Schulleistungen von Ausländerkindern Die zweite Generation wird abgehängt
Die Bildungschancen für Migrantenkinder sind an Deutschlands Schulen schlechter als in anderen Ländern. Nach einer heute vorgestellten Sonderauswertung der internationalen Pisa-Studie gehört Deutschland zu den Staaten, in denen die Leistungsunterschiede zwischen Schülern mit Migrationshintergrund und den einheimischen Schülern am stärksten ausgeprägt sind.
Über 25 Prozent der Schüler der ersten Generation, die nicht in Deutschland geboren sind und deren Eltern aus dem Ausland stammen, erreichen der Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) zufolge in Mathematik nicht das Basisniveau. Unter den Jugendlichen der zweiten Generation, die also hier geboren sind, liegt der Anteil sogar bei mehr als 40 Prozent.
Der Leistungsunterschied zwischen der ersten und zweiten Generation dürfe aber nicht so interpretiert werden: "Die Situation der Migranten wird schlechter, je länger sie in Deutschland sind", sagte die Ko-Autorin der Studie, Petra Stanat. Es handele sich nicht um eine Langzeitstudie, sondern um einen Vergleich zweier unterschiedlich zusammengesetzter Kohorten zu einem bestimmten Zeitpunkt (2003). Die erste Generation sei demnach von Aussiedlerkindern dominiert, während die zweite Generation von türkischen Kindern geprägt sei.
Die OECD-Bildungsforscher sehen keinen grundsätzlichen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Zuwanderer und den Leistungsunterschieden zwischen ausländischen und einheimischen Schülern. Die Ergebnisse widerlegten die Annahme, wonach sich ein hohes Zuwanderungsniveau im Allgemeinen negativ auf die Integration auswirke.
So waren etwa in den klassischen Einwanderungsländern Australien, Kanada und Neuseeland die Leistungen der Schüler mit Migrationshintergrund mit denen der einheimischen Schüler vergleichbar. Für die Sonderauswertung der bereits vorliegenden Pisa-Studie wurden die Erfolgschancen von Migrantenkindern in 17 Ländern verglichen.
Besonders extrem ist laut Studie der Leistungsabstand zwischen einheimischen und Migrantenkindern dann, wenn in der Ausländerfamilie zu Hause nicht Deutsch gesprochen wird. 15-jährige Schüler aus Migrationsfamilien liegen dann in Mathematik im Schnitt mit ihren Leistungen drei Jahre hinter den gleichaltrigen Einheimischen.
Die Bundesregierung kündigte als Konsequenz aus dem Befund an, sie wolle die Bildungschancen von Migrantenkindern verbessern. Deren frühe Förderung müsse "hohe Priorität haben", sagte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). Der Vizepräsident der Kultusministerkonferenz, Berlins Bildungssenator Klaus Böger (SPD), betonte: "Der Schlüssel für Bildungserfolg und Integration ist die Kompetenz in der deutschen Sprache." Dies unterstreiche der Bericht.
Die Staatsministerin für Integration, Maria Böhmer (CDU), betonte: "Alarmierend dabei ist vor allem, dass hier geborene Kinder ausländischer Eltern, die von Anfang an das deutsche Schulsystem durchlaufen haben, in ihren Leistungen schlechter sind als Kinder, die später aus dem Ausland zugewandert sind."
jaf/cvo/AFP/ddp/dpa