50 Euro für drei Aufkleber Schulen verbieten das Tauschen von Panini-Bildchen

Panini-Sticker zur Fußball-Europameisterschaft 2016
Foto: DPADie einen wollen Mats Hummels, die anderen brauchen Mehmet Topal oder gieren nach Christian Fuchs. Zur Europameisterschaft in Frankreich geht das Sammeln und Tauschen von Fußballerbildchen wieder los. Ziel dabei: Das Panini-Album vollzukriegen.
An vielen Schulen Deutschlands scharen sich deshalb jeden Tag Kinder umeinander, um einen Mesut Özil gegen einen Cristiano Ronaldo zu tauschen oder einen Jonas Hector gegen einen Andrés Iniesta. Allerdings bekommt nicht jeder den Spieler, den er noch braucht. Und das führt oft zum Streit und endet auch schon mal in einer Schulhofprügelei.
Manche Kinder ergeben sich dem Tauschrausch sogar so sehr, dass sie kein Gespür mehr dafür haben, was so ein Sticker wirklich wert ist. Das Fünferset kostet im Handel 70 Cent, doch in Esslingen hat eine Erstklässlerin vor Kurzem erst 50 Euro an einen Klassenkameraden gezahlt, um an drei Aufkleber zu kommen, die sie noch nicht hatte.

680 Bilder müssen gesammelt werden
Foto: Sebastian Gollnow/ dpaInsgesamt brauchen die Sammler 680 Fußballer-Bilder, das sind 40 mehr als bei der WM vor zwei Jahren und sogar 140 mehr als im EM-Album von 2012. Selbst, wenn sich keine Bilder doppeln, müssten die Sammler noch immer 95,20 Euro ausgeben, um ihr Album vollzubekommen.
Einige Schulen wollen den Sammelrausch nicht unterstützen und haben deswegen das Tauschen der Bildchen auf dem Schulgelände verboten. In der Iprump-Stickgras-Grundschule in Delmenhorst sammeln die Lehrer die Alben ein, wenn sie Schüler damit erwischen. Auch in der Grundschule Bogenstraße in Solingen ist das Tauschen verboten, weil sozial schwächere Kinder benachteiligt würden, argumentiert die Schulleiterin im "Solinger Tageblatt".
Der stellvertretende Leiter einer Grundschule in der Nähe von Osnabrück sagt, die Kinder würden auch im Unterricht tauschen und vergessen am Ende einer Stunde, die Hausaufgaben abzuschreiben, wie die "Neue Osnabrücker Zeitung" berichtet.
Lehrer kritisieren auch, dass der italienische Panini-Verlag bundesweit Alben verschickt hatte, die an die Schüler verteilt werden sollten, wie die "Süddeutsche Zeitung" meldet. Elternvertreter und Schulleiter bezeichneten solche Aktionen als Lockvogelangebote und unzulässige Werbung.

Panini-Sticker des portugiesischen Fussballnationalspielers Nani
Foto: Sebastian Gollnow/ dpaViele Schulen reagieren genervt, wenn sie Stellung zu dem Thema nehmen sollen. "Wir sagen dazu gar nichts mehr", heißt es vielerorts. Das Thema werde zu sehr hochgespielt.
Ursula Gärtner-Hoffmann, die Leiterin der Grundschule Bersenbrück, hat dennoch verraten, warum sie an ihrer Schule keine Sammelbilder duldet.
SPIEGEL ONLINE: Frau Gärtner-Hoffmann, warum haben Sie den Schülern das Tauschen von Panini-Bildchen verboten?
Gärtner-Hoffmann: Die Kinder können noch nicht mit den Bildern umgehen. Sie tauschen sie nicht nur, sondern streiten sich auch deswegen. Es kam sogar schon mal vor, dass Schüler sie zerrissen oder anders beschädigt haben. Außerdem will ich das Panini-Geschäftsmodell nicht unterstützen.
SPIEGEL ONLINE: Ihre Schüler sollen also überhaupt keine Sammler-Aufkleber kaufen?
Gärtner-Hoffmann: In ihrer Freizeit können sie das gern machen, das tun sie bestimmt auch. Aber in der Schule und auf dem Schulhof muss das nicht sein. Es ist eine Geldmacherei, wenn die Schüler ständig Sets nachkaufen müssen, weil ihnen ein Bild für ihr Album fehlt.
SPIEGEL ONLINE: Wann haben Sie sich für ein Verbot entschieden?
Gärtner-Hoffmann: Schon vor acht Jahren haben die Schüler Pokemon-Karten getauscht. Bereits damals gab es viel Streit, es wurden auch Alben geklaut. Deswegen habe ich mich dazu entschieden, den Tausch aller Sammelkarten zu verbieten.
SPIEGEL ONLINE: Warum diese Käseglocke? Solche Tauschgeschäfte könnten die Kinder doch auch auf das Leben vorbereiten.
Gärtner-Hoffmann: Das sehe ich anders: Die Kinder führen solche Verhandlungen ja ohne Erwachsene, also ohne Anleitung und Unterstützung. Wer kommunikativ nicht so gewappnet ist, zieht also den Kürzeren.
SPIEGEL ONLINE: Tja, so ist das Leben, könnte man in so einem Fall auch sagen. Wie reagieren die Schüler auf das Verbot?
Gärtner-Hoffmann: Die können das nachvollziehen und tauschen auch nicht heimlich auf dem Schulhof. Zumindest habe ich das noch nicht mitbekommen. Vielleicht konnten die Eltern ihre Kinder auch von dem Verbot überzeugen. In einem Brief an sie habe ich meine Gründe nachvollziehbar dargelegt.
SPIEGEL ONLINE: Hat Ihre Schule auch schon Sammelalben zugeschickt bekommen, die sie an die Kinder verteilen sollen?
Gärtner-Hoffmann: Unsere Schule noch nicht. Die würde ich auch umgehend zurückschicken.