Die Typen vor der Tafel Wer ist Ihr Super-Lehrer?

Auf den Lehrer kommt es an! Das lernen alle im Bildungsbetrieb, spätestens seitdem Schulforscher John Hattie erklärt hat, wie guter Unterricht funktioniert. Aber wie muss dieser Lehrer oder die Lehrerin sein? Schreiben Sie uns!
Konservativ oder flippig, strukturiert und durchdacht oder völlig verplant: Ein Who-is-Who der Lehrertypen

Konservativ oder flippig, strukturiert und durchdacht oder völlig verplant: Ein Who-is-Who der Lehrertypen

Foto: wbritten/ Getty Images

Wer ein paar Jahre zur Schule gegangen ist, weiß, dass es die verschiedensten Lehrer-Typen in den Kollegien gibt. Verschaffen Sie sich hier einen Überblick - und schreiben Sie uns dann von Ihren eigenen Erfahrungen. Am Ende des Textes finden Sie einen Leseraufruf.

Der Bildungsbürger

Obwohl er schon Jahrzehnte im Schuldienst ist, bedauert er immer noch, dass Latein und Altgriechisch nicht mehr zum Standardprogramm der weiterführenden Schulen gehören. Er spricht auch 2019 noch von der "Unterprima", wenn er die Jahrgangsstufe 12 meint, und sorgt damit nicht nur bei Schülern, sondern auch bei jüngeren Kolleginnen und Kollegen für Verwirrung.

Überhaupt gehören lateinische Zitate zu seinen Lieblingskommunikationsmitteln - auch wenn er, ein Zugeständnis an die modernen und bildungsvergessenen Zeiten, manchmal eine deutsche Übersetzung hinterherschiebt. Mit gemischten Gefühlen erinnert er sich an den von ihm betreuten Referendar, der ihn einmal zu Hause besuchte und beim Betreten des Arbeitszimmers mit den vielen Buchregalen sagte: "Geil, das ist ja wie im Film hier!"

Pluspunkt: Ist nachhaltig zu beeindrucken mit einem Faust-Zitat zum Thema Schule: "In diesen Mauern, diesen Hallen/ will es mir keineswegs gefallen./ Es ist ein gar beschränkter Raum/ man sieht nichts Grünes, keinen Baum/ und in den Sälen, auf den Bänken/ vergeht mir Hören, Seh'n und Denken."

Lieblingssatz: "Abyssus abyssum invocat. Oder für Nicht-Lateiner: Ein Fehler zieht den anderen nach sich."

Die Strukturierte

Sie weiß schon zu Beginn des Schuljahres bis auf die Schulbuchseite genau, welche Lernerfolge jedes einzelne Kind am Ende erzielt haben wird. Ihr Credo: Klare Planung und ein wissenschaftlich anmutendes Punkte- und Beobachtungssystem machen Unterricht zu einer zwar komplizierten, letztlich aber mit dem nötigen Willen beherrschbaren Veranstaltung. Das Curriculum wird dementsprechend straff durchgezogen.

Wer nicht mitkommt, erhält einen fein abgestuften Förder- und Unterstützungsplan mit 15 einzelnen Schritten. Mit der gleichen Konsequenz zieht die Strukturierte auch Elternabende durch: Mehr als zehn Minuten sind für Begrüßung, Wahl der Elternvertreter, Bericht der Klassenlehrerin und Ausblick auf das Schuljahr ja nun wirklich nicht nötig. Dafür wird sie von den Eltern vergöttert.

Pluspunkt: Sie sieht es als Herausforderung an, alle Kinder mit durchzuziehen und zum angestrebten Lernziel zu bringen.

Lieblingssatz: "Kein Problem - das machen wir folgendermaßen"

Die Chaostante

Ihr Glück sind die Verbeamtung und der krasse Lehrermangel in Deutschland. Sonst wäre die Chaostante längst aus dem Schuldienst geflogen. Sie kommt notorisch zu spät, braucht Monate, um Klassenarbeiten zurückzugeben und hat dann mindestens auch noch eine davon verbaselt. Ihr Unterricht folgt inhaltlich keiner Logik, sondern ist geprägt von "freier Assoziation". Lehrpläne und Curricula hält sie für unnötige Einschränkungen, was vor allem Eltern in den Wahnsinn treibt, die gern wüssten, was denn - zumindest in etwa - in diesem Schuljahr alles drankommt.

