Studie Warum Lehrer oft Digitalmuffel sind

Lieber keine Experimente - so denken viele Lehrer über digitale Lernmittel. Sie fühlen sich beim Computereinsatz im Unterricht oft alleingelassen.
Foto: Arne Dedert/ picture alliance / dpa

Derzeit vergeht kaum ein Tag, an dem nicht die digitale Entwicklung an deutschen Schulen Thema ist. Das Hin und Her von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka beim Thema Digitalpakt, dazu diverse Studien und Umfragen. Erst diesen Donnerstag veröffentlichte das Ifo in München eine Umfrage, wonach die Deutschen ihren Kindern mehr Digitalunterricht wünschen.

Da passt die aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung gut dazu. Der "Monitor digitale Bildung" ist eine Bestandsaufnahme, wie es tatsächlich in den Klassenzimmern zugeht. Dazu wurden die befragt, die über den Schulalltag sprechen können: Schüler, Lehrer und Schulleiter.

Dabei zeigt sich einmal wieder, wie weit die Meinungen über den Computereinsatz im Unterricht auseinandergehen. Zwar sind sich eigentlich alle einig, dass die Digitalentwicklung auf jeden Fall Unterrichtsgegenstand sein muss. Wie stark sich aber der Unterricht selbst digital verändern soll, ist umstritten.

Einerseits glaubt nicht einmal jeder vierte Lehrer daran, dass digitale Medien dabei helfen, den Lernerfolg ihrer Schüler zu verbessern, so ein Ergebnis der Bertelsmann-Studie. Andererseits geben 70 Prozent an, dass digitale Medien die Attraktivität der Schule steigern.

Da verwundert es kaum, dass es an einer echten Strategie zu dem Thema fehlt. "Die meisten Schulen haben weder ein Konzept für den Einsatz digitaler Lernmittel noch reflektieren sie den digitalen Wandel als Bestandteil ihrer systematischen Schul- und Unterrichtsentwicklung", schreiben die Autoren der Studie.

Die Lehrer entscheiden demnach selbst, welche elektronischen Lernmittel sie einsetzen - das an sich ist nicht tragisch, schließlich gestalten sie auch den Unterricht selbstständig. Aber sie müssen sich dabei meist auch allein organisieren, Schulbehörden und Landesregierungen sind außen vor. So ergibt sich das Bild von einer Lehrerschaft, die beim viel beschworenen digitalen Wandel oft alleingelassen wird.

Das zeigt sich bei der Bewertung der Unterstützung und Ausstattung an der eigenen Schule: Bestnoten geben nur wenige und zwar unabhängig davon, ob es um die technische Ausstattung geht, um das W-LAN-Netz an der Schule, den Support oder die Weiterbildung. Unsere Grafik zeigt die Antworten der Lehrer, die Größenordnungen sind bei den Schulleitern ähnlich.

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum die Mehrzahl der Lehrer selbst etablierte Medien zögerlich einsetzt: YouTube, Wikis und Power Point kommen laut Umfrage nur gelegentlich zum Einsatz. Noch seltener finden neuere Anwendungen wie Lern-Apps, Lernspiele oder Simulationen den Weg in die Schulpraxis: Nicht einmal zehn Prozent der Lehrer setzen solche digitalen Medien ein.

Den Schulleitern wurden auch Zukunftsvisionen für die digitale Schule vorgelegt. Ihre Gewichtung ist dabei sehr pragmatisch: An erster Stelle steht für sie guter Support und professionelle technische Strukturen. Von den Lehrern wünschen sie sich mehr Medienkompetenz. Die Virtualisierung des Schulalltags, etwa durch Webkonferenzen, stößt dagegen auf wenig Begeisterung.

Für die Studie wurden rund 2000 Schüler, Lehrer und Schulleitungen sowie Experten aus Politik und Verwaltung befragt. Neben den quantitativen Befragungen wurden zahlreiche qualitative Interviews mit bildungspolitischen Entscheidern geführt.

mamk
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