Zufriedene Lehrerin: Sind Lehrer weniger unglücklich als vermutet?
Foto: Corbis"So kaputt sind unsere Lehrer", "Arbeiten am Limit", "Stress-Protokoll-Schule" - wenn über Lehrer berichtet wird, zeichnen die Berichte oft ein einheitliches Bild: gestresst, überfordert, ausgelaugt, unglücklich. Wissenschaftler der Universität des Saarlandes zweifeln an solchen Berichten über chronisch überlastete Pädagogen. Mit einer repräsentativen Studie zeigen sie: Lehrer sind offenbar sehr zufrieden - trotz Schulstress'.
Die Forscher Johannes Schult, Manuela Münzer-Schrobildgen und Jörn Sparfeldt vom Fachbereich Bildungswissenschaften arbeiteten für ihre Studie "Belastet, aber hochzufrieden?" mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels. Dafür werden seit 1984 dieselben Personen und Familien befragt, aktuell sind es rund 25.000 zufällig ausgewählte Erwachsene. Zwischen 2006 und 2011 beantworteten sie Fragen zu Beruf und Arbeitsbelastung, im Jahr 2006 waren darunter 425 Lehrer.
Die Antworten der Lehrer verglichen die Forscher mit anderen Berufsgruppen: mit Erziehern, weil sie ähnlich pädagogisch arbeiten, mit Pflegern, weil sie ähnlich viele soziale Kontakte haben. Außerdem bezogen die Forscher Ärzte ein, weil sie gesellschaftlich eine ähnlich herausgehobene Stellung haben wie Lehrer, Verwaltungsbedienstete, weil sie auch im öffentlichen Dienst arbeiten, sowie Ingenieure, weil sie eine ähnliche Ausbildung absolviert haben.
Das Ergebnis überraschte die Forscher:
Die Forscher schlussfolgern: Angesichts einer "vergleichsweise hohen Arbeitszufriedenheit" scheine es übertrieben, "von einer generellen Gratifikationskrise bei Lehrern zu sprechen". Wobei sie einschränkend hinzufügen: Lehrer könnten unter weiteren Belastungsfaktoren leiden, die in dieser Studie nicht abgefragt wurden.
Andere Studien kamen in der Vergangenheit zu ganz anderen Ergebnissen. So stellte der renommierte Aktionsrat Bildung erst Anfang April eine Metastudie vor: "Die Analysen sind besorgniserregend", sagte Dieter Lenzen, Vorsitzender des Aktionsrats und Professor der Erziehungswissenschaften. Das Gutachten des Aktionsrat betonte, viele Beschäftigte im Bildungswesen litten unter chronischem Stress und psychischen Beeinträchtigungen. Studien, in denen Berufsgruppen verglichen werden, hätten gezeigt, dass Beschäftigte im Bildungswesen subjektiv besonders stark belastet sind.
Die Forscher aus dem Saarland vermuten, dass derartige Studien oft nicht repräsentativ sind. Womöglich nähmen vor allem besonders gestresste Lehrer an Stress-Umfragen teil. Diese Antworten stünden dann aber nicht stellvertretend für alle Lehrer in Deutschland.
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