Forderung des Aktionsrats Bildung Gebt den Unis das Kommando

Teuer, bürokratisch, inneffizient: Bislang kontrollieren private Agenturen die Qualität an Deutschlands Studiengängen. Schon lange wird das kritisiert. Jetzt fordert der Aktionsrat Bildung: Lasst die Unis sich selbst überwachen.
Qualität gesichert? Der Aktionsrat Bildung kritisiert die Akkreditierung von Studienplätzen

Qualität gesichert? Der Aktionsrat Bildung kritisiert die Akkreditierung von Studienplätzen

Foto: Waltraud Grubitzsch/ picture-alliance/ dpa/dpaweb

Hochschulen in Deutschland sollen künftig die Qualität ihrer Lehre selbst überprüfen, das fordert zumindest der Aktionsrat Bildung. Die Studiengänge sollen so verbessert und den Universitäten mehr Eigenverantwortung gegeben werden, so steht in einem Gutachten, das der Aktionsrat am Dienstag in München vorgestellt hat.

Bisher ist es so, dass private Agenturen Unis kontrollieren und Studiengänge akkreditieren; so sollen sie sicherstellen, dass die Fächer den Standards entsprechen. Die Agenturen beauftragen dabei Hochschuldozenten, Studenten und Vertreter aus der Berufspraxis, Akkreditierungsanträge zu begutachten.

Der Aktionsrat Bildung bezweifelt allerdings, dass die bislang angewandte kleinteilige und bürokratische Untersuchung jedes einzelnen Studiengangs wirklich eine Verbesserung für die Unis bedeutet. Der Rat ist ein politisch unabhängiges Expertengremium, das von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft finanziert wird. Zu den Autoren des Gutachtens zählen renommierte Bildungsexperten und Hochschulprofessoren wie Hans-Peter Blossfeld, Wilfried Bos und Dieter Lenzen.

Im Prinzip unterliegen alle Studiengänge einem Akkreditierungszwang - davon ausgenommen sind nur die staatlich geregelten Studiengänge wie Lehramt, Medizin und Jura, die Studiengänge mit kirchlichem Abschluss und die künstlerischen Studiengänge an Kunst- und Musikhochschulen. Bisland sind allerdings nur 50 Prozent aller rund 14.000 Bachelor- und Masterstudiengänge akkreditiert, heißt es in dem Gutachten. Was auch daran liegen könnte, dass die Hochschulen die Kosten für das Verfahren selbst tragen müssen. Über die Summe gibt es unterschiedliche Angaben: Der Rechnungshof geht von 6.000 Euro aus, Hochschulen nennen Summen von bis zu 20.000 Euro je Studiengang.

Hochschulrektoren kämpfen schon länger für interne Kontrolle

Der Aktionsrat Bildung empfiehlt nun in seinem Gutachten die bisherige Praxis zu beenden. Die Experten wünschen sich einen gemeinnützigen "Verein zur Qualitätssicherung im Hochschulwesen" und einen "Qualitätsrat". Der Verein sollte sich ihrer Meinung nach aus Vertretern der Hochschulrektoren- sowie der Kultusministerkonferenz zusammensetzen, in dem Qualitätsrat sollten Vertreter aus Wissenschaft, Bund und Ländern sitzen.

Die Akkreditierungsagenturen sollen demnach nicht ganz aufgelöst werden, sondern sich zu Auditierungsagenturen weiterentwickeln, die mit Fachexperten besetzt sein sollen. Alle sieben Jahre sollen sie Unis überprüfen, wobei die Teilnahme an diesem Verfahren nicht erzwungen werden soll. Die Experten sollen "Impulse setzten für Selbstreflexion und Diskussion, für eine eigene Profilbildung und für einen nachhaltigen Strukturaufbau." Die Kosten sollen Bund und Länder tragen.

Auch die Hochschulrektorenkonferenz setzt sich für die interne Qualitätsüberprüfung ein. Präsident Horst Hippler verwies auf die enormen Kosten, die das alte System mit sich bringe.

Aber würden die Unis die Aufgabe überhaupt ernst nehmen? Ja, sagt zumindest Alfred Gaffal, der Präsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft: "Qualität lässt sich durch ein hohes Maß an Eigenverantwortung steigern. Wie Unternehmen sind auch Hochschulen für die Qualität ihrer 'Produkte', der Studiengänge, verantwortlich. Sie sind ihr Aushängeschild im Wettbewerb um die besten Köpfe", so Gaffal.

Bevor die privaten Agenturen übernahmen, hatten Länder und Hochschulen die Qualität der Studiengänge gemeinsam durch sogenannte Rahmenprüfungsordnungen gesichert. Mit der Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge lösten die Agenturen dieses System ab - eine Entscheidung, die immer wieder teils scharf kritisiert wurde. So sagte der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes (DHV), Bernhard Kempen, schon vor über drei Jahren im Interview über die Akkreditierung: "Diesen Unsinn brauchen wir nicht mehr." Er forderte damals: "Lasst die Hochschulen selbst ein Instrument der Qualitätssicherung aufbauen."

fln/dpa
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