Gute-Kita-Gesetz So wollen die Länder die 5,5 Milliarden Euro des Bundes nutzen

Mehr Erzieherstellen, kostenfreie Betreuung: Acht Monate nach Inkrafttreten des Gute-Kita-Gesetzes steht fest, wofür die Länder ihre Finanzspritze nutzen wollen. Geld geflossen ist aber noch keins.
Ein Junge schaut sich in einem Kindergarten ein Kinderbuch an (Archivbild)

Ein Junge schaut sich in einem Kindergarten ein Kinderbuch an (Archivbild)

Foto: DPA/Monika Skolimowska

Im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes bekommen die Länder bis zum Jahr 2022 rund 5,5 Milliarden Euro vom Bund. Mit dem Gesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, unterstützt die Bundesregierung die Länder bei Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kinderbetreuung und bei der finanziellen Entlastung der Eltern.

Acht Monate später haben die Länder ihre Planungen für die Kita-Milliarden konkretisiert. Vielfach wollen sie in mehr Personal, bessere Arbeitsbedingungen und längere Öffnungszeiten investieren oder neue Wege bei der Erzieherausbildung gehen. Mindestens elf der 16 Länder wollen Elternbeiträge reduzieren oder - zumindest für bestimmte Jahre - ganz abschaffen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den Ländern.

Geld ist bisher allerdings noch keines geflossen, obwohl laut Gesetz schon in diesem Jahr 493 Millionen Euro bereitstehen. Die Auszahlung passiert erst, wenn alle 16 Länder eine individuelle Vereinbarung mit dem Bund geschlossen haben. Mit Bremen, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen und dem Saarland haben das bisher erst fünf Länder getan. Mindestens fünf weitere Vertragsunterzeichnungen sind von Anfang August bis Anfang September geplant - in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Aber was genau haben die Länder mit dem Geld vor? Die Übersicht:

Baden-Württemberg erhält 729 Millionen Euro und will damit unter anderem 660 neue Erzieherstellen schaffen. Eine generelle kostenlose Betreuung hält Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) für sozial nicht gerecht, weil auch Besserverdienende dann nichts mehr bezahlen müssten.

Bayern bekommt 852 Millionen Euro und setzt mehr als die Hälfte davon zur Finanzierung eines Beitragszuschusses ein. Im Freistaat erhalten viele Eltern 100 Euro pro Monat für die gesamte Kindergartenzeit. Ab 2020 soll der Zuschuss auch an Eltern ein- und zweijähriger Kinder gezahlt werden.

Berlin will den Bundeszuschuss von 300 Millionen Euro zum Beispiel für Verwaltungsassistenten einsetzen, die Kitaleitungen unterstützen. Geld soll auch für die Fachberatung von Erziehern und Eltern sowie - als Ergänzung zur Schaffung weiterer Kitaplätze - in den Ausbau der Kindertagespflege fließen. Unabhängig davon hat die Hauptstadt als erstes Bundesland die Kitagebühren im August 2018 komplett abgeschafft.

Brandenburg plant Beitragsfreiheit für zusätzlich 43.000 Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen im letzten Jahr vor der Einschulung (bisher 25.000 Kinder). Dazu werden mit dem Bundeszuschuss von 165 Millionen Euro längere Betreuungszeiten, mehr Zeit für Anleitung von Erziehern und stärkere Elternbeteiligung etwa über Beiräte gefördert.

Bremen hat im April als erstes Land mit dem Bund eine bessere Kita-Betreuung vereinbart. 45 Millionen Euro soll das kleinste Bundesland dafür bis 2022 bekommen. Es will das Geld etwa dafür einsetzen, die Betreuung von Kindern ab drei Jahren kostenfrei zu machen. Kitas in sozial benachteiligten Stadtteilen sollen besser ausgestattet werden.

Hamburg bietet bereits seit 2014 eine kostenlose fünfstündige Kitabetreuung für alle Kita-Kinder und kostenfreies Mittagessen an. Daher werden die Bundesmittel nicht für Beitragsfreiheit verwendet, sondern etwa für mehr Erzieher im Verhältnis zur Kinderzahl und zusätzliche Angebote zur Sprachförderung.

