Schulessen Im Müll statt im Magen

Rund ein Viertel des Schulessens an Ganztagsschulen landet in der Tonne, wie eine neue Studie zeigt. Sie gibt auch Antworten auf die Frage: Was können Schulen dagegen tun?
Schulmensa in Baden-Württemberg

Schulmensa in Baden-Württemberg

Foto: Franziska Kraufmann/ picture alliance / dpa

Wo landet das Schulessen, im Magen oder im Müll? An elf Ganztagsschulen in Nordrhein-Westfalen haben Forscher wochenlang den Mensabetrieb beobachtet. Das Ergebnis: Rund 25 Prozent der Speisen wird nicht gegessen, sondern bleibt übrig oder kommt als sogenannter "Tellerrest" zurück.

"Hochgerechnet auf alle deutschen Ganztagsschulen entspricht dies rund 29.000 Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr oder umgerechnet 22 Kilogramm pro Ganztagsschüler", schreiben die Forscher. Der Wertverlust dieser Lebensmittelabfälle belaufe sich auf rund 57,8 Millionen Euro.

Dabei handele es sich jedoch nur um Schätzungen, sagt Frank Waskow von der Verbraucherzentrale NRW, die an der Studie beteiligt war. Die Untersuchung an den elf Ganztagsschulen sei nicht repräsentativ, sondern gebe vor allem einen Einblick in die Mensaabläufe und mache deutlich, wie die Abfälle entstehen.

Gründe für die Abfallentstehung

Die Quote von rund einem Viertel nicht gegessener Speisen liegt im Mittelfeld älterer Untersuchungsergebnisse. "Je nach Studie werden 18 bis 46 Prozent der Lebensmittel und Speisen in der Schulverpflegung entsorgt", sagt Frank Waskow. Entsprechende Untersuchungen hatte es bereits in Finnland, Schweden, Großbritannien und auch in Deutschland gegeben.

Die neue Studie, die im Rahmen des Forschungsprojekts ReFoWas  ("Reduce Food Waste") erstellt wurde, sollte vor allem die Gründe für die Verschwendung ermitteln - und Auswege zeigen. Eines der wichtigsten Ergebnisse: "Die Höhe der Lebensmittelabfälle hängt stark vom Standort und der Struktur der jeweiligen Schulen, Küchen und Caterer ab."

Schwierig werde es, wenn die Mitarbeiter keinen Überblick über Art, Menge und Wert der entstehenden Abfälle hätten. Denn dies sei die Voraussetzung, um den übriggebliebenen Anteil deutlich reduzieren zu können. "Auch die genaue Zahl der Verpflegungsteilnehmer ist nur selten bekannt, sodass in der Folge sicherheitshalber zu große Speisemengen produziert werden", schreiben die Forscher.

Mensen und Schulen müssen umdenken

Für Frank Waskow ist deshalb klar: "Wenn man die Abfälle spürbar reduzieren will, muss man die einzelnen Akteure mit ins Boot holen und schulspezifische Maßnahmen entwickeln."

  • So sollte die Essenszeit klar von der Freizeit der Schüler getrennt werden. Zeitlich und räumlich muss es eindeutige Unterschiede geben, für die Ausgabe der Mahlzeiten braucht man klare Spielregeln.
  • Die Pausen müssen lang genug sein, um in Ruhe essen zu können. 29 Prozent der Schüler berichteten von Pausenzeiten unter 30 Minuten, weitere 32 Prozent von unter 45 Minuten - anders gesagt: Für fast zwei Drittel ist das Mittagessen in der Mensa mit Stress verbunden. Die Folge: Die Schüler nehmen zu viel auf den Teller - oder lassen das Mittagessen gleich ganz ausfallen.
  • Die Schüler sollten Rückmeldungen über ihre Abfälle erhalten - indem sie diese selbst entsorgen, zusätzlich aber beispielsweise auch über ein "Abfallbarometer", das die Menge der Lebensmittelabfälle pro Tag anzeigt.

Zusätzlich empfehlen die Forscher organisatorische Maßnahmen: von Service-Schulungen der Mitarbeiter über einen gesteigerten Wohlfühlfaktor in der Mensa bis zu Weiterbildungen für die Köche. "Auch eine bessere Qualität der Speisen kann Lebensmittelabfälle reduzieren", sagt Frank Waskow.

In einer zweiten Phase der Studie werden jetzt vier ausgewählte Schulmensen über mehrere Wochen begleitet. Zusammen mit externen Köchen schauen die Forscher dann, welche Abläufe sich wie verbessern lassen, um Abfälle zu vermeiden - erste Ergebnisse sollen noch vor den Sommerferien vorliegen.

him
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