Nachsitzen im Musikunterricht
Keine Freiheitsberaubung - Lehrer freigesprochen
Widersprüchliche Zeugenaussagen und "objektiv keine Freiheitsberaubung": Ein Neusser Musiklehrer, der seine Klasse nachsitzen ließ, ist in zweiter Instanz freigesprochen worden.
Lehrer vor Gericht: von allen Vorwürfen freigesprochen
Foto: Rolf Vennenbernd/ dpa
Ein Realschullehrer aus Neuss ist am Freitag vom Vorwurf der Freiheitsberaubung freigesprochen worden. Er war angezeigt worden, nachdem er Schüler daran gehindert hatte, den Klassenraum zu verlassen. Der Musiklehrer hatte die Jungen und Mädchen seiner als laut geltenden Klasse dazu verdonnert, eine Strafarbeit über den Geigenspieler Paganini zu schreiben.
Das Klassenzimmer durften sie erst nach Abgabe dieser Arbeit verlassen. Der Lehrer hatte sich demonstrativ mit einem Stuhl und einer Gitarre auf den Knien in den Türrahmen gesetzt, um so den Ausgang zu versperren. Ein Schüler hatte daraufhin per Handy die Polizei alarmiert und auch angegeben, der Lehrer habe einen Schüler geboxt.
Das Amtsgericht Neuss hatte den Musiklehrer daraufhin im vergangenen Jahr der Freiheitsberaubung schuldig gesprochen, beließ es aber bei einer "Verwarnung mit Strafvorbehalt": Der Musiklehrer sollte sich im Umgang mit undisziplinierten Schülern fortbilden. Dagegen hatte der Lehrer Berufung vor dem Düsseldorfer Landgericht eingelegt.
Verdacht der Zeugenbeeinflussung
Das Gericht kam nun nach mehreren Zeugenvernehmungen und einem Ortstermin am Freitagvormittag zu einem klaren Freispruch. Bei dem Termin in der Neusser Realschule waren noch einmal acht Schüler dabei, die die damalige Situation schilderten.
"Es gab objektiv weder eine Freiheitsberaubung noch eine fahrlässige Körperverletzung", so eine Sprecherin des Landgerichts am Freitagnachmittag. Die Zeugenaussagen seien viel zu widersprüchlich gewesen; bei einem Schüler stehe sogar der Verdacht im Raum, dass er in seiner Aussage zulasten des Lehrers massiv beeinflusst worden sei.
Schon zuvor hatte sich angedeutet, dass die Kammer des Landgerichts Zweifel an der Anklage hatte. Die Richter hatten vergeblich eine Einstellung des Verfahrens angeregt und betont, der Sachverhalt sei "ungeeignet, von einem Strafgericht entschieden zu werden". Doch der Einstellung des Verfahrens ohne eine Geldauflage hatte die Staatsanwaltschaft widersprochen.