478 Kilometer Quälerei Neuzeit-Legionäre ziehen über die Alpen
"Das ist einfach furchtbar!" Josef Löffl würde seine Legionärsstiefel wohl am liebsten gegen ein Paar bequeme Turnschuhe eintauschen. Doch die alten Römer sind vor 2000 Jahren nicht mit Luft in den Sohlen über die Alpen gezogen, also tut es der Regensburger Geschichtsstudent auch nicht. Weiter geht der Marsch im Namen der Wissenschaft.
Zusammen mit elf weiteren Latein-, Geschichts- und Archäologiestudenten will Löffl in vier Wochen von Regensburg nach Trient laufen. 478 Kilometer müssen die modernen Legionäre zurücklegen - und das mit einer 25 Kilogramm schweren Rüstung am Leib, von Proviant und Zelten ganz zu schweigen.
Autsch! Nägel der Stiefel graben sich ins Fleisch
Auf dem Gewaltmarsch wollen die Studenten hautnah erleben, welche Strapazen römische Soldaten auf dem Weg nach Süden überstehen mussten. Und bereits am zweiten Tag ihrer Reise wird deutlich, dass die Gebirgsüberquerung eine echte Tortur gewesen sein muss. Schon graben sich die Nägel, die die Lederstiefel zusammenhalten, ins Fleisch. Die Tragestangen für die Ausrüstung schnüren durch ihr Gewicht das Blut im Halsbereich ab und verursachen schlimme Schmerzen.
"Von Schweiß kann schon nicht mehr die Rede sein", sagt Löffl, "das sind Sturzbäche. Entweder waren die Legionäre Übermenschen oder wir machen etwas falsch." Erreichen die Regensburger Römer erst die Berge, dürften sich die Sturzbäche in reißende Ströme verwandeln. Über Augsburg, Garmisch-Partenkirchen und Bozen soll es nach Trient gehen. Höchster Punkt der anstrengenden Route ist mit 1374 Metern der Brenner. "Wenn wir den schaffen, sind wir Helden", meint Löffl.
Die Nächte verbringen die Regensburger Römer in Zelten, die den antiken Unterkünften der Soldaten nachempfunden sind - wie der Rest der Ausrüstung. Schilde, Schwerter, Helme und Beinschienen entsprechen ebenfalls den Originalen. Deshalb hat es auch drei Jahre gedauert, die Expedition vorzubereiten: Zuvor mussten sämtliche Ausrüstungsgegenstände nachgebaut werden.
Auf den Spuren von Kaiser Septimius Severus
Auch der Speiseplan ist karg und römisch gehalten. Morgens, mittags und abends gibt es leckeren Getreidebrei, um herauszufinden, ob die Soldaten tatsächlich satt wurden. Die eintönige Diät müssen laut Löffl aber nicht alle Teilnehmer des Marsches einhalten: "Nur einer muss die Originalernährung durchziehen, weil er seine Abschlussarbeit darüber schreibt."
Nur beim Thema Sicherheit greifen die Studenten auf die Segnungen der Moderne zurück. Das Mobiltelefon hat Löffl immer dabei, an jedem Etappenziel wartet außerdem ein Arzt, der die Blessuren des Tages behandelt. So wollen die Legionäre der Wissenschaft bis Trient durchhalten, das Mitte September erreicht werden soll.
Als Vorbilder dienen dem tapferen Dutzend die Soldaten des späteren römischen Kaisers Septimius Severus. Der hatte vor knapp 2000 Jahren einen Feldzug nach Rom angeführt, um mit den Legionen aus dem Donauraum dem Bürgerkrieg in der Reichshauptstadt ein Ende zu machen.
Bis ins über 1000 Kilometer entfernte Rom werden sich die Studenten aber nicht quälen. Auch Opfer für die Wissenschaft haben eben ihre Grenzen.