Pisa-Ergebnisse Jungs sind besser als Mädchen

Schule in Schweden: Warum sind Jungs besser als Mädchen?
Foto: CorbisJungen erzielen bei dem neuen Pisa-Test häufiger Höchstleistungen als Mädchen. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern für fast alle 44 teilnehmenden Länder. "Wir sollten darüber nachdenken, ob wir Jungen und Mädchen gleichermaßen zu Spitzenleistungen anspornen", sagt Francesco Avvisati, einer der Autoren der Studie.
Was bei der Auswertung der Pisa-Studie auffällt: Unter den leistungsstärksten 15-jährigen Deutschen sind deutlich mehr Jungen (60 Prozent) als Mädchen (40 Prozent). In fast allen teilnehmenden Ländern erreichten mehr Jungen Spitzenleistungen als Mädchen, unter den schwächsten Schülern verteilen sich Jungen und Mädchen hingegen gleichermaßen. Insgesamt zeigen Jungen eine größere Bandbreite an Leistungen, von sehr guten bis sehr schlechten, während Mädchen tendenziell eher im Mittelfeld verharren. Das kennt Studienautor Avvisati schon von früheren Pisa-Studien zur Mathe- und Lesekompetenz.
Für die Studie haben Schülerinnen und Schüler in Computeranimationen alltägliche Probleme gelöst, am Automaten eine Fahrkarte gekauft oder eine Klimaanlage bedient. So untersuchten die Forscher - wie auch schon im Jahr 2003 - die Problemlösekompetenz. Die Ergebnisse hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag vorgestellt.
Immer wieder untersuchen Bildungsforscher, wie sich die Leistungen von Jungen und Mädchen in der Schule unterscheiden. Mal gelten Mädchen als die neuen Sorgenkinder, mal Jungen. An der Pisa-Studie beteiligen sich alle drei Jahre weltweit Zehntausende 15-Jährige. Sie schreiben dabei auch Tests in Mathe und Naturwissenschaften, ihr Leseverständnis wird getestet. Diese Ergebnisse präsentierte die OECD bereits im vergangenen Dezember. Damals schnitten Jungen insgesamt besser in Mathe, Mädchen besser beim Leseverständnis ab. In den Naturwissenschaften machten die Forscher keinen klaren Vorteil für Jungen oder Mädchen aus.
Warum erzielen Jungen in dieser Auswertung häufiger Spitzenleistungen? Vielleicht hängt die Problemlösekompetenz mit einem Grundverständnis für Mathe zusammen, wo die Jungen auch leicht vorn liegen. Womöglich hat den Jungen auch geholfen, dass sie die Aufgaben am Computer lösen mussten. Avvisati und seine Kollegen können derzeit nur vermuten. Dafür schauen sie auch auf jene Länder, in denen Mädchen insgesamt besser abgeschnitten haben als Jungen. Darunter sind beispielsweise die Vereinigten Arabischen Emirate und Bulgarien. Das mag überraschen, liegt aber daran, dass hier insgesamt weniger 15-Jährige Spitzenleistungen erreicht haben. Die Mädchen im Mittelfeld ziehen den Schnitt nach oben.
Anders in Ländern wie Schweden, Norwegen und Finnland, Gesellschaften also, in denen Männer und Frauen schon relativ gleichgestellt leben: Hier landeten in der Spitzengruppe gleich viele Mädchen wie Jungen. Avvisati mutmaßt, dass die Lehrer hier gleich hohe Erwartungen an Jungen und Mädchen haben, dass die Lehrer Mädchen hier anders motivieren.
Oder ist es die Angst davor, Fehler zu machen, die Mädchen eher im Mittelfeld landen lässt? Denn die Autoren der Studie schreiben: Wer beim kreativen Problemlösen gut abschneiden will, der müsse offen für Neues sein, müsse "Zweifel und Ungewissheit zulassen und es wagen, intuitiv vorzugehen". Wenn die Mädchen nicht wagen, gewinnen sie nicht. Aber auch das ist nur eine Vermutung, betont Avvisati.
Was empfiehlt er nun den Lehrern? Sie sollten Jungen und Mädchen gleichermaßen ermutigen, fördern, unterstützen, sagt er. Und vielleicht sollten sie besonders Mädchen häufiger an ein altes Sprichwort erinnern: Aus Fehlern wird man klug.