Pluspunkt: Weil sie ihr Leben selbst nicht so richtig organisiert bekommt, ist sie voller Verständnis, wenn die Schüler vergessen, Aufgaben oder irgendwelche Zettel abzugeben - oder sie merkt es gar nicht.

Lieblingssatz: "Liegt auf meinem Schreibtisch ganz oben, kümmere ich mich demnächst drum."

Der Konservative

Lieblingssatz:"Das hat uns früher auch nicht geschadet."

Lieblingssatz:"Das hat uns früher auch nicht geschadet."

Foto: wbritten/ Getty Images

Er erscheint auch am letzten Tag vor den Ferien noch mit Schlips und Jackett zum Unterricht. Von Sechsertischen hält er ebenso wenig wie von Gruppenarbeit, der Platzdeckchen-Methode oder Schülerreferaten: alles Firlefanz. Frontalunterricht ist für ihn die in 500 Jahren Schulgeschichte bewährte Form des Lehrens. Natürlich gibt er jedes Mal umfangreiche Hausaufgaben auf, weil sie die Selbstdisziplin fördern und nur dauernde Wiederholungen Lernerfolge möglich machen.

Wegen seines profunden Fachwissens reichen ihm notfalls ein Füller mit roter Tinte, ein kleiner Lehrerkalender und ein Stück Kreide, um eine Unterrichtsstunde zu bestreiten. Seine Doktorarbeit hat er in Geografie über "Schneefall und Schneedecke auf der Iberischen Halbinsel" geschrieben.

Pluspunkt: Wer ankündigt, später in der Oberstufe mal den Leistungskurs Erdkunde zu wählen, kann auf Milde hoffen.

Lieblingssatz: "Das hat uns früher auch nicht geschadet."

Der Kumpelhafte

"Wenn ihr irgendwelche Sorgen habt, könnt ihr immer zu mir kommen."

"Wenn ihr irgendwelche Sorgen habt, könnt ihr immer zu mir kommen."

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Dieser Lehrer-Typ will vor allem eins sein: der Freund seiner Schülerinnen und Schüler. Deshalb organisiert er pausenlos Klassenfeste, -ausflüge und -fahrten, bei denen man mal "mehr so privat" ins Gespräch kommt und mit den Älteren auch mal zusammen ein Bierchen trinkt: "Muss ja keiner wissen."

Der Kumpelhafte verbringt die Pause lieber in der Raucherecke als im Lehrerzimmer. Er kopiert den Klamottenstil seiner Schüler (Kapuzenpulli) und übt sich in Begriffen, die er für Jugendslang hält (Swag, Alter!). Das kommt eher peinlich rüber, merkt er aber nicht. Insgeheim hat er den Beruf ergriffen, weil er so gern Schüler war - und am liebsten für den Rest seines Lebens einer bleiben wollte.

Pluspunkt: Wenn Schüler ihm ihr Herz ausschütten, freut er sich wie Bolle - und hört wirklich zu.

Lieblingssatz: "Wenn ihr irgendwelche Sorgen habt, könnt ihr immer zu mir kommen."

Der Sportliche

Lässiger geht es nicht. Er hat mit Sport und Erdkunde sein Abitur abgelegt, und zwar ohne große Kraftanstrengung, nebenbei sogar noch beim Welt-Surf-Cup mitgemacht. Danach wurde er Sportlehrer, sein Traumberuf. Unter der Woche tobt er mit den Kiddies durch die Halle, am Wochenende nimmt er sich: Zeit. Zum Beispiel zum Kitesurfen.

