Schüleraustausch USA nach Bush-Sieg stärker gefragt

In den letzten Jahren sank das Interesse deutscher Schüler, ein Jahr in den USA zu verbringen. Einer neuen Umfrage zufolge ist die Flaute vorbei: Offenbar gibt die Wiederwahl von George W. Bush Eltern und Schülern ein größeres Sicherheitsgefühl.

Die Mehrheit der rund 50 deutschen Austauschorganisationen schätzt die Teilnehmerzahlen für den Schüleraustausch mit den USA optimistisch ein. Und das hat direkt mit dem Wahlsieg von George W. Bush zu tun: Zwar favorisierten die meisten deutschen Austauschschüler John Kerry, aber die Wiederwahl von Bush scheint Eltern wie Schülern ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität zu vermitteln.

Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Recherchen-Verlages, der auf Schüleraustausch spezialisiert ist, hervor. "Die Organisationen verzeichnen inzwischen wieder mehr Bewerbungsgespräche und Vertragsabschlüsse", sagte Verlagsmitarbeiterin Sylvia Schill gegenüber SPIEGEL ONLINE, "viele Eltern und Schüler haben sich die Entscheidung für ein Austauschjahr zunächst offengehalten, weil sie die weitere Entwicklung in den USA abwarten wollten." Noch sei der Trend "nicht richtig stabil", es gebe aber Indizien für einen Aufwind beim Schüleraustausch, so Schill.

Béatrice Durieux von der Austauschorganisation Aspects schränkte ein: "Das politische Interesse bei den Jugendlichen, die nach Amerika gehen möchten, ist nicht sehr hoch, und aus diesem Grund wird die Wahl keinen großen Einfluss auf die Schülerzahlen haben." Dennoch rechnen die Veranstalter mit einem Ende der seit Jahren anhaltenden Flaute, mit mehr Interesse und steigenden Teilnehmerzahlen. "Relevanter wären vielleicht die Folgen, sollte in der westlichen Welt wieder ein schwerer Terroranschlag geschehen", so Jan Helten von der Organisation Ayusa.

Bei Austauschprogrammen besuchen deutsche Schüler zwischen 15 und 18 Jahren für ein halbes oder ganzes Jahr eine Schule im Ausland und leben bei einer Gastfamilie. Nach Angaben des Recherchen-Verlages, der die Webseite www.schueleraustausch.de  betreibt, werden solche Aufenthalte von rund 70 Organisationen im deutschsprachigen Raum vermittelt. Sie kosten im Schnitt etwa 6500 Euro für Familienvermittlung, Betreuung und Flug. Hinzu kommen Taschengeld, Kleidung, Telefon - um die 10.000 Euro müssen Eltern also ausgeben, um ihrem Kind den Traum vom Auslandsjahr zu ermöglichen.

Traditionell entscheidet sich der weitaus größte Teil der Schüler - im Schuljahr 2004/05 knapp 8500 der insgesamt 10.000 Austauschschüler - für die USA. In den letzten drei Jahren verzeichneten die Austauschorganisationen aber drastische Rückgänge um bis zu 50 Prozent. Um die Vereinigten Staaten machten Schüler plötzlich einen großen Bogen, derweil stieg das Interesse an anderen englischsprachigen Ländern deutlich, vor allem an Kanada und Neuseeland.

Bei der Amerika-Flaute spielten neben der Furcht vor Terroranschlägen auch der Irakkrieg und das raue politische Klima in den USA eine Rolle; manche Gastschüler klagten gar über regelrechtes Mobbing gegen Deutsche. Sylvia Schill hält das allerdings für "reine Einzelfälle", insgesamt gebe es keineswegs ausgeprägte Konflikte zwischen deutschen und amerikanischen Schülern oder heftige Aversionen gegen Gastschüler aus Europa.


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