Boyband One Direction in Düsseldorf Schwänzen für die Stars

Zehntausende Jugendlichen wollten zu dem Konzert der Boyband One Direction
Foto: Jennifer TöpperweinAuf einmal zittert Pia am ganzen Körper. Obwohl die Sonne schon seit Stunden auf den Düsseldorfer Beton und ihre freien Schultern scheint. Eben zitterte die 13-Jährige noch vor Aufregung, denn die Teenie-Band One Direction ist zum Greifen nah - doch jetzt ist es Panik. Ein Ordner möchte ihren Ausweis sehen. Der aber liegt zu Hause. Sollte das einzige Deutschlandkonzert wieder vorbei sein - vier Stunden vor Einlass? Obwohl Pia die Eintrittskarte schon seit September hat? Und seitdem die Tage zählt?
Die Ordner in der Düsseldorfer Esprit Arena wissen, dass sie genau hinschauen müssen: Die britisch-irische Band - sie belegte bei der britischen Castingshow "The X-Factor" den dritten Platz - ist besonders bei jungen Mädchen sehr beliebt. Wer aber jünger als 12 Jahre alt ist, darf das Konzert nur in Begleitung eines Erwachsenen besuchen. Alle anderen werden wieder nach Hause geschickt. Egal, wie dramatisch die zu jungen Fans bitten und betteln.
Deshalb sind auch Mitarbeiter des Jugendamts ausgerückt. Sie warten mit den verzweifelten Kindern, die von ihren Eltern abgeholt werden müssen, auf dem Konzertgelände. Das Ordnungsamt ist ebenfalls vor Ort: Es sucht an diesem Tag rund um die Arena Schulschwänzer, und davon gibt es einige.
Pias Freundin Emma, 14, ruft: "Beeil dich. Wir müssen rein!" Auch Pia versucht zu rufen, kann aber ihre Stimme jetzt nur schwer kontrollieren: "Oma, such Papa. Oder meinen Ausweis", sagt sie leise in ihr Handy und brüllt dann doch: "Ich komm hier sonst nicht rein."
Sie versucht der Oma zu erklären, wie sie mit dem Handy ein Foto vom Ausweis machen und verschicken soll. Aussichtslos. Pia verzweifelt. Dann ist endlich der Vater am Telefon. Der Ordner greift sich das Telefon, lässt sich das Alter bestätigen und winkt die beiden durch. Pia schnauft und rennt los. "Alle mit rotem Bändchen müssen jetzt sofort rein", erklärt sie noch. "Sonst stehen wir viel zu weit von der Bühne weg." Dann verschwindet sie hinter der nächsten Absperrung.
Andere Fans, größtenteils Mädchen, müssen noch warten. Sie sitzen unter Sonnenschirmen, teilen Wasser, Melonen und Kekse. Sie singen gemeinsam, vergleichen ihre Outfits, meist knappe Hotpants, Blumen im Haar, immer wieder T-Shirts der Band. Und erzählen sich, woher sie kommen.

Lena* und Nina*, beide 14: Schwänzen mit Mamas Segen
"Wir sind schon um 3 Uhr aufgestanden", sagt Nina. "Ein bisschen mehr Schlaf wäre gut gewesen." Beschweren will sie sich aber nicht. Schließlich erlebt sie gerade mit ihrer Freundin Lena den Luxus, von dem viele andere junge Fans nur träumen. Ihre Eltern schenkten ihnen die Konzertkarten zu Weihnachten, die Mütter fuhren sie nach Düsseldorf und schrieben sogar Krankmeldungen für die Schule. Ob das nicht doch auffällt? Lena sagt: "Aus der 10. Jahrgangsstufe fahren 19 Mädels hier hin. Aus unserer Stufe bestimmt auch so viele."

Familie Rodriguez, Mexiko: Zu jung für den Innenraum
Sie hatten wahrscheinlich die längste Anreise. Mutter Barbara und Vater Oscar warten mit ihren Kindern Roberta, 10, Valeria, 12, und Andres, 13, auf den Beginn. Sie reisen gerade durch Europa und verbinden ihren Urlaub mit dem One-Direction-Konzert. 15 Tage bleiben sie in Deutschland und das Konzert ist für die Töchter mit Abstand der Höhepunkt des Besuchs. "Wir hatten Sitzplätze im Internet bestellt, aber Stehplätze bekommen", sagt der Vater. Das wird jetzt zum Problem: Die jüngste Tochter darf noch nicht in den Innenraum, erklärt das Ordnungsamt, so dürften sie nicht rein. Sitzplätze wären kein Problem gewesen. Ob die mexikanische Familie doch noch rein durfte? Leider wissen wir es nicht.

Celine, 16, Düsseldorf: Früher weg beim Praktikum
"Die Jungs sind klasse", sagt Celine. Deswegen musste die 16-Jährige die Boygroup auch mal live sehen. Und schließlich ist das heute ein Heimspiel für die Düsseldorferin, sogar der Chef unterstützt die Leidenschaft. "Ich muss keine Schule schwänzen", erzählt sie stolz. "Ich mache gerade ein Praktikum und durfte früher gehen."

Marianne, 18, Frankreich, und Charlotte, 18, Luxemburg: 500 Euro Kosten
Als One Direction in Frankreich auftraten, schrieben Marianne und Charlotte Examen. "Das konnten wir nicht vernachlässigen", finden beide. Jetzt haben sie Sommerferien und reisten für zwei Tage nach Düsseldorf. Das VIP-Ticket hat allein 200 Euro gekostet. Lange suchten die beiden einen Schlafplatz, in einem Hostel wurden sie fündig. Mit Übernachtung, Anreise und Verpflegung geben die beiden 500 Euro aus.

Chiara, 16, Remscheid: Langes Warten auf die Karte
Chiara ist sauer. Dabei könnte alles so schön sein: Ihre Stufe hat am Konzerttag frei. Ihre Eltern erlaubten den Besuch, eine Freundin aus Mönchengladbach kaufte Karten. Auf die wartet Chiara jetzt. "Schon ein paar Stunden", sagt Chiara und sieht immer mehr Fans hinter dem schwarzen Zaun in Richtung Einlass verschwinden. "Die stehen später ganz vorne", sagt sie enttäuscht. "Ich nicht, obwohl ich so früh da war."

Lien, 21, Julie, 13, Belgien: Mit Mama ins erste Konzert
So ein Mutter-Tochter-Ausflug gefällt Lien und Julie: mal eben über die Grenze zur Lieblingsband. Die 13-jährige Julie hat den Ausflug zum Geburtstag geschenkt bekommen. "Weil sie so ein liebes Mädchen ist", sagt Mutter Lien Raskin und lächelt ihrer Tochter zu. Die kann nur leicht zurücklächeln, denn die Aufregung steigt jede Sekunde. "Das ist mein allererstes Konzert", sagt sie. "Ich hoffe nur, dass die Jungs gut singen."

Fatima*, 14: Angst vor dem Einlass
Ihre Eltern waren zunächst nicht begeistert, dass Fatima die Schule für eine Band schwänzen wollte. Doch sie hatte das Ticket bereits. Sogar der Bruder setzte sich für sie ein. Doch vor dem Einlass bekommt sie Angst und braucht eine Verschnaufpause. Glaubt der Lehrer ihr die Krankheit? "Ich bin schließlich in der Klasse als großer One-Direction-Fan bekannt", sagt sie. "Außerdem fahren wir ausgerechnet diese Woche mit der Klasse wieder nach Düsseldorf." Nicht, dass sich da ein Mitschüler verplappert. Ärger kann sie sich nicht leisten.
* Name von der Redaktion geändert