
Mein erstes Mal: Jan, 14, stellt einen Bürgerantrag
Mein erstes Mal Jan, 14, kämpft für eine Halfpipe
Irgendwann wurde das Skaten für mich und meine Freunde einfach zu teuer. Mehrmals die Woche fahren wir zu Anlagen in anderen Städten, hin und zurück kostet mich das jedes Mal 4,80 Euro. Unser Traum ist eine Halfpipe in Mechernich, unserer Stadt in der Nordeifel. Ich hatte nur keine Ahnung, was man dafür machen muss. Bis mir meine Mutter vom Bürgerantrag erzählte.
Das war im Juni 2009, da war ich erst zwölf und ging in die sechste Klasse. Mein Onkel war früher im Stadtrat und hat mir alles erklärt. Ein einfaches Schreiben reicht da ja nicht: Man muss den richtigen Paragraphen kennen und anders formulieren, als man das sonst tun würde.
Mein erster Versuch war nicht so gut. Aus meinem Satz "Wir wollten Sie darum bitten, eine Halfpipe zu bauen" wurde: "Wir beantragen hiermit ernsthaft zu prüfen, ob es nicht möglich ist, eine Skateranlage hier in Mechernich zu bauen."
Momentan sind wir acht Leute in Mechernich, die für das Skaten pendeln. Viele würden aber bestimmt mit einer Pipe in Mechernich wieder anfangen. Ich selber skate seit ungefähr anderthalb Jahren. Das ist für mich nicht nur ein Hobby, sondern eine Lebenseinstellung. Leider gibt es viele Vorurteile, zum Beispiel, dass Skater asozial sind. Ich habe aber noch nie im Leben einen Skater gesehen, der mich doof angemacht hat. Wenn wir uns in der Skatehalle versehentlich umfahren, dann checken wir uns ab, und alles ist wieder gut.
33.000 Euro? Keine Chance - Skater haben nie Geld
Von meinem Antrag habe ich erst einmal lange nicht gehört. Bis ich im März zu einer Versammlung eingeladen wurde. Leider mussten aber meine Weisheitszähne raus, ich konnte nicht hin. Mein Bruder und ein Freund haben mich vertreten. Richtig ernst wurde es erst in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Bildung und Soziales im September. Davon wussten wir nur leider nichts. Keine Ahnung, ob die uns einfach nicht informiert haben oder der Zettel nicht bei mir angekommen ist.
Es war ein echter Schock, das Ergebnis aus der Zeitung zu erfahren. Die Überschrift: "Kein grünes Licht für die Skateranlage." Der Ausschuss empfahl dem Stadtrat, den Antrag abzulehnen. Besonders geärgert hat mich der Vorschlag, wir sollten uns alleine um die Finanzierung kümmern. Das fand ich ziemlich unfair, zumal sie die teuerste Anlage rausgesucht hatten. Ich habe keine 33.000 Euro - Skater haben nie Geld, weil sie ständig ein neues Brett brauchen.
Die Entscheidung hing nun vom Stadtrat ab. Am Tag der Sitzung hatte ich aber so gut wie keine Zeit, etwas vorzubereiten. Bis drei hatte ich Schule, danach Schlagzeugunterricht. Ein paar Notizen auf dem Block, das musste reichen. Im Saal war ich überrascht, wie modern alles war - zumindest für die Stadt Mechernich: Computer, Lautsprecher und Getränke für alle.
Mein Antrag stand erst als Tagesordnungspunkt 12 auf der Liste, allein Punkt drei dauerte eineinhalb Stunden. Powerpoint, Diagramme, Tabellen, kein Ende in Sicht. In der Schule hätten wir das in zehn Minuten geschafft. Gott sei Dank hat die Presse dann gefragt, ob mein Antrag als Nächstes kommen könnte. Der Bürgermeister meinte: "Wir ziehen den Antrag jetzt vor, damit der junge Mann pünktlich nach Hause kommt." Da war ich ziemlich froh, an dem Abend liefen die neuen Simpsons-Folgen an.
Ein vermeintlicher Gegner entpuppt sich als Skater-Freund
Ich habe dann meinen Arm gehoben und bin aufgestanden. Zuerst habe ich "Hallo" gesagt und mich entschuldigt, dass wir bei der Ausschusssitzung nicht da waren. In dem Moment war ich ziemlich nervös, aber ich habe einfach ausgeblendet, dass die Ratsherren da saßen. Eigentlich war es auch gar nicht so schwierig, ich musste den Rat nur auf den aktuellen Stand bringen.
Ich habe erklärt, dass wir mit der Bundeswehr, wo die Anlage hin soll, in Verhandlungen stehen und vielleicht keine Pacht bezahlen müssen. Dass wir weiterhin auf Sponsorensuche sind. Und dass es auch gar keine neue Pipe für 33.000 Euro sein muss.
Plötzlich hat sich einer der Ratsherren gemeldet. Er hatte sich vorher oft umgedreht, und ich dachte, er wäre gegen mich. Dann hat er aber gesagt, dass es eine gebrauchte Anlage in einem Dorf gibt. Es hat mich beeindruckt, wie er mich unterstützt und sich schlaugemacht hat. Die Pipe würde nur 2000 Euro kosten, müsste aber erstmal TÜV-fähig gemacht werden. 70 Zentimeter Breite fehlten noch, aber das würde bestimmt nicht mehr als 1000 Euro kosten.
Das hat auch den Bürgermeister überzeugt. Um Sponsoren müssen wir uns trotzdem weiter kümmern. Wenn die Finanzierung gesichert ist, würde der Rat auf jeden Fall zustimmen. Keiner hat gegen diesen Vorschlag gestimmt. Ein schönes Versprechen gab es zum Abschluss von den Grünen: Sie wollen sich mit einigen hundert Euro beteiligen.
Mittlerweile haben wir auch noch weitere Sponsoren gefunden, über Familie und Bekannte. Und der Bürgermeister hat mit einer großen Firma verhandelt, von denen wir jetzt 2000 Euro bekommen. Wir müssen nur noch ein paar Angebote prüfen und ein paar Geldgeber finden. Dann haben wir es geschafft.
Aber eines weiß ich trotzdem: Wenn ich mit der Schule fertig bin, ziehe ich nach Köln. Da gibt es die Domplatte zum Skaten.