Hessen legt den Schwerpunkt auf bessere Personalausstattung und Gewinnung von Fachkräften. Die sogenannte praxisorientierte Ausbildung soll ab 2020 ausgeweitet werden. Vor allem in der Fläche soll es solche Angebote geben, bei denen Azubis auch eine Vergütung erhalten. In Hessen ist für alle Kinder ab drei Jahren bis zum Schuleintritt die Betreuung für sechs Stunden am Tag bereits kostenfrei.

Mecklenburg-Vorpommern will seinen Anteil von 104,5 Millionen Euro für die komplette Beitragsfreiheit ab Januar 2020 einsetzen. Dies werde laut Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) insgesamt etwa 130 Millionen Euro jährlich kosten.

Niedersachsen will mehr als die Hälfte der 526 Millionen Euro vom Bund für mehr Personal, Azubi-Gewinnung, Entlastung und Fortbildung von Kitaleitern einsetzen. Rund ein Zehntel des Geldes ist für die Erweiterung der Beitragsfreiheit gedacht. Für Kinder ab drei Jahren bis zur Einschulung ist die Betreuung für bis zu acht Stunden täglich bereits gebührenfrei.

Nordrhein-Westfalen bekommt mit 1,2 Milliarden Euro den größten Anteil ab. 200 Millionen werden für ein zweites beitragsfreies Kita-Jahr vor der Einschulung ab 2020/21 verwendet. Weitere 230 Millionen will das Land zum Beispiel für Sprachförderung, Familienzentren mit breiten Beratungsangeboten und flexiblere Öffnungszeiten ausgeben.

In Rheinland-Pfalz sollen "nahezu 100 Prozent" der Mittel in Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung fließen. Ein Schwerpunkt ist mehr Personal. Schon seit 2010 ist die Kinderbetreuung beitragsfrei ab vollendetem zweitem Lebensjahr. Ab 2020 gilt das auch für Krippenkinder. Jedoch werde nur ein geringer Teil der Bundesmittel dafür eingesetzt.

Das Saarland plant gut zwei Drittel der 65 Millionen Euro für die Halbierung der Elternbeiträge bis 2022 ein. Hinzu kommen Investitionen in mehr Personal und den Ausbau des Angebots an Kitaplätzen.

Sachsen investiert nicht in Beitragsfreiheit, sondern in Qualität. So haben pädagogische Fachkräfte bereits seit Juni mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung. 269 Millionen Euro erhält der Freistaat vom Bund.

Sachsen-Anhalt plant mit den 140 Millionen Euro vom Bund eine Fachkräfteoffensive, will zudem 200 zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen. Für Azubis an privaten Fachschulen soll kein Schulgeld mehr fällig werden. Die Hälfte des Geldes fließt in die Ausweitung Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder im Hort.

Schleswig-Holstein will Elternbeiträge deckeln und einen besseren Betreuungsschlüssel: Ab 2020 sollen in jeder Kita-Regelgruppe zwei pädagogische Fachkräfte in der direkten Arbeit mit Kindern tätig sein. Die Beitragsfreiheit sei ein "langfristiges Ziel", heißt es in Kiel.

Thüringen hat sich ein besseres Betreuungsverhältnis für Vier- bis Fünfjährige zum Ziel gesetzt: Ein Betreuer soll sich also um weniger Kinder kümmern. Mithilfe der 136,5 Millionen Euro vom Bund ist zudem ein Modellprojekt für praxisorientierte Erzieherausbildung geplant. Nach dem letzten wird nun auch das vorletzte Kita-Jahr kostenlos.

"Die Verhandlungen mit den Bundesländern entwickeln sich insgesamt positiv", sagte ein Sprecher von Familienministerin Franziska Giffey(SPD). "Im Laufe des Jahres sollen alle Verträge geschlossen sein, wir erwarten ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zwischen Investitionen in Qualität und Gebührenentlastung." Ziele seien "beste Bildung", mehr Chancengerechtigkeit und bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

ngo/dpa
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