Haarspalterei Baskenmütze fällt unter Kopftuchverbot
Die Lehrerin ist 36, Sozialpädagogin - und trägt seit ihrem 17. Lebensjahr ein Kopftuch. Lange konnte sie problemlos an einer Gesamtschule arbeiten. Doch seit Sommer 2006 gilt an Nordrhein-Westfalens Schulen ein striktes Kopftuchverbot. Die Frau beugte sich dem Gesetz. Und entschied sich für eine Baskenmütze.
Sie zieht sie immer tief ins Gesicht, bedeckt damit vollständig ihre Haare. Allerdings wurde sie wegen dieses Tricks abgemahnt - und klagte. In erster Instanz unterlag sie vor dem Düsseldorfer Arbeitsgericht. Und an diesem Donnerstag auch vor dem Landesarbeitsgericht.
Die Entscheidung ist eindeutig: Auch ständiges Tragen einer die Haare vollständig bedeckenden Mütze könne von den Schülern als religiöse Bekundung verstanden werden und widerspreche deshalb dem Schulgesetz, sagte der Vorsitzende Richter Wulfhard Göttling. Das Land sei daher zu einer Abmahnung berechtigt, die als letzte Warnung vor einer Kündigung gilt (Aktenzeichen 5 Sa 1836/07).
Der Rechtsanwalt der Muslimin kündigte allerdings Revision an; zur Not werde man durch alle Instanzen gehen. Bereits zu Beginn des Rechtsstreits vor gut einem Jahr hatte der Anwalt von einem Präzedenzfall gesprochen, der - falls erforderlich - vor dem Bundesverfassungsgericht ausgetragen werden müsse. Im Februar 2007 hatte die Düsseldorfer Pädagogin beteuert, sie trage die Mütze aus kulturellen Gründen und fühle sich ohne Kopfbedeckung "unbekleidet". Die Baskenmütze sei für sei ein Mittel, die westliche Kultur und ihre eigene Herkunft gleichsam unter einen Hut zu bekommen.
Vor dem Landesarbeitsgericht erklärte sie jetzt, dass sie selbst glaube, damit in der Öffentlichkeit nicht mehr als Muslimin erkennbar zu sein. Bei der Auswahl der Mütze habe sie bewusst nach etwas gesucht, was abendländisch und weltanschaulich neutral wirke. Den Vergleichsvorschlag des Landes, statt der Baskenmütze eine Echthaar-Perücke zu tragen, lehnte sie ab.
Richter halten Beeinflussung der Schüler für möglich
Das Gericht sah auch das Tragen der Baskenmütze als Verstoß gegen das Schulgesetz an. Denn letztlich stelle es - so wie es von der Pädagogin getragen werde - nur einen Ersatz für das Kopftuch dar, zumal sie die Mütze nach eigener Aussage auch bei 30 Grad Außentemperatur nicht absetze. Eine Beeinflussung der Schüler durch dieses Verhalten sei nicht auszuschließen, die Abmahnung der Pädagogin somit gerechtfertigt.
Insgesamt gibt es nach Angaben des Schulministeriums in Nordrhein-Westfalen elf Kopftuch tragende Lehrerinnen. Alle neun bislang deshalb geführten Prozesse vor Arbeits- und Verwaltungsgerichten hat das Land gewonnen. Schulministerin Barbara Sommer (CDU) betonte, es sei die klare Zielsetzung des Gesetzes, Kinder und Jugendliche vor Einflussnahmen zu schützen. Jede Lehrerin müsse sich bewusst sein, dass sie aufgrund der Bindung des staatlichen Schulwesens an die Grundwerte der Verfassung besonderen Pflichten unterliege.
Die "taz" hatte letztes Jahr berichtet, dass es rund zwei Dutzend Fälle von Lehreinnen in Nordrhein-Westfalen gebe, die seit dem Kopftuchverbot mal Basken-, mal Wollmützen oder den "Grace-Kelly-Look" tragen. Verbreitet ist die trickreiche Verbots-Umgehung beispielsweise in der Türkei, wo auch Studentinnen bisher nicht mit Kopftuch in die Uni dürfen und zu Perücken oder allen Arten von Mützen greifen - dort wackelt das Kopftuchverbot derzeit allerdings.
Wie Nordrhein-Westfalen haben auch einige andere Bundesländer Lehrerinnen das Kopftuchtragen untersagt. Bei Klagen unterlagen Musliminnen mehrfach, zuletzt in Baden-Württemberg, wo das Kopftuch verboten, das Nonnen-Habit indes erlaubt bleibt.
jol/AP/dpa