Neue Pisa-Studie Deutsche Schüler holen auf

Deutsche Neuntklässler rechnen so gut wie Schüler in Finnland, Kanada und Polen - und damit deutlich besser als der Durchschnitt der Industrieländer. Das zeigt die neue Pisa-Studie. Der Abstand zu den asiatischen Spitzenreitern bleibt aber groß.
Schüler in Ravensburg: Deutsche Schüler rechnen vergleichsweise gut

Schüler in Ravensburg: Deutsche Schüler rechnen vergleichsweise gut

Foto: Felix Kästle/ dpa

Nein, wirklich, wir wissen nichts. Also so gut wie nichts. Und reden dürfen wir auch nicht darüber. Das war so ziemlich alles, was in den vergangenen Tagen herausdrang aus Bildungspolitik und Wissenschaft, wenn es um die neue Pisa-Studie ging. Jetzt hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Ergebnisse  offiziell vorgestellt - und Deutschland schneidet ziemlich gut ab.

Den Schwerpunkt des aktuellsten Schülerleistungsvergleichs legten die Tester auf den Mathe-Unterricht. Es zeigt sich: Deutsche 15-Jährige rechnen deutlich besser als der Durchschnitt der 65 getesteten Länder; sie haben in etwa einen Vorsprung von einem halben Schuljahr. Im Vergleich zur Testgruppe von 2003 haben sie sich verbessert. Allerdings ist der Abstand zur Spitzengruppe asiatischer Staaten wie Singapur, Korea und Japan größer als zur Durchschnittsgruppe, wo sich etwa Frankreich, Großbritannien und Island wiederfinden (Die Ergebnistabelle finden Sie am Ende dieses Artikels.).

Wie sich Deutschland seit dem Pisa-Schock vorgearbeitet hat

Auch in den Disziplinen Lesen und Naturwissenschaften liegt Deutschland über dem OECD-Schnitt und ist auf der Pisa-Skala weiter vorgerückt. Dieser Trend ist seit dem Pisa-Schock von 2001 zu beobachten: Die deutschen Schüler verbesserten sich im Durchschnitt um etwa 1,5 Punkte pro Jahr. Nun verbesserte sich Deutschland aufs Jahr gerechnet erneut um 1,4 Punkte in Mathematik, 1,8 Punkte im Lesen und 1,4 Punkte in den Naturwissenschaften - Zugewinne, die kaum ein anderes mitteleuropäisches Land erreicht. Am wenigsten Anlass zur Freude geben die Resultate noch beim Lesen; hier ist der Abstand zur Durchschnittsgruppe am geringsten.

Wie viel hätten Sie gewusst?
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Zwei Stunden, dutzende Fragen - der Pisa-Test ist eine harte Prüfung für 15-jährige Schüler. Hier können Sie sich durch Beispielfragen zu Mathematik, Naturwissenschaften und Leseverständnis knobeln.

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Doch die Bundesrepublik steht anders da als beim großen Pisa-Schock 2001, als die Ergebnisse erstmals vorgestellt wurden. Pisa vertrieb damals das Selbstbewusstsein und die Selbstgerechtigkeit, mit der die Deutschen lange auf ihr Schulsystem geschaut hatten. Seitdem erwarten Eltern, Schüler, Lehrer, Bildungspolitiker und Wissenschaftler die OECD-Zahlen eher mit bangem Blick. Auch weil die Studienautoren nicht nur Leistungen messen, sondern etwa auch den Zusammenhang von Herkunft und Bildungserfolg in den Blick nehmen.

Shanghai an der Spitze, Deutschland ziemlich gut

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Pisa-Ergebnisse 2013: Die Aufsteiger, die Absteiger, die Stehenbleiber

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Insgesamt stellte die OECD in dem aktuellen Bericht "große Unterschiede bei den Bildungsergebnissen" fest, sowohl "innerhalb der Länder als auch im Vergleich". Einige Länder hätten bewiesen, dass gleichbleibend starke Lernerfolge und schnelle Verbesserungen zugleich möglich seien. Die andauernde Wirtschaftskrise, so die OECD, zeige "die Dringlichkeit, in den Erwerb und Ausbau der Fähigkeiten der Bürger zu investieren".

Besonders gut ist diese Aufgabe nach den neu veröffentlichten Zahlen einigen ostasiatischen Ländern und Städten gelungen. Shanghai, Singapur, Hongkong und Korea stehen wieder an der Spitze der Rangliste und schafften es dennoch, von einem hohen Ausgangsniveau erneut große Zuwächse zu erzielen. Dadurch sind sie den besten europäischen Ländern, Liechtenstein und der Schweiz, ein gutes Stück enteilt. Allerdings sind die Lernmethoden in den Spitzenreiter-Ländern durchaus umstritten. Pädagogen kritisieren unter anderem den hohen Druck, unter dem Schüler zum Beispiel in Korea stehen.

Als Sieger dürfen sich nach Maßstäben der OECD auch Polen, Portugal oder Italien fühlen. Polen schnitt besser ab als das wohlhabende Deutschland, und die beiden südeuropäischen Länder verbesserten sich trotz widriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Frankreich hingegen verschlechterte sich in Mathematik und stagniert beim Lesen und in den Naturwissenschaften.

Für ein geteiltes Echo dürften die Pisa-Ergebnisse in vielen Ländern sorgen, die in der Schuldiskussion traditionell als Musterbeispiele genannt werden: Finnland, Australien, Neuseeland. Sie sind zwar immer noch gut, haben sich aber im Vergleich zu früheren Erhebungen verschlechtert. Regelrecht abgestürzt ist Schweden, auch ein Land, auf welches Bildungsreformer in der Vergangenheit gerne zeigten.

Die OECD verweist selbst darauf, dass geringe Punktunterschiede in der Rangliste statistisch nicht signifikant sind. Die Autoren der Pisa-Studie ordnen die Länder deshalb in Gruppen mit ähnlichen Leistungen ein - da findet sich Deutschland nun unter anderem auf einer Ebene mit Finnland und Kanada, zwei Nationen die in vorigen Erhebungen außer Reichweite schienen.

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