Baden-Württemberg
Tausende Studenten bekommen Geld zurück
Bis zu 200 Euro Rückzahlung wegen verfassungswidriger Gebühren, da freut sich der Studentenhaushalt. Lange können sie sich über den Geldsegen allerdings nicht freuen, denn die Landesregierung hat sich schon eine neue, höhere Gebühr ausgedacht.
"Wenn ich jemandem Geld gebe und dann irgendwann rauskommt, dass es nicht rechtmäßig eingefordert wurde, kann es doch nicht meine Aufgabe sein, hinter meinem Geld herzulaufen." Holger Ladners Feststellung klingt einleuchtend, doch der Sprecher der Landes-Konferenz der Allgemeinen Studierendenausschüsse (AStA) Baden-Württemberg weiß selbst, dass es wohl so nicht funktionieren wird. Er hofft trotzdem, dass es nicht Aufgabe der ASten ist, alle Studierenden zu finden, die in den vier Semestern 1997 und 1998 jeweils 100 Mark für ihre Rückmeldung zahlten.
An der Uni Konstanz rechnet der AStA damit, dass nur etwa 30 Prozent der Studierenden ihr Geld zurückfordern werden. "Die Landesregierung wird sich vermutlich auch nicht darum bemühen, dass mehr Studenten davon erfahren", meint Timo Heger vom AStA der Uni Mannheim. "Die rechnen natürlich damit, dass sie nicht alles zurückzahlen müssen." Trotzdem muss die Landesregierung mit Kosten in Höhe von 35 Millionen Euro rechnen.
Keine Aussicht auf Zinsen
Das Bundesverfassungsgericht hatte im März entschieden, dass die Rückmeldegebühren verfassungswidrig seien. Die Summe von 51 Euro stehe im krassen Gegensatz zu den tatsächlichen Verwaltungskosten von etwa vier Euro. Rückzahlungsforderungen können bis zum 1. Januar 2007 gestellt werden.
Damit es Geld gibt, muss jeder ein Formular ausfüllen, das von den Verwaltungen der Hochschulen zur Verfügung gestellt wird. Darauf müssen nur Matrikelnummer, Adresse und Kontonummer eintragen werden. Viele ASten haben bereits angekündigt, eine Vorlage ins Internet zu stellen. Stefan Freudenberg vom AStA der Uni Konstanz erklärt: "Wir prüfen noch, ob es nicht einen Anspruch auf Zinsen gibt. Da das aber im Moment schlecht aussieht, werden wir auch das offizielle Formular benutzen."
Die Studentenvertreter hatten kaum Zeit, sich über ihren Sieg vor Gericht zu freuen, da erwartete sie schon die nächste Überlegung der Landesregierung: 75 Euro "Verwaltungspauschale". "Das ist natürlich ein Hammer", sagt Stefan Freudenberg. "Die Landesregierung versucht mal wieder Haushaltslöcher zu stopfen. Diesmal sind die Studenten dran. Beim nächsten mal eine andere Gruppe." Mit seinen Kollegen im Konstanzer AStA plant er schon die nächsten Protestaktionen.
"Das ist ein Hammer"
Die Studentenvertreter stellen sich darauf ein, dass die Landesregierung nicht noch mal einen juristischen Fehler macht. Trotzdem sollen auch diesmal zunächst so genannte Treuhand-Konten eingerichtet werden. Die Studierenden zahlen die Gebühr erstmal an diese vom AStA eingerichteten Konten. Je nach Eingang der Zahlungen wird klar, wie viele Studierende sich am Protest beteiligen wollen. Sind es zu wenig, geht das Geld weiter an die Universität. Sind es mehr als zum Beispiel 50 Prozent wird das als Druckmittel benutzt. Das Geld wird nicht weitergeleitet und die Uni muss sich überlegen, ob sie die Hälfte ihrer Studenten exmatrikulieren will.
Für Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) gibt es eine einfache Begründung für die neuen Gebühren: "Wir brauchen das Geld", sagte er der "Stuttgarter Zeitung". Die Regierung aus CDU und FDP rechnet mit Einnahmen von 16,5 Millionen Euro für die Landeskasse. Schon zum Wintersemester 2003/2004 soll das neue Gesetz in Kraft treten. Ohne die Mehreinnahmen müssten Angebote der Hochschulen eingeschränkt werden, sagte Frankenberg.
Nach dem Urteil aus Karlsruhe fürchten nun auch Berlin und Brandenburg um die Einnahmen aus der Rückmeldegebühr. Auch hier müssen die Studierenden 51 Euro pro Semester zahlen. "Das Urteil gibt Anlass zur Besorgnis", sagte ein Sprecher der Freien Universität Berlin nach der Verkündung im März. Niedersachsen macht sich dagegen keine Sorgen. Hier heißt die Gebühr "Verwaltungskostenbeitrag" und ist nach Meinung der niedersächsischen Hochschulen juristisch kaum angreifbar.