Sprechen Sie jugendlich? Check das pornös aus!
Manchmal sprechen Jugendliche eine Sprache, die außer ihnen niemand versteht. Es gibt sogar Lexika, in denen die Verlage dem Jugendjargon nachspüren - "ungefiltert, unverfälscht, unzensiert". Und die den Verdacht nähren, dass Leute unter 20 die Wörter ohne Übersetzung selbst kaum verstehen.
Nachlesen kann man da, dass ein "Achselmoped" ein Deoroller ist, der "Zickenrumble" ein Streit unter Mädchen, der "Asselanzug" ein normaler Trainingsanzug. "Pornös" heißt: großartig. Und der "Zipfelzwicker"? Eine zu enge Badehose.
Das klingt seltsam ranzig, manches durchaus lustig - aber es fällt schwer, sich einen Jugendlichen vorzustellen, der sie im Ernst benutzt. Eltern, die ihre Tochter nicht mehr verstehen, sollten nicht zu viel Hoffnung in solche Büchlein setzen. Jugendsprache ist gerade keine Fremdsprache, die man lernen kann und zu fast jedem Wort eine Entsprechung hat.
Trotzdem benutzen Jugendliche oft Begriffe, die langsam in die Sprache der Erwachsenen hinüberwandern. Und noch öfter sind Begriffe aus der Jugendsprache einfach beißende Satire. Der SchulSPIEGEL hat zwei Lexika getestet: Das "Wörterbuch der Jugendsprache" (Pons) und "Hä? Jugendsprache unplugged" (Langenscheidt). Jetzt testen wir Sie:
Wenn Jugendliche richtig ins Quasseln kommen, verstehen Erwachsene oft nur Bahnhof. SPIEGEL ONLINE gibt Ihnen Nachhilfe - testen Sie selbst, wie gut Sie Bescheid wissen: im SchulSPIEGEL-Jugendsprache-Quiz. Machen Sie mit, und gewinnen Sie ein Auto, eine Kreuzfahrt oder eine Kaffeemaschine. Und unter den ersten 20 Einsendern verlosen wir die beiden Wörterbücher - zur Weiterbildung.
In vier Duellen lassen wir außerdem in dieser Woche Schüler und Erwachsene gemeinsam rätseln, was welches Jugendwort wohl bedeutet - einen Fußballer und seinen Trainer, eine 14-Jährige und ihre Oma, einen Poetry-Slam-Gewinner und seinen Deutschlehrer. In der ersten Begegnung treten heute eine Turbo-Abiturientin und ein Gesamtschullehrer an:
Lehrer vs. Abiturientin - "Mein Dude hat wie blöd gebollert"

Lehrer Roman und Schülerin Marthe: "Jetzt bloß keine Paras schieben"
Foto: SPIEGEL ONLINESPIEGEL ONLINE: Los geht's, erster Satz:"Alter, die Knödelfee hat es echt voll hingewaffelt."
Marthe: Nie gehört.
Roman: Ich auch nicht. "Die Knödelfee ..."
Marthe: ... Knödelfee klingt nach einer Frau, die alles hinschmeißt. Vielleicht eine Köchin?
Roman: Ich habe an unsere Schulkantine gedacht, wenn das Essen so auf den Teller geklatscht wird.
SPIEGEL ONLINE: "Knödelfee" heißt "Dicke Frau". Und "hingewaffelt" bedeutet, dass sie hingefallen ist.
Marthe: Immerhin - wir haben beide an Essen gedacht. Jugendlichen denken ja auch dauernd ans Essen.
SPIEGEL ONLINE: Nummer zwei - "Die Himmelhenne schickt das Krampfadergeschwader aber ganz schön."
Roman: Bitte noch einmal.
SPIEGEL ONLINE: "DIE HIMMELHENNE SCHICKT DAS KRAMPFADERGESCHWADER ABER GANZ SCHÖN."
Marthe: Das klingt, als ob jemand gelangweilt im Konfirmandenunterricht sitzt.
Roman: "Krampfadergeschwader", das sind alte Menschen, und zwar eine ganze Gruppe. "Himmelhenne"? Vielleicht bedeutet das so viel wie schlechtes Wetter, Hagel oder so? Ich würde das so übersetzen: "Der Regen treibt die alten Leute durch die Gegend" - und dann müssen sie sich unterstellen.
SPIEGEL ONLINE: "Himmelhenne" bedeutet Nonne und "schicken" so viel wie nerven oder stressen.
Roman: Schicken kenne ich nur vom Fußball - "schick ihn die Linie lang!"
SPIEGEL ONLINE: Wie wäre es damit: "Mein Dude hat gestern wieder wie blöd gebollert. Tja, jetzt hängt er zu Hause und ist fröhlich am Bogenhusten."
Marthe: Ich hab's. "Dude" bedeutet Freund, man sagt: "Hey, Dude" zur Begrüßung oder so. "Bollern" heißt, dass er sich betrunken hat. Und "Bogenhusten", dass er jetzt kotzen muss.
"Dein Blechpickel stört ein wenig beim Züngeln"
SPIEGEL ONLINE: Stimmt genau. Dann nimm dies: "Du, dein Blechpickel stört ein wenig beim Züngeln."
Roman: Das ist ein Zungenpiercing, das beim Küssen stört.
SPIEGEL ONLINE: Marthe, würdest du den Satz so sagen?
