Aufklärungsunterricht
EU kritisiert Polen wegen Gesetzentwurf zur Sexualkunde
Polen will Schüler vor "sexueller Verderbtheit und moralischem Verfall" bewahren - und droht Lehrern, die Sexualkunde unterrichten, mit drakonischen Freiheitsstrafen. Jetzt reagierte das EU-Parlament.
Das EU-Parlament hat den im polnischen Parlament diskutierten Gesetzentwurf zum Sexualkundeunterricht scharf kritisiert. Das geplante Gesetz ziele darauf ab, sexuelle Aufklärung für Minderjährige zu kriminalisieren.
Das geschehe "unter dem Deckmantel der Vorbeugung von Pädophilie", heißt es in einem Entschließungstext, der vom EU-Parlamentsplenum in Brüssel mit breiter Mehrheit angenommen wurde. Die Abgeordneten befürchten demnach auch eine weitere Stigmatisierung von homo- und transsexuellen Menschen in Polen.
Der umstrittene Gesetzestext sieht vor, Menschen, die "Geschlechtsverkehr von Minderjährigen öffentlich propagieren oder gutheißen, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren" zu belegen. Wer dazu seine berufliche Position nutzt, etwa als Lehrkraft in Schulen, soll noch härter bestraft werden können. Als Grund wird vor allem der Schutz für Kinder und Jugendliche "vor sexueller Verderbtheit und moralischem Verfall" angeführt.
Proteste gegen das geplante Gesetz zur Sexualkunde in Polen im Oktober 2019
Foto: Attila Husejnow/ ZUMA Press/ imago images
Das erzkatholische Bündnis "Stop Pädophilie" hatte den Gesetzentwurf in Polen mittels einer Bürgerinitiative eingebracht. Das von der rechtsnationalen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) dominierte Parlament debattierte im Oktober erstmals über den Text. Unter Federführung der polnischen Oppositionsparteien setzten Konservative, Liberale, Sozialdemokraten, Grüne und Linke das Thema daraufhin gemeinsam auf die Tagesordnung des EU-Parlaments.
Bereits im Oktober hatte das EU-Parlament hoch emotional über die jetzt angenommene Entschließung debattiert. PiS-Politiker verwiesen dabei auf das nationale Selbstbestimmungsrecht in Bildungsfragen und warfen insbesondere Grünen und Sozialdemokraten vor, eine pädophilenfreundliche Ideologie zu verteidigen. Dieser Diskurs wurde insbesondere von der rechtspopulistischen Fraktion Identität und Demokratie aufgenommen.
Die polnische Konservative Elzbieta Lukaciejwska beklagte hingegen, dass die Regierung ihres Landes rationalen und wissenschaftlichen Argumenten gegenüber taub sei, wenn sie glaube, dass ein Mangel an sexueller Aufklärung vor Pädophilie schütze. "Die polnische Regierung erzeugt Angst", sagte der deutsche Grüne Rasmus Andresen. Leidtragende davon seien besonders junge Frauen und Homosexuelle.