Lehrerverband Schüler sollen "Mein Kampf" im Unterricht lesen

"Mein Kampf" für Schüler: Jahrzehntelang war der Nachdruck verboten, jetzt sollen Pädagogen im Unterricht Hitlers Buch behandeln, fordert der Lehrerverband. Allerdings nur die kommentierte Fassung.
Erstausgabe von Hitlers "Mein Kampf" von 1925: Künftig kommentiert

Erstausgabe von Hitlers "Mein Kampf" von 1925: Künftig kommentiert

Foto: Matthias Balk/ dpa

Pädagogen sollen die kommentierte Neuausgabe von Hitlers "Mein Kampf" bundesweit in den Unterricht einbringen. Das fordert der Deutsche Lehrerverband. Eine professionelle Behandlung von Textauszügen könne "ein wichtiger Beitrag zur Immunisierung Heranwachsender gegen politischen Extremismus" sein, sagte Verbandspräsident Josef Kraus dem "Handelsblatt". 

Die Schulen könnten "Mein Kampf" ohnehin nicht einfach ignorieren. Denn Verbotenes sei unter Jugendlichen oft besonders beliebt und darüber hinaus zum Beispiel im Internet zu finden, sagte Kraus. Allerdings sollten sich Schüler erst ab 16 Jahren im Unterricht mit "Mein Kampf" beschäftigen. Er forderte die Kultusministerkonferenz auf, dafür "didaktisch-methodische Rahmenempfehlungen" zu finden.

Charlotte Knobloch, Ex-Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland und derzeitige Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, lehnte dagegen "Mein Kampf" als Unterrichtsmaterial entschieden ab.

Bayern hatte den Neudruck stets verhindert

Jüdische Themen und Persönlichkeiten, die Deutschland bis 1933 mitprägten, würden in den Schulen allenfalls stiefmütterlich aufgegriffen, sagte Knobloch der Zeitung. Daher sei eine Behandlung ausgerechnet der "zutiefst antijüdischen Schmähschrift" unverantwortlich. Eine Erziehung von Schülern zu geschichts- und verantwortungsbewussten Menschen sei auch ohne die Lektüre denkbar und wünschenswert, sagte Knobloch.

Hitler hatte nach dem gescheiterten Putsch von 1923 in München während seiner Haft mit der Arbeit an "Mein Kampf" begonnen und die Schrift nach seiner Freilassung beendet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ging das Urheberrecht auf den Freistaat Bayern über, der seither seine Zustimmung zu einem Neudruck stets verweigert hatte.

Die 70-jährige Schutzfrist läuft zum Jahresende aus, danach unterliegt das Buch keinem Urheberschutz mehr. Im Januar 2016 will das Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München deshalb eine kommentierte Ausgabe herausbringen. Der Nachdruck der unkommentierten Version bleibt weiterhin verboten.

lov/AFP/dpa
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