
Bildband über Schwestern Sie lieben sich, sie hassen sich

Rochelle und Sabrina liegen eng umschlungen mit geschlossenen Augen auf einem Sofa. Es sind nur ihre Gesichter zu erkennen, die beiden wirken friedlich, harmonisch, fast wie ein Liebespaar. Aber Rochelle und Sabrina sind kein Liebespaar, sie sind Schwestern.
Die Londoner Fotografin Sophie Harris-Taylor hat sie mit vielen anderen Paaren für ihren Bildband "Sisters" porträtiert. Inspiriert wurde Harris-Taylor durch die komplizierte Beziehung zu ihrer eigenen Schwester. Mit ihrem Projekt wollte sie herausfinden, warum andere Schwestern ein besseres Verhältnis zueinander haben.
Sie startete in verschiedenen sozialen Medien einen Aufruf und suchte nach Teilnehmerinnen: Die Resonanz war erstaunlich. 80 Schwesternpaare und -gruppen hat die Fotografin für ihr Projekt besucht, rund die Hälfte davon schafften es in ihren Bildband. Harris-Taylor zeigt Schwestern aller Altersstufen, unterschiedlicher Generationen und verschiedener Kulturen.
Sie lichtete die Mädchen und Frauen in ihren eigenen Häusern und Wohnungen ab - mal im Schlafzimmer, Wohnzimmer, im Garten oder im Treppenhaus. Beim Fotografieren nutzte sie ausschließlich natürliches Licht, damit erzeugt sie einen ehrlichen und intimen Eindruck und ermöglicht dem Betrachter einen unverhüllten Blick in die Beziehung der Geschwister.
Zu jedem Porträt hat Harris-Taylor kurze Texte und Zitate der Schwestern gestellt. Sie handeln von angespannten Momenten, Eifersüchteleien, Ängsten, Kindheitserinnerungen, aber auch Untrennbarkeit. Da ist zum Beispiel Flo, die über ihre Schwester Lizzie sagt: "In der Gesellschaft von Lizzie bin ich wahrscheinlich glücklicher und zufriedener als bei jedem anderen Menschen."
Flo wuchs als Jugendliche mehrere Jahre allein mit Lizzie auf - ohne die Eltern. Die ältere Lizzie übernahm die Verantwortung für sie. Das Foto der beiden spiegelt diese Rollenverteilung: Die große Schwester steht hinter der sitzenden kleinen, hat schützend ihren Arm um sie gelegt.
Clare und Juliet führen ein ganz anderes Leben als Lizzie und Flo. Wegen ihrer Behinderung kämpfte die jüngere Clare immer um Unabhängigkeit, wurde auf ein Internat geschickt, während die ältere Juliet die Familie unterstützen musste. Das Porträt der beiden zeigt die Distanz zwischen den Frauen: Mit verschränkten Händen sitzen sie nebeneinander, nur ihre Arme berühren sich, Juliets Kopf ist leicht ihrer Schwester zugewandt.
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25.01.2021 19.38 Uhr
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Auch wenn jede der Beziehungen einzigartig ist, erkannte Harris-Taylor auch Gemeinsamkeiten: Viele sagen ihrer Schwester ungeschönt die Meinung, sie sind ehrlicher zueinander als zu nahen Freunden. In schweren Zeiten unterstützen sie sich gegenseitig, ungeachtet aller Differenzen. Und die meisten verspüren eine bedingungslose Zuneigung zur anderen, egal, wie oft sie sich streiten.
Die Fotosessions seien teilweise sehr emotional gewesen, sagt Harris-Taylor. Sie habe mit den Schwestern gelacht, diskutiert und geweint. Obwohl sich viele von ihnen häufig miteinander austauschen, hätten wenige ihre Beziehung bislang gemeinsam reflektiert. "Es fühlte sich fast wie eine kleine Therapiesitzung an", sagte die Fotografin. In keiner anderen Beziehung liegen Liebe und Hass wohl so nah beieinander.
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Rochelle (links) und Sabrina haben ein enges Verhältnis zueinander: "Wir treffen uns jeden Montag, rücken die Welt wieder gerade, bringen uns auf den neuesten Stand, beschweren uns und weinen."
Kate (rechts): "Ich bin neidisch, aber nicht auf eine negative Art. Ich denke, dass Anna unglaublich talentiert und schön ist. Und ich bin ziemlich neidisch, dass sie größer ist als ich und mehr Sommersprossen hat."
Anna: "Bei mir ist es genau dasselbe. Ich bin neidisch, weil Kate besser aussieht,
talentierter ist und als Überflieger der Familie gilt."
Für viele ist die Schwester die engste Vertrauensperson und diejenige, bei der man sich nicht verstellen muss. Flo (vorne) sagt über ihre ältere Schwester: "In Lizzys Gesellschaft bin ich wahrscheinlich glücklicher und zufriedener als bei jedem anderen."
Harris-Taylor versuchte verschiedene Altersstufen, unterschiedliche Generationen und verschiedener Kulturen abzubilden. Die 12-jährige Unity (rechts) sagt über ihre kleine Schwester: "Manchmal, wenn ich wütend bin, kann ich sehr schnell mit Zita sprechen, weil sie es trotzdem versteht. Wir lesen einander vor. Ich weiß genau, wie sie denkt."
Anne (links) und Meng waren schon immer sehr unterschiedlich, trotzdem stehen sie sich sehr nah. Anne sagt: "Ich war nie auf eifersüchtig auf sie." Meng hingegen: "Ich war immer eifersüchtig auf sie."
Jessie ist erst acht Monate alt, die Beziehung zu der 17-jährigen Schwester Grace muss erst wachsen. Jessie sagt: "Sie ist so jung, sie hat noch keine richtige Persönlichkeit."
Harris-Taylor besuchte nicht nur Schwesternpaare, sondern auch -gruppen. Bea (Mitte links) ist eine von sechs Schwestern. Über ihre eigene Zukunft sagt sie: "Ich werde sieben Kinder, drei Hunde, eine Katze, zwei Schafe und einen Hamster haben, aber ich möchte vielleicht auch Kinder adoptieren."
Die beiden Schwestern führen sehr unterschiedliche Leben. Clare (links) musste aufgrund ihrer Behinderung immer um Unabhängigkeit kämpfen, während Juliet sich um ihre ganze Familie kümmerte.
Clare (links): "Du bist sehr hilfsbereit und nett." Juliet: "Ich dachte, du sagst jetzt ich sei eine alte Schreckschraube."
Coco (rechts) und Mimi schlafen gerne in einem Zimmer, dann reden sie stundenlang und spielen. Die 9-Jährige sagt über ihre kleine Schwester "Sie wäre gerne wie ich."
Sam (links) und Vicky wurden nur mit einem Jahr Abstand geboren und arbeiten beide in der PR. Trotzdem sind sie sehr unterschiedlich. Vicky überlegt umzuziehen: "Ich weiß aber nicht, ob ich das schaffen könnte, weil ich nicht in ihrer Nähe sein könnte. Es wäre komisch."
In ihrem Bildband Sisters, erschienen bei Hoxton Mini Press, zeigt Harris-Taylor insgesamt 42 Schwesternkonstellationen.