Bei seinen Kollegen weckt er Neid, wie er so unverschämt braungebrannt ins Lehrerzimmer schlendert, während sie selbst mit Ringen unter den Augen dasitzen, da sie bis in die Nacht seitenweise, schwer leserliche hingerotzte Deutschklausuren korrigiert haben. Aus Ärger machen sie gern mehr oder weniger subtil deutlich, dass sie Sportlehrer für faul und geistig unter ihrem Niveau halten. Der Sportliche schmettert das ab: "Augen auf bei der Berufswahl!"

Pluspunkt: Seine Schüler beeindruckt er mit Kopfstand und Saltos. Für viele ist er heimliches Vorbild, weil er sich und ihnen keinen Stress macht.

Lieblingssatz: "Ist doch chillig."

Die Weltverbesserin

Sie ist Lehrerin geworden, weil sie diesen Planeten zu einem besseren Ort machen möchte. Deshalb lässt sie keine Gelegenheit aus, ihre Schülerinnen und Schüler für Politik zu begeistern. Bei "Fridays for Future" muss niemand schwänzen, sie organisiert eine "Exkursion zu einem außerschulischen Lernort", vorbereitend werden im Kunstunterricht Plakate gemalt. Wer bei ihr Unterricht hatte, kann am Ende nicht unbedingt Gedichte interpretieren, weiß dafür aber alles über fair gehandelten Kakao und wie man einen Flashmob startet.

Pluspunkt: Sie gleicht die mangelnde politische Bildung ihrer Schüler durch Elternhaus und fehlende Politiklehrer locker aus.

Lieblingssatz: "Mich interessiert eure Meinung dazu!"

Lieblingssatz: "Ne discere cessa, wie Cato schon sagte: Höre nicht auf zu lernen."

Die Resignierte

Foto: TerryJ/ Getty Images

Im Arbeitszimmer zu Hause hängt bei ihr ein Zettel, auf dem sie jeden einzelnen der 4266 Tage abstreicht, die sie noch bis zur Pensionierung vor sich hat. Die Hoffnung, pubertierenden Spinnern strukturiert irgendetwas beizubringen, hat sie ebenso verloren wie den Glauben daran, dass jedes Kind lernen will.

Mit lustlos vorgetragenen, seit Jahren nicht mehr veränderten Lehrsätzen schafft sie es Tag für Tag, die Unterrichtszeit ohne jede Begeisterung hinter sich zu bringen. Dass in ihrer Schule die Toilettenanlagen seit drei Jahren wegen eines Rohrbruchs gesperrt sind und sogar im Keller der Schule Regenwasser durch die Decke tropft (obwohl es darüber noch vier Etagen gibt), zeigt für sie die ganze Sinnlosigkeit des Bildungssystems.

Pluspunkt: Wer bei ihr nicht stört, hat schon einen Stein im Brett.

Lieblingssatz: "Ich weiß ja, dass euch das nicht interessiert, aber wir müssen es nun mal behandeln."

Der Erklärbär

Wissen zu vermitteln, ist seine Passion, komplizierte Sachverhalte verständlich zu machen, sein Lebenselixier. Das führt dazu, dass der Erklärbär schon mal eine Doppelstunde damit verbringen kann, über die erstmalige Verwendung des Ausrufezeichens im Deutschen in Johann Fischarts "Ehezuchtbüchlein" von 1573 zu erzählen - und davon, dass es mit dem "Interrobang" ein gemischtes Satzzeichen aus Frage- und Ausrufezeichen gibt, das sich jedoch nicht durchsetzen konnte.

Er kann es natürlich auch im häuslichen Umfeld nicht lassen, alle zu belehren und mit seinem Wissen anzugeben. Beginnt er dort einen Satz mit "Wusstest ihr, dass", suchen alle das Weite. Eine Option, die seinen Schülerinnen und Schülern im Klassenraum natürlich nicht vergönnt ist. Auch so erklärt sich die Berufswahl.

Pluspunkt: Idealer Telefonjoker, wenn einer seiner Schüler bei "Wer wird Millionär" mitmacht.

