Junge Erfinder Tüftler in Geldnöten
Die besten Ideen melden sich nicht an. "Dann macht es plötzlich 'Pling', und ich hab eine Lösung", erzählt Clément Corselli. Im Jahr 2000 muss es ganz schön laut "Pling" gemacht haben in Aurich, der Hauptstadt Ostfrieslands.
Beim Tüfteln an der heimischen Hifi-Anlage kam dem Schüler die Idee, einen völlig neuartigen Elektromotor zu bauen, angetrieben durch simple magnetische Prozesse. Das Besondere: "Der Motor hat ein besonders hohes Drehmoment und lässt sich ganz flach bauen, vielleicht sogar in Nano-Größe", so der 20-Jährige. Mehr will er nicht verraten.
Seit fünf Jahren verstaubt die Erfindung allerdings in der Schublade. Niemand kennt sie, außer seinem Vater und seinem Physiklehrer. Zwar will Clément sie so schnell wie möglich patentieren lassen und dann Firmen vorstellen. Doch dazu fehlt ihm das Geld. 2500 Euro kostet es, ein deutschlandweites Patent anzumelden.
Diese Summe könnte Clément vielleicht noch auftreiben. Doch ein deutschlandweites Patent reicht dem gebürtigen Franzosen nicht aus. "Damit niemand sonst von meiner Idee profitiert, müsste ich meinen Motor weltweit schützen lassen", betont Clément. Und das kann teuer werden. Mehrere hunderttausend Euro würde eine Anmeldung in 100 Ländern kosten, hat er überschlagen. Mit seinem Nebenjob als Filmvorführer im Kino lässt sich das kaum stemmen. "Ich würde nicht an meinem Motor verdienen, sondern an ihm pleite gehen", schätzt er.
Ob biologische Brennstoffzellen oder der massierende WC-Sitz: An neuen Erfindungen mangelt es in Deutschland nicht. 60.000 Patentanmeldungen trudeln jährlich beim Patent- und Markenamt (DPMA) in München ein, mehr als irgendwo sonst in Europa. Bei "Jugend forscht" gab es in diesem Jahr über 9600 Anmeldungen ein, so viele wie noch nie. Das Erfinderpotential ist riesig. Doch die Kosten halten junge Talente wie Clément davon ab, ihre Erfindung später auch zu realisieren.
Geheimnistuerei gehört zum Geschäft
Eigentlich verlangt das DPMA für eine erste Patentanmeldung nur 60 Euro. Für diesen Betrag ist die Idee allerdings nur zwölf Monate lang geschützt. Dazu kommen noch 350 Euro Prüfgebühr, um zu kontrollieren, ob die Erfindung auch wirklich neu, erfinderisch und gewerblich umsetzbar ist - wie es das Patentrecht verlangt.
Um dann ein Patent aufrecht zu erhalten, muss der Inhaber jährlich bis zu knapp 2000 Euro bezahlen. Und will er es auch in anderen Ländern anmelden, kommen für Übersetzungs- und Bearbeitungskosten 3000 bis 4000 Euro pro Land auf ihn zu. Wer bei dem gewaltigen Papierkram kein Risiko eingehen will, schaltet einen Patentanwalt ein - für einige tausend Euro.
Das sind horrende Summen für Clément. "Das kann ich mir niemals leisten", stöhnt er und erzählt gleich von seinem zweiten Problem, der Sponsorensuche. Auf der einen Seite muss er seine Idee präsentieren, möglichst anschaulich. Auf der anderen Seite will er nicht zu viel verraten. Absurd. "Ich weiß ja nicht, ob ich dem Interessenten vertrauen kann", sagt Clément. Also lässt er, wie üblich, potentielle Investoren eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnen.
"Einzelerfinder haben es immer schwer, vor allem im Vergleich zu Firmen, die Geld und eigene Rechtsabteilungen haben", sagt Patentanwalt Bernd Rothaemel aus München. "Aber es ist nicht hoffnungslos."
Zwei bis drei Prozent der Erfindungen haben Chancen
Das glaubt auch Clément. Er hofft auf den Wettbewerb "Jugend forscht", um so einen Geldgeber zu finden. Dort kennt man die Sorgen von Schülern wie Clément nur zu genau. "Es gibt immer wieder Teilnehmer, die ein Patent anmelden wollen, aber dafür nicht das Geld haben", sagt Frank Zuther, Patentexperte in der Hamburger Geschäftsstelle von "Jugend forscht". Deswegen hat sich der Verein entschlossen, die 60 Euro Anmeldegebühr zu übernehmen.
Mehr ist allerdings nicht drin. "Wir heißen eben Jugend forscht - und nicht: Jugend patentiert", sagt Zuther. Er rät jungen Leuten wie Clément, ihre Erfindung möglichst schnell deutschlandweit zu patentieren und sich dann auf Sponsorenschau zu begeben. "Man muss mutig sein, sonst passiert auch nichts." Von den rund 50 Patenten, die "Jugend forscht"-Teilnehmer jährlich anmelden, hätten in der Regel zwei oder drei das Potential, vermarktet zu werden.
Gesellt sich zur Idee auch noch eine Portion Glück, können aus Jungforschern auch Jungunternehmer werden. So wie Daniel Gurdan und Klaus-Michael Doth. Die zwei Bayern stellten 2003 eine schwebende Ufo-Konstruktion bei "Jugend forscht" vor: eine flache Scheibe aus Karbonfasern, die sich ferngesteuert in Nachbars Garten fliegen lässt.
Statt sich selbst auf Sponsorensuche begeben zu müssen, kam ein Spielzeugunternehmer auf sie zu. Nach fast zwei Jahren Entwicklungszeit und drei Besuchen beim Hersteller in Hongkong ging das Ufo vergangenes Jahr in Produktion. Sämtliche Kosten übernahm der Hersteller. "In einem Erfindervertrag wurde uns eine Gewinnbeteiligung zugesichert", erklärt Gurdan. Der 23-jährige Student hat inzwischen Geschmack an der Geschäftswelt bekommen. Mit Freunden plant er, ein eigenes Unternehmen zu gründen - "zur Entwicklung technischer Neuheiten".