Wiener Akademikerball Oberstes Gericht bestätigt Urteil gegen Josef S.

Zu einem Jahr Freiheitsstrafe war Josef S. wegen seiner Beteiligung an Krawallen gegen den rechten Akademikerball verurteilt. Nun ist das Urteil rechtskräftig. Thüringens Ministerpräsident erklärt sich mit dem Studenten solidarisch.
Josef S.: Kritisch beäugt zum Prozessbeginn im Sommer 2014

Josef S.: Kritisch beäugt zum Prozessbeginn im Sommer 2014

Foto: Herbert Neubauer/ dpa

Wien - Der deutsche Student Josef S., der nach einer Demo gegen den Wiener Akademikerball der rechtspopulistischen Partei FPÖ zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, ist mit seinem Einspruch beim Obersten Gerichtshof (OGH) gescheitert.

Der Schuldspruch gegen den 24-Jährigen wegen Landfriedensbruchs, schwerer Körperverletzung und schwerer Sachbeschädigung ist damit rechtskräftig. Einzig am Strafmaß von zwölf Monaten Gefängnis, davon acht Monaten auf Bewährung, könnte sich noch etwas ändern. Über diesen weiteren Einspruch gegen das Urteil wird das Wiener Oberlandesgericht innerhalb der kommenden drei Monate entscheiden.

S.' Einspruch beim OGH wies das Gericht am Dienstag in einer nichtöffentlichen Sitzung zurück , wie der Österreichische Rundfunk berichtet. Mit einer Nichtigkeitsbeschwerde hatte S. versucht, Verfahrensfehler wie etwa eine fehlerhafte Würdigung von Beweisen geltend zu machen.

S. war im Juli nach mehr als einem halben Jahr Untersuchungshaft in Wien als Rädelsführer der Krawalle gegen den von der FPÖ veranstalteten Burschenschafterball von Anfang 2014 verurteilt worden. Er soll selbst Polizisten verletzt, die Eingangstür einer Polizeiinspektion beschädigt, die Scheiben von Polizeiautos zerstört und andere Demonstrationsteilnehmer zu Straftaten angestiftet haben.

Thüringen ist mit dem Studenten "solidarisch verbunden"

Richter und Schöffen am Wiener Straflandesgericht sahen die Straftaten als erwiesen an, das Verfahren war allerdings sehr umstritten: Die Anklage stützte sich einzig auf die Angaben eines Polizisten, der bei den Demonstrationen in Zivilkleidung im Einsatz war. Seine Aussage wog schwerer als alles, was die Verteidiger von S. vorbringen konnten. S. war auf keinem der zahlreichen Fotos und Videos bei Straftaten zu sehen, zudem verwickelte sich der Zeuge in Widersprüche.

Beobachter des Prozesses in Österreich und Deutschland kritisierten die politische Dimension des Verfahrens. In der Anklageschrift war von bürgerkriegsähnlichen Zuständen die Rede, die Staatsanwaltschaft musste sich den Vorwurf gefallen lassen, zu polemisieren. S. galt ihr als linksradikaler Krawalltourist und nicht als Demonstrant gegen eine Tanzveranstaltung einer rechtsgerichteten Partei.

Für den Studenten könnte die Verurteilung weitere unangenehme Folgen haben. Der Tageszeitung "taz" sagte er, infolge seiner Verurteilung sei ihm "eine Rechnung über fast 10.000 Euro  für ein demoliertes Polizeiauto zugestellt" worden. Von dem Einspruch beim OHG hatte er sich auch eine Annullierung dieser Rechnung erhofft.

Auf Einladung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) und seiner Amtsvorgängerin Christine Lieberknecht (CDU) war S. am Dienstag gemeinsam mit seinen Eltern in der Thüringer Staatskanzlei zu Gast. "Mir ist es wichtig, dass junge Menschen nicht wegsehen, wenn es gilt, nationalistischen und faschistischen Umtrieben in Europa entgegenzutreten", sagte Ramelow im Anschluss an das Treffen. In einer auf Facebook veröffentlichten Mitteilung  hieß es, der Freistaat sei "solidarisch mit Josef S. verbunden".

epe
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