
Kinderarbeit in Ghana: Gold ohne Glanz
Kinderarbeiter in Ghana Gold ohne Glanz
Seit er acht Jahre alt ist, wäscht Emmanuel von morgens bis abends Geröll, um winzige Goldpartikel in einem Tuch aufzufangen. In einem zerrissenen T-Shirt, das schlaff von seinen Schultern hängt, mischt der Elfjährige die Steinchen mit bloßen Händen mit hochgiftigem Quecksilber. Um das Gold aus dem Gemisch zu trennen, erhitzt Emmanuel die Flüssigkeit. Dass er dabei giftige Gase einatmet, weiß er nicht. Er gehört zu Tausenden Kindern im westafrikanischen Ghana, die als billige Arbeitskräfte im Bergbau missbraucht werden und ihre Gesundheit riskieren.
Vom Staub, den die Steinmühlen produzieren, sind Emmanuels Augen rot und entzündet. Doch am meisten bereiten ihm die offenen Wunden unter seinen Füßen Sorgen, die vom stundenlangen Stehen im schlammigen Wasser stammen und nicht heilen wollen.
"Ich habe Unfälle gesehen, Verletzte. Das macht mir Angst", sagt er in Twi, seiner Muttersprache. Er weiß von Unfällen, die es wegen Erdrutschen, Sprengstoff oder Arbeitsgeräten gab. Trotzdem arbeitet er weiter in der Goldmine. Denn die 2,20 Euro, die er am Tag verdient, bedeuten drei Mahlzeiten. Als Emmanuel noch zur Schule ging, musste er oft hungern.
Ghana gehört nach Angaben des Geologischen Dienstes der Vereinigten Staaten zu den zehn größten Goldproduzenten der Welt. Das Edelmetall wird hauptsächlich in die Schweiz, die Vereinten Arabischen Emirate, Südafrika, die Türkei, den Libanon und die USA exportiert und dann an Banken, Juweliere und die Elektroindustrie verkauft.
Geschätzt ein Drittel von Ghanas Gold stammt aus kleinen, oft illegalen Minen, wie der, in der Emmanuel arbeitet. Das entspricht Regierungsangaben zufolge einem Handelswert von mehr als 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. Ein Gesetz schreibt Händlern vor, dass sie Menschenrechtskriterien beim Kauf beachten müssen. Aber das Gold aus Kinderarbeit landet trotzdem auf internationalen Märkten.
"Die von uns befragten Händler haben weder versucht, sich über die Arbeitsbedingungen noch die Legalität der Minen zu informieren", sagt Juliane Kippenberg von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Sie hat über viele Wochen Interviews in Ghana geführt. Ihr Fazit:
Für die Händler ist nur eines wichtig: das Gold.
Etwa ein Drittel der 120 Arbeiter, die zusammen mit Emmanuel arbeiten, sind minderjährig. Ihr Chef, der Minenmanager Emmanuel Appiah, versucht auch nicht, das zu vertuschen - obwohl Ghanas Gesetze und internationale Richtlinien Kinderarbeit im Bergbau verbieten. Appiah bestätigt nicht nur, dass er in der Mine Kinder beschäftigt, sondern auch, dass er ihnen flüssiges Quecksilber verkauft.
"Manchmal bleibt es an meinen Handflächen kleben", sagt der 15-jährige Richmond Asiamah. Er ist einer der wenigen, die wissen, dass das Schwermetall das zentrale Nervensystem angreift. "Ich weiß, dass es dich töten kann, wenn du lange damit arbeitest."
Richmond will eigentlich nicht im Bergbau arbeiten. Doch seit sein Vater gestorben ist und seine Mutter ihn und seine acht Geschwister nicht mehr allein durchbringen kann, sieht er keine andere Möglichkeit.
Minenmanager wie Appiah haben offenbar wenig zu befürchten, wenn sie Minderjährige für sich arbeiten lassen. "Wir wissen, es ist ein gravierendes Problem, aber wir haben kein Budget", sagt Lisbeth Akanbombiri, Leiterin der Bereichs Kinderarbeit innerhalb des Arbeitsministeriums. Damit sei die Abteilung handlungsunfähig. Kritiker sehen darin den Beweis, dass der Regierung der politische Wille fehlt, das Problem anzugehen.
Mehr als die Hälfte aller Schüler der Grundschule, die Emmanuel früher besucht hatte, arbeiten nach dem Unterricht in einer Mine. Das jüngste Kind sei gerade mal sechs Jahre alt, sagt Lehrer Emmanuel Boateng. "Wir versuchen, die Kinder über die Gefahren des Bergbaus aufzuklären. Aber sie gehen trotzdem hin, sie brauchen das Geld."