Kopftuchverbot in Frankreich Schülerinnen vom Unterricht ausgeschlossen
Erstmals seit Inkrafttreten des Kopftuchverbots an französischen Schulen sind mehrere muslimische Mädchen des Unterrichts verwiesen worden. Nach einer Anhörung schlossen Schulen im elsässischen Mulhouse (Mülhausen) am Mittwoch zwei 17-Jährige aus, weil sie sich weigerten, ihr Kopftuch abzulegen. Eine weitere Schülerin in Flers, Normandie, darf ebenfalls nicht mehr am Unterricht teilnehmen. Bereits am Dienstag wurden in Mulhouse zwei 12 und 13 Jahre alte Mädchen der Schule verwiesen.
Das im Februar erlassene Gesetz, das an Frankreichs staatlichen Schulen "Symbole und Kleidungsstücke" verbietet, die "ostentativ die Religionszugehörigkeit der Schüler zur Schau stellen", ist hoch brisant. In der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend auf ein Kopftuchverbot verkürzt, hat es nicht nur zu Protesten muslimischer Schüler geführt, sondern auch zu einem außenpolitischen Problem für die Regierung in Paris. Die Entführer, die im Irak die beiden französischen Journalisten Georges Malbrunot und Christian Chesnot als Geiseln genommen haben, begründen ihre Tat mit dem französischen Gesetz und fordern dessen Abschaffung.
Zwar haben sich die meisten muslimischen Verbände in Frankreich mittlerweile demonstrativ hinter die Bemühungen um eine Freilassung der beiden Journalisten gestellt. Auch unterstützen viele islamische Vereine den in der Verfassung vorgeschriebenen strikten Laizismus. Doch in der Praxis führt das Gesetz dennoch zu handfesten Problemen im Schulbetrieb.
Sikhs klagen
So waren zu Beginn der Woche landesweit 72 Schülerinnen und Schüler vom Schulverweis bedroht. Das Erziehungsministerium gab den Schulbezirken grünes Licht, gegen die Betroffenen vorzugehen. Meist handelt es sich dabei um muslimische Schülerinnen, die sich weigern, ihr Kopftuch abzulegen.
Betroffen sind aber auch einige Sikhs. Deren Religionsgemeinschaft reichte vor einem Pariser Verwaltungsgericht im Fall von drei Schülern Klage ein, die seit Beginn des Schuljahres nicht am Unterricht teilnehmen dürfen, weil sie einen Turban tragen. Eine Entscheidung wird am Freitag erwartet.
Das Gesetz verbietet neben dem muslimischen Kopftuch unter anderem auch die jüdische Kippa und auffallende christliche Kreuze.
Künftige Konflikte um das umstrittene Gesetz sind programmiert. Bildungsminister Francois Fillon bezifferte am Dienstag die Streitfälle zu Beginn des Schuljahres im September auf rund 600. Die Mehrzahl habe aber in Gesprächen mit den betroffenen Schülern beigelegt werden können.
Reibungen im Schulbetrieb
Dass sich die Fälle der ausgeschlossenen Schüler jetzt häufen, geht auf eine Anweisung der Regierung zurück. Offenbar mit Rücksicht auf die entführten Journalisten hatte die Regierung in Paris das Verbot bislang nur sehr zurückhaltend durchgesetzt.
Wenn Schüler sich dem Gesetz aufgrund ihres Glaubens nicht beugen wollen, sind sie mit weitreichenden Schwierigkeiten konfrontiert, die ihren Ausbildungsweg erschweren können. Zwar können sie bei der Schulaufsicht Beschwerde einlegen, doch verspricht dies kaum Erfolg. Sind sie unter 16 Jahre alt, müssen sie ihre Ausbildung an Privatschulen oder per Fernunterricht fortsetzen und dies nachweisen, um die Schulpflicht zu erfüllen.