Personalmangel Hunderte Schulen haben keinen Direktor

In NRW ist jede neunte Rektorenstelle an Grundschulen unbesetzt, in anderen Bundesländern sieht es laut einem Zeitungsbericht ähnlich aus. Warum finden sich keine Interessenten? Gewerkschafter glauben, den Grund zu kennen.
Grundschule: "Höchste Unterrichtsverpflichtung"

Grundschule: "Höchste Unterrichtsverpflichtung"

Foto: Jens Kalaene/ picture alliance / dpa

Berlin - An vielen Grundschulen in Deutschland fehlt der Chef oder die Chefin, Hunderte Leitungspositionen sind unbesetzt. Besonders betroffen ist Nordrhein-Westfalen, wo Ende Januar an 328 von 2891 staatlichen Grundschulen ein Rektor fehlte - also an fast jeder neunten. Das geht aus einer Umfrage unter den Kultusministerien hervor, die die "Welt am Sonntag" durchgeführt hat. Die Lehrergewerkschaft Bildung und Erziehung (VBE) sieht das Problem als hausgemacht an.

In Niedersachsen waren laut der Zeitung im Herbst 132 von rund 1700 Rektorenstellen nur kommissarisch besetzt, in Sachsen waren es 44 Stellen, in Sachsen-Anhalt 39, in Thüringen 31, in Mecklenburg-Vorpommern 18, in Brandenburg 12 und in Bremen vier. In Berlin fehlen 30 Schulchefs. Damit waren in der Hauptstadt, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt jeweils rund acht Prozent der Stellen nur kommissarisch besetzt. In Bayern soll nur eine "kleine zweistellige Zahl" fehlen, andere Länder konnten oder wollten keine Angaben machen.

Der VBE-Bundesvorsitzende Udo Beckmann hat den Ländern bei der Besetzung von Schulleiterpositionen "Dornröschenschlaf statt überzeugender Handlungskonzepte" vorgeworfen. Wie er bei der Vorstellung einer eigenen Umfrage zu dem Thema  im Februar sagte, würden besonders an Grundschulen ausgeschriebene Schulleiterstellen gar nicht oder nur mit sehr gutem Zureden wieder besetzt.

Die Rektorenstellen seien denkbar unattraktiv: "Von den Betroffenen wird im wahrsten Sinne des Wortes die volle Führungsverantwortung, oft sogar die volle Unterrichtsverpflichtung, erwartet", sagte Beckmann, "das jedoch ohne wertschätzende Bezahlung, ohne notwendige Leitungszeit und ohne Vorbereitung auf und Begleitung im neuen Berufsfeld."

"Lehrpersonen an Grundschulen - und das sind überwiegend Frauen - haben die höchste Unterrichtsverpflichtung, stehen aber bei der Bezahlung am unteren Ende", sagte VBE-Bundesfrauenvorsitzende Jutta Endrusch anlässlich des Weltfrauentags . "Der öffentliche Arbeitgeber mutet ihnen eine Bezahlung nach Schuhgröße ihrer Schüler zu. Dieselbe Logik steckt dahinter, wenn Grundschulleiterinnen für ihre Führungsaufgaben keine Leitungszeit und keine Bezahlung erhalten."

In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel erhielten Grundschulrektoren eine Amtszulage von 155,09 Euro brutto im Monat, berichtet die "Welt am Sonntag". Wer in dem Bundesland in Vollzeit eine kleine Grundschule leite, erhalte ein A12-Gehalt von 4025 Euro im Monat plus Zulagen.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version wurde ein nicht korrekter Vergleich der Gehälter eines Studienrats und eines Grundschulrektors gezogen. Wir haben den Fehler korrigiert und bitten um Entschuldigung.

abl/dpa

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