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Hund im Klassenzimmer: Mitschüler auf vier Pfoten

Foto: Sebastian Gollnow/ dpa

Vierbeiner im Unterricht Lehrer sind auf den Hund gekommen

Entspannter, ruhiger Unterricht: Dafür soll Hündin Naya an einer Schule in Tübingen sorgen. In ganz Deutschland setzen Lehrer mittlerweile Vierbeiner als Assistenten ein. Regeln dafür gibt es kaum.

Die Schüler der 6c arbeiten an diesem Morgen ausgesprochen ruhig. Wer etwas von Lehrerin Bettina Rebstock wissen will, winkt sie zu sich und flüstert. Ein Grund für die ungewöhnliche Ruhe ist Naya. Die schwarze Mischlingshündin sitzt an zwei Tagen pro Woche mit im Unterricht. Für viele Schüler der Gemeinschaftsschule West in Tübingen gehören diese zu den schönsten Tagen der Woche.

Rebstock hat die Hündin vor rund fünf Jahren aus einem Tierheim in Spanien geholt und von Anfang an mit in die Schule genommen, um sie an die Kinder zu gewöhnen. Sie ist überzeugt, dass Hunde eine positive Wirkung auf das Sozialverhalten von Schülern haben. Die Stille im Klassenraum scheint ihr Recht zu geben. Schülerin Albina weiß, warum alle so leise sind: "Hunde haben viel bessere Ohren als Menschen." Lärm tue ihnen weh.

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Hund im Klassenzimmer: Mitschüler auf vier Pfoten

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Für Schulhunde gibt es bisher keine einheitlichen Regeln in Deutschland. Hündin Naya musste keine besondere Ausbildung durchlaufen, denn in Baden-Württemberg gilt: Hunde müssen lediglich vom Schulleiter, der das Hausrecht in der Schule hat, erlaubt werden. Statistisch erfasst werden sie nicht.

Das erst vor wenigen Monaten gegründete "Qualitätsnetzwerk Schulbegleithunde" verzeichnet deutschlandweit 349 Schulen, die Hunde im Unterricht einsetzen. Und die Zahl nehme zu, sagt die Vorsitzende der Internationalen Gesellschaft für tiergestützte Therapie, Andrea Beetz.

Die Psychologin habilitierte sich in der Sonderpädagogik an der Universität Rostock zum Thema Mensch-Tier-Beziehungen. Sie ist davon überzeugt, dass sich Schüler durch die Anwesenheit von Hunden entspannen. Allerdings kritisiert sie auch, dass an Schulen häufig ungeeignete Hunde mit nicht dafür qualifizierten Lehrern im Einsatz seien und fordert entsprechende Standards.

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Der Schulleiterin der Gemeinschaftsschule West in Tübingen, Angela Keppel-Allgaier, ist das Vertrauen zum Lehrer wichtiger als eine besondere Ausbildung. Das Schulhund-Projekt von Bettina Rebstock habe sie nur genehmigt, weil sie wisse, dass diese als Lehrerin ausgesprochen strukturiert arbeite und pädagogisch versiert sei.

"Unsere Schüler bringen viele Belastungen mit", sagt Keppel-Allgaier. Hündin Naya helfe dabei, sie Zuneigung und Geborgenheit spüren zu lassen. Und die Schüler lernten außerdem, Verantwortung zu übernehmen, Grenzen zu setzen und selbst Regeln einzuhalten: Zwei Kinder haben Hundedienst, wenn Naya ihren Schultag hat. Sie bleiben in der Pause mit ihr im Klassenzimmer, geben ihr etwas zu trinken und spielen mit ihr.

Der Dienst ist so beliebt, das mittlerweile die Regel gilt: Wer Geburtstag hat, darf ihn übernehmen. Naya kommt auch zum Einsatz, wenn ein Kind besonders aufgeregt ist. "Ich sage dann: Setz dich mal zu Naya, nimm dir eine Auszeit, streichle sie", sagt Rebstock. Das beruhige.

Um Vorbehalte von Eltern aufzulösen, ist Hündin Naya auch beim Elternsprechtag dabei. Und die Eltern haben ein Mitspracherecht: Sie werden vor dem Schuljahr gefragt, ob ihre Kinder in die Klasse mit Hund wollen und dürfen.

Für Naya seien die Schultage zwar anstrengend, sagt Rebstock. Wenn das Stress-Level steige, lege die Hündin ihre Ohren an, dann könne sie reagieren. Und hinter ihrem Pult steht ein Körbchen, in das sich Naya zurückziehen kann. "Ich glaube schon, dass sie ganz gern herkommt", sagt Rebstock.

dpa/koe/vet

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