Terrorprävention Gefahrenabwehr im Kindergarten

In Großbritannien sollen Schulen und Universitäten die Behörden über Schüler und Studenten informieren, die dem Terrorismus zuneigen. Selbst Kindergartenkinder sollen erfasst werden - nun wird Kritik laut.
Ein Londoner Lehrer mit Schülern: Künftig auch im Anti-Terror-Einsatz?

Ein Londoner Lehrer mit Schülern: Künftig auch im Anti-Terror-Einsatz?

Foto: © Luke MacGregor / Reuters/ Reuters

Das britische Innenministerium nimmt in seiner Anti-Terror-Gesetzgebung Universitäten, Schulen, aber auch Vorschulen und Kindergärten in die Pflicht: Sie sollen Kinder und Jugendliche ausmachen, die gefährdet sein könnten, den Verlockungen der Terrorszene zu erliegen. Erst im vergangenen Jahr hatte die britische Regierung die Terrorwarnstufe heraufgesetzt, wegen des Vorrückens des "Islamischen Staates" im Irak und Syrien.

Großbritanniens Innenministerin Theresa May von der Konservativen Partei will die entsprechenden Anti-Terror-Gesetze bereits im Januar durch das Parlament bringen. Ein Zusatzpapier mit dem Titel "Prevent " (Vorbeugung), das den Anti-Terror-Gesetzen anhängig ist, sieht vor, dass Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen dazu verpflichtet werden, "Menschen davor zu schützen, in den Terrorismus hineingezogen zu werden".

In dem entsprechenden Regierungspapier heißt es, man erwarte, dass die britischen Bildungseinrichtungen gefährdete Kinder identifizierten und entsprechend eingriffen. Die Kinder sollten an Jugendämter und soziale Dienste verwiesen werden. Das Ministerium zieht sich jedoch darauf zurück, dass es nur in Ausnahmefällen Zwang ausüben werde.

Da sich das Gesetz auf alle öffentlichen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen bezieht, erfasst das Gesetz auch Vorschulen und Kindergärten. Prinzipiell müssten somit auch Vorschullehrer und Kindergartenerzieher melden, wenn Kinder Anzeichen zeigen, für Terror empfänglich zu sein.

Kritik am Vorhaben bekommt die Innenministerin May nun auch aus der eigenen Partei. Ein Abgeordneter der Konservativen, David Davies, hält das Vorhaben der Regierung schlichtweg für plump und übertrieben. "Es ist schwer vorstellbar, wie es umgesetzt werden könnte: Es ist nicht machbar", sagte Davies der englischen Tageszeitung "The Telegraph". 

Vor allem den Aspekt, dass nicht nur Studenten und Schüler, sondern auch Kleinkinder zur Zielgruppe der Anti-Terror-Gesetze gehören sollen, hält er für übertrieben. "Sollen sie über ein Kleinkind informieren, das einen Prediger lobt, der als extrem eingestuft wird? Das kann ich mir nicht vorstellen."

Die britische Menschen- und Bürgerrechtsorganisation Liberty wittert einen Generalangriff auf die Unabhängigkeit des britischen Bildungswesens. Derartige Eingriffe zur Terrorabwehr im öffentlichen Sektor hätten sich oftmals als kontraproduktiv erwiesen. Sie hätten lediglich eine Mischung aus "Anstoß, Mistrauen, Spaltung und weiterer Entfremdung" zur Folge, heißt es in einer Stellungnahme der Organisation.

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