Lieblingssatz: "Das geht auf eine wahnsinnig spannende Geschichte zurück - ich erklär euch das kurz."

Der Digitalfreak

Foto: Robert Daly/ Caiaimage/ Getty Images

Er ist begeistert von den didaktischen Möglichkeiten, die neue Technik bietet - und macht aus dieser Begeisterung heraus nach Schülermeinung den besten Unterricht, den man sich denken kann. Der Digitalfreak ist nämlich nicht nur Technik-Nerd, sondern auch begeisterter Pädagoge. Mit seinem Schwung bringt er das halbe Kollegium in Bewegung. Die andere Hälfte dagegen ist genervt, dass sie sich in den letzten paar Jahren vor der Pensionierung noch mit Tablets und Schulcloud, digitalem Klassenbuch und LernApps herumschlagen soll. Dem Digitalfreak ist das egal, denn er weiß: Sein Unterricht ist der Unterricht der Zukunft.

Pluspunkt: Unterläuft in seinen Stunden regelmäßig das allgemeine Handyverbot, das an der Schule noch gilt.

Lieblingssatz: Wenn ein Schüler einen Entschuldigungszettel auf Papier mitbringt: "Dafür musste wieder ein Baum sterben."

Die Überengagierte

Sie ist 24/7 im Einsatz, in Gedanken immer in der Schule. Jedes private Gespräch inspiriert sie zu einer Unterrichtsidee, fortwährend sammelt sie "Material", mit dem sie Schülerinnen und Schüler beglücken und zu weiteren Lernfortschritten bewegen kann. Nach der Schule macht sie Hausbesuche bei "meinen Kindern", weil sie als Lehrerin "ja ein Stück weit auch Sozialarbeiterin" ist.

Sie möchte Kindern helfen, für Chancengleichheit kämpfen, und glaubt daran, dass ihr das durch unermüdlichen Einsatz gelingen wird. Gönnt sie sich tatsächlich mal eine Pause, dann nur um zum 13. Mal "Fuck ju Göthe" bei Netflix zu gucken. Schrammt immer haarscharf am Burn-out vorbei, hat vorbeugend schon diverse Achtsamkeitskurse besucht. Man weiß nicht, wie lange sie noch durchhält.

Pluspunkt: Bei weniger engagierten Kollegen ist sie extrem beliebt, weil sie sich deren Aufgaben auch noch aufdrücken lässt, immer in dem Gefühl, etwas Gutes zu tun.

Lieblingssatz: "Ich liebe meinen Beruf, weil ich weiß, dass ich da etwas Sinnvolles tue."

Die Pädagogin

Lieblingssatz:"Beziehung geht vor Erziehung"

Lieblingssatz:"Beziehung geht vor Erziehung"

Foto: Westend61/ Getty Images

Dass Kollegen über Disziplinprobleme klagen, kann sie nicht nachvollziehen. Kommt die Pädagogin in die Klasse, wird es sofort leise, die Stimmung steigt und alle Kinder machen begeistert im Unterricht mit. Wie sie das schafft? Jedenfalls ohne Verhaltensampel und lautstarke Ansagen, dass jetzt aber mal sofort Ruhe einkehrt und die Fußballkarten in der Tasche verschwinden, Justin!

Die Pädagogin greift vielmehr auf fundiertes Fachwissen und verschiedenste Vorbilder von Montessori über Freinet bis Pestalozzi zurück und setzt deren jeweils beste Ideen um - so wird jedenfalls im Kollegium gemunkelt. Und von Fortbildungen geraunt, wo sie wieder neues Lehrerwissen abgegriffen hat. Aber vielleicht hat sie's ja auch einfach so drauf.

Pluspunkt: Lässt sich die schwierigsten Klassen andrehen - und freut sich noch drüber.

Lieblingssatz: "Beziehung geht vor Erziehung."

Und jetzt sind Sie dran! Wie war Ihr Lieblingslehrer-Typ, und was ist Ihre schönste Erinnerung an ihn? Mit der Einsendung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Text anonym beim SPIEGEL veröffentlicht wird.

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