Marthe: Nein, aber ich verstehe ihn. "Züngeln" ist geläufig, aber kein nettes Wort, man sagt das mit einem schlechten Gewissen: "Ich hab' am Wochenende wieder rumgezüngelt, total eklig."
SPIEGEL ONLINE: Jetzt ein langer Satz:"Siehst du die Duschlampe dahinten? Die mit dem Schlampenstempel? Genau, die mit der Panzerkette im Gesicht. Ich glaube, die hat sogar einen Ritzenflitzer an. Die ist vielleicht eine Netzhautpeitsche."
Marthe: Okay ... also "Duschlampe" ist ein Wortspiel, das ist wie "Nachtischlampe" - soll ein wenig netter klingen, als wenn man nur "Schlampe" sagen würde. "Schlampenstempel" hört sich an wie "Arschgeweih", das ist ein Steiß-Tattoo.
Roman: "Ritzenflitzer" ist ein Tangaslip. Aber "Netzhautpeitsche", das ist wohl ein eher hässlicher Mensch, und ...
Marthe: ... sehr gemein.
Roman: Sagt auch keiner.
SPIEGEL ONLINE: Was würdet ihr denn sagen?
Roman: Ich spreche ja keine Jugendsprache.
Marthe: Wir verstärken alles mit "derbe": derbe hässlich, derbe schnell. Ist eher ein Hamburg-Wort. In München oder Duisburg benutzen das die jungen Leute nicht so. In Berlin sagen alle "aggro".
SPIEGEL ONLINE: Wie wäre es hiermit: "Jaja, jetzt schieb mal keine Paras. Wir finden schon eine Schmetterbox für dich."
Roman: "'Schieb mal keine Paras" heißt "Reg dich nicht auf", "Sei nicht paranoid". Aber "Schmetterbox"? Keine Ahnung. Handy? MP3-Player?
Marthe: Ich denke eher an etwas Lautes, einen Lautsprecher oder einen Ghettoblaster. Richtig?
"Ich habe einen totalen Festplattenabsturz
SPIEGEL ONLINE: Nö. "Schmetterbox" ist eine Toilette. Nächster Versuch: "Ich habe einen totalen Festplattenabsturz" - "Kein Wunder, du hast ja auch die ganze Nacht durchgeaxtet."
Marthe: "Festplattenabsturz" bedeutet Black-out oder so etwas. Und "durchgeaxtet" vielleicht ... durchgetrunken?
Roman: Durchgesoffen.
Marthe: Gekifft?
SPIEGEL ONLINE: Alles falsch.
Roman: Crack geraucht? Nein. Kurze getrunken? Oder irgendeine Steigerung von Alkohol?
SPIEGEL ONLINE: "Axten" heißt hart arbeiten. Weiter mit einem ähnlichen Thema:"Du siehst heute irgendwie müde aus - back dir ein Eis."
Roman: "Back dir ein Eis" heißt so viel wie "Leck mich".
Marthe: Echt jetzt?
SPIEGEL ONLINE: Stimmt. Oder "Lass mich in Ruhe".
Roman: Das ist uralt. Ich kenne das seit 1983: "Back dir ein Eis", "Kauf dir einen Keks", "Geh dir Affen braten".
SPIEGEL ONLINE: Und die "Rentner-Bravo"? Findet ihr die auch "zum Abschimmeln"?
Roman: Rentner-Bravo? Ist das die "Gala"?
Marthe: Hätte ich auch getippt.
SPIEGEL ONLINE: Stimmt aber nicht.
Roman: Die "Bild"-Zeitung?
SPIEGEL ONLINE: Nein.
Roman: "Zeit"? "Stern"? "Geo"? "Brigitte"? (Pause) SPIEGEL?
SPIEGEL ONLINE: Es ist die "Apotheken-Umschau".
Roman: Das ist alles so Fünfte-, Sechste-Klasse-Humor. Wenn man älter als zwölf ist, findet man das einfach nicht mehr witzig. Ich glaube, dass jeder Mensch sehr unterschiedliche Sprachmodi hat und sich der Situation anpasst. In der Häufung, in der diese Wörter in so einem Buch auftauchen, wirkt das natürlich eher konstruiert und wie eine Freak-Show.
SPIEGEL ONLINE: Würdet ihr einem Erwachsenen empfehlen, eines der Lexika zu kaufen, um Jugendliche besser zu verstehen?
Marthe: Nein, auf keinen Fall. Ich finde, da ist sehr viel an den Haaren herbei gezogen. Bei einigen Wörtern denkt man: Wäre ja ganz lustig, wenn Jugendliche so sprechen würden - aber das tun sie eben nicht.
Roman: Ein Sinn von Jugendsprache ist, sich gegen eine andere, offizielle Sprache abzugrenzen. Man will gar nicht unbedingt verstanden werden.
Lesen Sie Mittwoch im zweiten Jugendsprache-Duell: Julian Heun, 18, ist Deutschlands aktueller Slam-Poetry-König. Und trifft Deutschlehrer Roland Jerzewski, 57.
Drittes Duell am Donnerstag: Anne Wagner, 14, und ihre Oma Sabine Hambrecht, 63.
Letztes Duell am Freitag: Fußballtorwart Tom Tholl, 14, rätselt mit seinem Trainer Stephan Bartels, 40.