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Als Helferin in Indonesien: "Lokale Freunde finden? Schwierig"

Foto: Christiane Oelrich/ dpa

Junge Freiwillige Als blondes Punk-Mädchen in Indonesien

Als Schülerprogramm zieht "weltwärts" Tausende Abiturienten an - doch nicht alle, die zum Helfen in exotische Länder fliegen, haben dort auch eine gute Zeit. Viele Organisationen setzen inzwischen eher auf Uni-Absolventen. Sie nützen im Einsatzland oft mehr als Helfer direkt von der Schulbank.

Sie sticht in Indonesien wie ein Leuchtturm aus jeder Gruppe hervor: Maren Heuvels, 26, ist weißblond und trägt schwarze Punk-Klamotten. Doch die junge Frau punktet bei den Einheimischen mit ihrem fließenden Indonesisch. Wie an diesem Junitag in einem Armenviertel auf Bali, wo sie mit zwei Hausfrauen über die neue Abwasserreinigungsanlage diskutiert.

Heuvels lebt seit einigen Monaten mehr als 10.000 Kilometer fern der Heimat. Sie arbeitet für die Hilfsorganisation Borda aus Bremen. Möglich wurde ihr Einsatz in Indonesien durch das Programm "weltwärts" der Bundesregierung. "Für mich als Kind nicht reicher Eltern ist das eine Chance, diese Erfahrung im Ausland zu machen", sagt sie.

"Ein Super-Einstieg, ich kann ein Jahr ernsthaft in einem Bereich arbeiten, den ich kenne, in einem Land, zu dem ich einen Bezug habe und komme am Ende mit null Ausgaben weg", sagt sie. Es gibt nur ein Taschengeld während der Zeit im Ausland, das teilweise vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert wird.

Der Andrang ist groß, aber die Mittel wurden jüngst gekürzt

Heuvels hat Politik in Hamburg studiert. Hinzu kamen Asienwissenschaften mit dem Schwerpunkt Indonesien und Kommunikation im Nebenfach. Sie unterstützt Hilfsorganisationen, die unter anderem Systeme zur Abwasserreinigung installieren, mit Workshops zur Pressearbeit, mit Broschüren und Präsentationen. Gerade war sie für drei Wochen auf Bali im Einsatz. Sie wollte immer in der Entwicklungszusammenarbeit arbeiten, sagt sie. Doch verlangen die Organisationen immer Auslandserfahrung. Der Andrang ist groß: Auf jede Stelle bewerben sich im Schnitt 300 Leute.

Wie Heuvels sind im vergangenen Jahr rund 3600 Leute zwischen 18 und 28 mit "weltwärts" im Ausland gewesen. Das Programm ist seit seinem Start vor zwei Jahren sehr beliebt, bislang gingen rund 5.800 Jugendliche. Allerdings mussten in diesem Jahr manche Teilnehmer die Koffer wieder auspacken, ohne je ein Flugzeug bestiegen zu haben: Waren im Haushaltsentwurf ursprünglich noch 40 Millionen Euro für das Programm eingeplant, kürzte die CDU-FDP-Koalition die Ausgaben in diesem Jahr auf 29 Millionen Euro.

Viele Träger hatten mit dem ursprünglich vorgesehenen Betrag geplant und entsprechend viele Helfer gesucht. Doch das BMZ rechnet in diesem Jahr nur noch mit insgesamt rund 4400 Teilnehmern.

Nicklas Hencke, 21, macht mit dem Programm seinen Wehrersatzdienst in Indonesien. Er arbeitet in Salatiga in Zentraljava in zwei Waisenhäusern. "Ich helfe Lehrern beim Englisch-Unterricht und mache Sport und Kreatives mit den Jungs, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken", sagt er. "Ich schätze mich glücklich, weil ich ein Projekt habe, das sehr gut zu mir und meinen Fähigkeiten passt", sagt er. "Ich habe viel mitgenommen, anders gelebt, mehr hinterfragt."

Nicht alle sind so zufrieden wie Heuvels und Hencke. Manchmal stimmt die Chemie mit lokalen Partnern nicht, oder die Integration ist einfach zu schwierig. Dann wird das Ganze zu einem "netten Bespaßungsprogramm für Leute, die ein Jahr im Ausland rumhängen wollen", wie ein Teilnehmer des Programms in Indonesien einräumt. Er reist vor allem - weil es in seinem Sozialprojekt irgendwie keine Verwendung für ihn gibt, wie er sagt.

Der Weltwärts-Dienst sei organisierter Elendstourismus unter einem selbstlosen Etikett, sagen Kritiker auch. Abenteuerlust sei ein verständliches Ziel, meint dazu etwa der Verein Deutsch-Tansanische Partnerschaft. Aber: "Uns liegt daran, dass nur junge Leute entsendet werden, die auch bereit und in der Lage sind, sich zu engagieren, zu lernen und der fremden Kultur mit Respekt zu begegnen."

"Lokale Freunde finden? Schwierig"

Nach einer Stichprobe des BMZ bewerben sich drei Viertel der Teilnehmer direkt von der Schulbank für ein Projekt. Ganz jungen Weltwärtslern mangelt es zwar nicht an Enthusiasmus, wie der Borda-Büroleiter in Indonesien, Frank Fladerer, sagt.

Aber "wenn keine Fach- oder Sprachkenntnisse da sind, ist es für beide Seiten frustrierend." Seine Hilfsorganisation trägt einen Teil der Kosten. Das muss sich lohnen. Fladerer nimmt nur noch Leute mit abgeschlossenem Studium. "Das ist eine echte Bereicherung für uns." Zwei hat er im Anschluss an den Einsatz gleich unter Vertrag genommen.

Gerade die Integration ist nicht immer einfach. "Lokale Freunde finden? Schwierig", sagt selbst Heuvels, die Indonesisch zu Hause gelernt hat. "Das Konzept von Freundschaft ist hier sehr speziell. Richtig austauschen tut man sich nur in der Familie. Dann hängen die Ausländer eher zusammen, die ja auch ähnliche Probleme haben."

Aus Sicht der Einheimischen ist sie die Exotische - und hat schon unzählige Herzen gebrochen, wie sie sagt. "Außerhalb einer großen Gruppe etwas zu unternehmen, das nicht in Heiraten ausartet, ist nicht so einfach", sagt sie lachend. Sie findet aber in der Punk-Rock-Szene immer Anschluss. "Die kennen mich jetzt, die wissen, dass da bei mir nichts läuft."

Von Christiane Oelrich, dpa
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