"Gesellschaft ohne sexuelle Unterschiede" Vatikan warnt vor Gendertheorie an Schulen

An Schulen werde eine "Ideologie" unterrichtet, die den Unterschied zwischen Mann und Frau leugne und Familien destabilisiere, heißt es in einem offiziellen Dokument des Vatikans. Der Leitfaden wird scharf kritisiert.
Mädchen und Jungen im Unterricht: "anthropologische Grundlage der Familie eliminiert"

Mädchen und Jungen im Unterricht: "anthropologische Grundlage der Familie eliminiert"

Foto: Robert Daly/ Iconica/ Getty Images

Der Vatikan hat einen Leitfaden veröffentlicht, der scharf vor der Vermittlung der Gendertheorie an Schulen warnt. Die Annahme, dass Menschen ihr Geschlecht wählen oder wechseln könnten, sei eine "Ideologie, die den Unterschied (...) in der Natur eines Mannes und einer Frau leugnet und eine Gesellschaft ohne geschlechtliche Unterschiede vorsieht und somit die anthropologische Grundlage der Familie eliminiert".

An Schulen mache sich beim Thema Sexualität ein "Bildungsnotstand" breit, heißt es in dem rund 30-seitigen Dokument. Es trägt den Titel "Als Mann und Frau schuf er sie" und wurde von der Kongregation für das Katholische Bildungswesen erstellt, einer zentralen Behörde der römisch-katholischen Kirche. Sie warnt darin vor der "weitverbreiteten Tendenz, die Unterschiede zwischen Mann und Frau auszulöschen, indem man sie als bloße historisch-kulturelle Konditionierung versteht".

Das Papier soll allen interessierten Lehrern, Eltern, Schülern und anderen Akteuren im Bildungsbereich helfen, argumentativ gegen Theorien vorzugehen, wonach das Geschlecht durch soziokulturelle Faktoren bestimmt werde. Der Vatikan setzt demnach im Umgang mit der Gendertheorie nach eigenen Angaben auf einen "Dialog", auf "Zuhören, Reflexion und Vorschläge".

"Der Vatikan bleibt im Mittelalter"

Papst Franziskus hat wiederholt Kritik an der Gendertheorie geäußert. 2016 warf das Oberhaupt der katholischen Kirche Frankreich vor, die Gendertheorie an Schulen zu verbreiten. Französische Schulbücher würden eine "hinterlistige Indoktrinierung mit der Gendertheorie" betreiben. Homosexuell zu sein oder sein Geschlecht zu ändern, sei "eine Sache", "ein Unterricht auf dieser Linie" sei jedoch etwas anderes.

Der Verband New Ways Ministry, der für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) in der katholischen Kirche einsteht, kritisierte den nun vorgestellten Leitfaden . Die "Fehlinformation in dem Dokument wird dazu führen, dass Familien ihre Kinder ablehnen" und Homosexuelle sowie Transgender weiter diskriminiert würden.

"Der Vatikan bleibt im Mittelalter, fördert die falsche Lehre und stützt sich auf Mythen, Gerüchte und Unwahrheiten", warnte der Verband. Menschen wählten ihr Geschlecht nicht aus, wie der Vatikan behaupte, sie entdeckten es im Laufe ihres Lebens. Ob jemand Mann oder Frau sei, werde nicht nur durch sichtbare Genitalien bestimmt, sondern auch durch "Genetik, Hormone und Chemie - Dinge, die bei der Geburt nicht sichtbar sind".

lov/AFP/dpa
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