Berlin Humboldt-Uni verklagt eigene Studenten

Die Studentenvertreter der Humboldt-Universität halten ihre Nachnamen geheim - angeblich zum Schutz der Daten vor der AfD. Die Leitung der Hochschule will das nicht akzeptieren.
Campus der Humboldt-Universität in Berlin

Campus der Humboldt-Universität in Berlin

Foto: Franka Bruns/ ASSOCIATED PRESS

An der Berliner Humboldt-Universität (HU) eskaliert ein Konflikt zwischen der Hochschulleitung und den Studentenvertretern. Weil der sogenannte ReferentInnenRat (Refrat), die Regierung der studentischen Selbstverwaltung, sich weigert, dem Uni-Präsidium die Nachnamen seiner Mitglieder zu verraten, will HU-Präsidentin Sabine Kunst die Herausgabe der Namen durch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht erzwingen.

Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk  monierte Kunst am Sonntag mangelnde Transparenz im Refrat, der an anderen Universitäten oft den Titel Allgemeiner Studierendenausschuss (Asta) trägt. Die Hochschule könne ihrer Aufsichtspflicht gegenüber der Studierendenvertretung ohne Kenntnis der Namen nicht nachkommen, sagte sie.

Die Mitglieder des Refrats argumentieren indes, sie hätten ein Recht auf Datenschutz. "Wir sind denjenigen sehr wohl namentlich bekannt, die es etwas angeht - den Studierenden der HU", schreibt das Gremium in einer Mitteilung . "Wir wollen jedoch nicht namentlich bekannt sein bei denjenigen, deren politische Feind_innen wir sind und die uns verunglimpfen wollen."

Druck von der AfD

Gemeint sein dürfte damit der Politiker Martin Trefzer, der für die Berliner AfD-Fraktion im Parlament der Stadt sitzt. Trefzer hatte am 26. Januar in einer Kleinen Anfrage  an den Senat die Vor- und Zunamen der studentischen Vertreter von HU, Technischer Universität (TU) und Freier Universität (FU) abgefragt. Der Senat antwortete  am 14. Februar, dass die Unis bislang keine Angaben zu den Vertretern gemacht hätten.

FU und TU erklärten später, aus Datenschutzgründen die Informationen nicht weiterzugeben. Sie erwähnten nicht, ob ihnen selbst die Namen der Studentenvertreter bekannt seien.

Die HU indes wurde durch die Anfrage offenbar aufgeschreckt. Sie habe den betroffenen Studenten in einem Gespräch deutlich gemacht, dass der Datenschutz bei öffentlichen Ämtern nicht greife, schreibt die "Welt". 

Gegenüber dem Deutschlandfunk  betonte Kunst nun, die Hochschulleitung wolle die Namen keineswegs an die AfD weiterleiten, nachdem sie sie in Erfahrung gebracht habe. Sie wolle einfach nur wissen, wer eigentlich die Mitglieder des Refrats seien.

Studenten unter Klüngelverdacht

Die Studentenvertreter stellen die Situation anders dar. Ihren Angaben zufolge haben sie der Universitätsleitung wiederholt angeboten, Namen zu übermitteln, sofern diese ihnen eine Garantie gebe, die Daten nicht an die AfD weiterzugeben. Man habe darauf aber nie eine Antwort erhalten.

Welche der Darstellungen stimmt, lässt sich vorerst nicht klären. Klar ist, dass auch der Refrat schon länger in der Kritik steht. Die Studentenzeitung "Unaufgefordert" hatte den Studentenvertretern bereits Ende 2017 in einem langen Artikel   vorgeworfen, intransparent zu arbeiten.

Es sei nicht nachvollziehbar, wie lange Referenten und Referentinnen ihre Ämter innehätten und welche Aufwandsentschädigungen sie dafür bekämen, schrieb "Unaufgefordert" seinerzeit.

Die Amtszeit im Refrat sei eigentlich auf zwei Jahre begrenzt. Es gebe aber offenbar Mitglieder, die sich über einen deutlich längeren Zeitraum die Posten hin- und herschöben. Ein Studierender zum Beispiel sei insgesamt acht Jahre im Refrat gewesen.

Insgesamt scheint der Eklat an der Humboldt-Uni für alle Beteiligten recht peinlich zu sein. Für die Leitung der Hochschule, die zugeben musste, wie wenig sie über die studentischen Vertreter weiß. Und für die Mitglieder des Refrats, die den Verdacht ausräumen müssen, das Gremium zum Teil für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen.

ssu
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