung aus?

Inklusion, Ganztagsschulen, Integration: Viele Bildungsziele kosten viel Geld. Doch stimmt es, dass Deutschland in diesem Bereich mehr knausert als andere Staaten? Der Fakten-Check.
BWL-Vorlesung in Hildesheim. Deutschland investiert überdurchschnittlich viel Geld pro Student

BWL-Vorlesung in Hildesheim. Deutschland investiert überdurchschnittlich viel Geld pro Student

Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / dpa

Lehrerverbände und Medien beklagen häufig, dass Deutschland im internationalen Vergleich viel zu wenig für Bildung ausgebe. Und ja: Während die OECD-Länder im Schnitt 6,1 Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) für diesen Bereich aufwenden, beträgt der Anteil in Deutschland lediglich 5,1 Prozent.

Auch bleibt die Bundesrepublik hinter den Zielen zurück, die sich Bund und Länder auf dem Dresdner Bildungsgipfel 2008 selbst gesteckt haben.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Denn: In Deutschland leben weit weniger junge Menschen als in anderen Staaten. Nur 30 Prozent der Einwohner hierzulande sind unter 30 Jahre alt - und damit im typischen Alter für Kitas, Schulen oder Universitäten. Im Durchschnitt der 34 OECD-Länder, die der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angehören, sind es dagegen 39 Prozent.

Um richtig vergleichen zu können, sollte man sich daher auch die nationalen Bildungsausgaben pro Schüler und Student anschauen - und die liegen in Deutschland 15 Prozent über dem OECD-Schnitt. So gab der deutsche Staat im Jahr 2011 umgerechnet 10.904 US-Dollar pro Schüler und Student aus - und damit nur einen Dollar weniger als das Bildungsvorzeigeland Finnland.

Diese Pro-Kopf-Ausgaben öffentlicher und privater Geldgeber verteilen sich bei uns allerdings etwas anders als in anderen Staaten. Überdurchschnittlich sind Deutschlands Investitionen in den Bereichen Kita, Oberstufe, berufliche Ausbildung und Studium. Unter dem OECD-Durchschnitt bleiben die Ausgaben für Grundschüler (- 8,6 Prozent) und für Fünft- bis Zehntklässler (-1,4%).

Ein Grund für die vergleichsweise niedrigen Investitionen in Schüler der Klassenstufen 1 bis 10 könnte sein, dass andere Staaten mehr Ganztagsschulen anbieten. Dies legt zumindest eine andere OECD-Statistik nahe: Vergleicht man die reinen Bildungsdienstleistungen - lässt also Ausgaben für Angebote wie Schulbusse oder Kantinen außer Acht - sind Deutschlands Pro-Kopf-Ausgaben für Erst- bis Zehntklässler nämlich wieder durchschnittlich.

Fazit: Deutschlands Bildungsausgaben sind in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. Pro Schüler und Student investiert Deutschland mehr als viele andere OECD-Staaten. Ob das reicht, ist eine andere Frage. Denn es stehen gewaltige Aufgaben wie der Ausbau der Ganztagsschulen, die Inklusion, der Krippenausbau und die bessere Förderung von Migrantenkindern an.

Bildungsmythen im Faktencheck
Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / dpa

Ob über Schüler, Lehrer, Studenten, Professoren, Auszubildende - es gibt viele Vorurteile, wenn es um die Bildung in Deutschland geht. SPIEGEL ONLINE untersucht, was Wahrheit und was Mythos ist.

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