Lebkuchen für die Schule Ich back's nicht

Eltern von Schulkindern stehen vor bis dahin ungeahnten Herausforderungen, wenn es ums Backen und Basteln geht. Härteste Zeit: der Advent. Da kann es auch mal um mannshohe Hexenhäuser gehen.
Lebkuchen-Großproduktion

Lebkuchen-Großproduktion

Foto: SPIEGEL ONLINE
Die Eltern-Kolumne für Fortgeschrittene
Foto: Birte Müller

Themenseite: Ganz harte SchuleHier schreiben abwechselnd Silke Fokken, Armin Himmelrath und Birte Müller über das Leben mit Kindern zwischen dem ersten und dem letzten Schultag.

Im Advent werde ich immer nervös, wenn meine Tochter mir die Ranzenpost gibt. Denn die Elternbriefe lese ich mit gemischten Gefühlen. Zum Beispiel die Nachricht im letzten Jahr, dass die Klasse zum Weihnachtsbasar wieder einen ganzen Hexenwald gestaltet. Die Aktion ist sehr schön, sehr kreativ - und sehr aufwendig. Für die Eltern.

Es gilt, 25 Tannenbäume von Janzweitdraußen zu holen, ins Großstadt-Klassenzimmer zu transportieren und dort aufzustellen. Jede Familie sammelt außerdem einen Sack voll Laub und verteilt es auf dem Fußboden. In diesem "Wald" wird ein mannshohes Hexenhaus aus Sperrholz aufgebaut und mit Lebkuchen behängt.

Dazu bringt bitte jedes Kind zwanzig selbstgebackene Lebkuchen mit, in Postkartengröße, hübsch verziert und mit einem Band zum Aufhängen versehen. Ein Rezept für knapp drei Kilogramm Teig liegt bei. Und bitte noch einen Tannenbaumständer, Lichterketten und Laternen mitgeben!

Meine Tochter ist begeistert. Sie und die anderen Mädchen dürfen sich als Gretel verkleiden, die Jungs geben den Hänsel, und dann führen die Kinder andere Schüler durch den Wald zum Hexenhaus. Toll! Ich gebe mir ehrlich Mühe, mich mitzufreuen. Aber zwanzig Lebkuchen!

Als meine Kinder in die Schule kamen, hatte ich nicht geahnt, vor welche Herausforderungen ich damit gestellt werde, was das Backen und Basteln betrifft. Ein Fröbelstern hier, eine Laterne da - die Aufträge kommen meist von Lehrern oder Elternvertretern, und sie nicht zu erledigen, ist keine Option. Egal wie unbegabt man ist.

Lebkuchen

Lebkuchen

Foto: SPIEGEL ONLINE

Also ab in die Küche und spätabends noch Lebkuchenteig herstellen. Eigentlich soll er nur zwei Stunden in den Kühlschrank. Aber ich lasse ihn über Nacht drin - selbst Mütter von Schulkindern müssen irgendwann schlafen. Ein Fehler. Denn am nächsten Tag ist der Teig keineswegs "geschmeidig", wie es im Rezept steht, sondern steinhart.

Letzte Rettung: Ikea

Mit den Händen durchkneten klappt nicht, und die Knethaken vom Mixer verbiegen sich. Am schnellsten geht vermutlich: neuen Teig anrühren. Dafür muss ich nur noch mal Pottasche, Nelken und den restlichen Kram einkaufen.

Blöd nur, dass die Weihnachtsgewürze im Supermarkt vollständig ausverkauft sind. Und jetzt?

Zum Glück gibt's bei Ikea fertigen Pfefferkuchenteig aus dem Tiefkühlregal. Ich stelle mich mit dem Auto in den Advents-Stau, kaufe den Teig und bin drei Stunden später wieder zu Hause.

Immerhin kann ich hier auf Teamwork mit Mann und Kindern setzen. Ausrollen, ausstechen, backen, verzieren, Bänder dran - wir geraten in einen echten Workflow, weil alles dank Schokolinsen (für die Kinder) und Glühwein (für die Erwachsenen) mit hochmotivierten Mitarbeitern läuft. So sind die Lebkuchen nach nur weiteren vier Stunden fertig. Meine Tochter ist glücklich. Ziel erreicht.

In diesem Jahr gibt sich die Schule mit kleinen Hexenhäuschen zufrieden. Gebacken und verziert wird mit den Lehrern. Aber: Fünf Mütter sollen für die gesamte Klasse den Lebkuchenteig herstellen. Zum Glück bekomme ich den Elternbrief mit ein paar Tagen Verspätung. Da haben sich bereits fünf Freiwillige gemeldet. Der Lebkuchen-Job ist vergeben. Danke!

Zur Person
Foto: privat

Silke Fokken, Jahrgang 1972, ist Journalistin und lebt mit Mann und vier Kindern (3,11,19 und 22 Jahre) in Hamburg. So sammelte sie einschlägige Erfahrungen an diversen Schulen: von der Einschulung bis zur Abifeier. Ihr Lebensmotto: Zuhören und Verständnis haben - aber nicht vor dem ersten Kaffee.

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