Marode Schulgebäude in Kassel Schüler streiken wegen Schimmel

Streikende Schüler in Kassel
Foto: Uwe Zucchi/ dpaDie Faust ist kämpferisch in den Himmel gereckt, "Schulstreik" steht auf dem Plakat - und die Forderungen "Mehr Geld für unsere Bildung" und "Saniert unsere Schulen". In Kassel ließen hunderte Schüler am Montag den Unterricht ausfallen, um gegen die Situation an ihren Schulen zu demonstrieren.
Marode Gebäude, zu wenig Platz, zu wenig Lehrer - die Mängelliste, die das Bündnis "Unsere Zukunft erkämpfen" zusammengestellt hat, ist lang. In einigen Gebäuden sind einzelne Räume oder ganze Treppenhäuser gesperrt, in anderen können Schüler wegen defekter Installationen keine naturwissenschaftlichen Versuche mehr machen.
Dem Streikaufruf haben sich Schüler von zehn Kasseler Schulen, Schülervertretungen in der Stadt und im Kreis, mehrere politische Jugendgruppen und die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) angeschlossen, berichtet die "HNA". Das Bündnis hatte im Vorfeld massiv für die Teilnahme an der Demo geworben.
Am Montagnachmittag beraten die Stadtverordneten über den Kasseler Haushalt 2018. Die Demonstranten wollen vor der Sitzung deutlich machen, dass die Schulen der Stadt dringend mehr Geld benötigen. "Wir haben uns zusammengeschlossen, weil wir gemeinsam etwas gegen den Verfall unserer Schulen und die immer höheren Kosten für Bildungsmaterialien tun wollen", sagt die Schülerin Vanessa Diener dem Bericht zufolge.
144 Millionen Euro betrage der Sanierungsstau an den Schulen der Stadt, gerade einmal 2,7 Millionen seien dafür jedoch im nächsten Jahr vorgesehen, sagt Vanessa Diener. Claas Michaelis, Sprecher der Stadt, rechnet dagegen anders: Mit Fördergeldern von Bund und Land würden 2018 mehr als 30 Millionen Euro in die Kasseler Schulen investiert, heißt es in dem Bericht. Das habe man den Schülervertretern auch gesagt.
Die ließen sich dadurch jedoch nicht von ihrem Protest abbringen. Kurz nach 10 Uhr am Montagmorgen habe es bereits Verkehrsbehinderungen in der Stadt gegeben, sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE. Unter anderem seien Straßenbahnlinien durch den Protestzug der Schüler unterbrochen worden.
Rund 250 Teilnehmer wurden ursprünglich bei der Demonstration erwartet - obwohl mehrere Schulleiter angekündigt hatten, den streikenden Schülern unentschuldigte Fehlstunden auf den Zeugnissen zu vermerken. Tatsächlich lag die Zahl deutlich höher, die Veranstalter sprachen am Montag von fast tausend Teilnehmern.
Marode Schulgebäude sind nicht nur in Kassel, sondern bundesweit ein Problem. Experten schätzen den Sanierungsstau auf einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag. Bund und Länder haben zwar im Sommer ein 3,5 Milliarden Euro schweres Sanierungsprogramm beschlossen - doch das wird von Betroffenen als völlig unzureichend kritisiert. So fordert etwa der deutsche Lehrerverband von der Bundesregierung mindestens zehn Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren.