Südkorea Greise Erstklässlerinnen retten Grundschule
Südkorea hat eine der niedrigsten Geburtenraten weltweit, das macht sich auch in den Schulen bemerkbar. In einer Grundschule auf dem Land fehlte der Nachwuchs - eine Gruppe Seniorinnen sprang ein.
Die Südkoreanerin Hwang Wol-geum fährt morgens mit drei ihrer Familienmitglieder im selben Bus zur Schule. Während die in den Kindergarten und die dritte und fünfte Klasse verschwinden, nimmt Hwang selbst in der ersten Klasse Platz - obwohl sie schon 70 ist und zwei ihrer Schulkameraden ihre Enkel sind.
Hwang und acht Frauen zwischen 56 und 80 sind laut einem Bericht der "New York Times" seit Frühjahr die neuen Erstklässlerinnen in einer Grundschule im Landkreis Gangjin ganz im Süden der Republik.
Die Seniorinnen sichern damit den Erhalt der Schule, sagt Schulleiterin Lee Joo-young der BBC. Denn zu Beginn des letzten Schuljahrs habe es keinen Nachwuchs für die erste Klasse gegeben. Das Land hat eine der niedrigsten Geburtenraten weltweit, das mache sich insbesondere in den ohnehin dünn besiedelten ländlichen Regionen bemerkbar.
"Die einzigen Schüler, die um mehr Hausaufgaben bitten"
Von der Idee, dann eben die Alten zu beschulen, profitieren Hwang und ihre Mitschülerinnen sehr: Sie sind zuvor nie oder nur kurz zur Schule gegangen. Aus kulturellen und sozialen Gründen erhielten zu der Zeit vorrangig die Söhne armer Familien Bildung, berichtet die Schulleiterin. Die Töchter mussten sich um jüngere Geschwister kümmern, wenn die Eltern arbeiten gingen.
"Sie sind sehr lernbegierig", sagt die Klassenlehrerin Jo der "New York Times" über ihre greisen Erstklässlerinnen. "Sie sind wahrscheinlich die einzigen Schüler, die hier um mehr Hausaufgaben bitten."
"Die Schule macht so viel Spaß", sagt die 70-Jährige Hwang. Ihr Sohn Kyong-deok bestätigt: "Meine Mutter ist seit ihrem Schulbeginn ein viel glücklicherer Mensch geworden."
Die Frauen lernen nicht nur mit viel Enthusiasmus lesen und schreiben - sondern entdecken auch eine neue Welt.
"Ich konnte bisher kein einziges Schriftzeichen", sagt Erstklässlerin Hwang Bok-nim. Jetzt beschreibe sie seitenweise die Rücken alter Wandkalender, sagt die 75-Jährige laut BBC. Und sie habe gelernt, den Bus in die Hauptstadt Seoul zu nehmen. "Wäre ich erst 60, würde ich jetzt noch studieren."
sun