Lehrpläne in BWL Gedöns mit Arbeitnehmern

Ich wollte was mit Zahlen machen: BWL-Studenten in Hildesheim
Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / dpaGewinne maximieren, Kosten drücken und immer wieder Steuern sparen. Im Studium der Betriebswirtschaftslehre lernen die Manager von morgen, wie sie eine Firma erfolgreich leiten. Doch ein Bereich spielt dabei kaum eine Rolle, obwohl es dazu sogar ein eigenes Gesetz gibt: die Betriebsverfassung. Betriebsräte und Co. sind für BWLer oft kein Thema.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die die Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat. Die Stiftung steht den deutschen Gewerkschaften nahe.
Allerdings führen die Autoren der Studie, Martin Allespach und Birgitta Dusse von der Europäischen Akademie der Arbeit in Frankfurt, wichtige Gründe für ihre Kritik an dem Fachbereich an. Sie schreiben: Ein Studium, das sich mit der Führung von Menschen befasse und zugleich die Frage nach demokratischen Prinzipien in Unternehmen zumindest mehrheitlich ausklammere oder als notwendiges Übel betrachte, "befördert ein Denken, das demokratischen Abstimmungen und Verhalten entgegensteht".
Für die Studie wurden Ausbildungsinhalte von mehr als 50 Studiengängen an 25 deutschen Hochschulen rekonstruiert, etwa durch die Analyse von Studienhandbüchern und sogenannten Modulhandbüchern. Wenn das Thema Interessenvertretung darin thematisiert werde, dann meist im Zusammenhang mit Arbeitsrecht, Personalmanagement und ethischer Unternehmensführung. Diese Veranstaltungen seien meist nicht verpflichtend, monierten die Forscher.
Betriebsräte würden meist nur als "Rahmenbedingungen" von Entscheidungsprozessen des Managements beschrieben, gelegentlich sogar "direkt als Störfaktor oder Hemmschuh". Nur in den wenigsten BWL-Studiengängen werde Mitbestimmung dagegen "gestalterisch begriffen".
"Kein grundsätzlicher Bestandteil der Lehre"
Das Fazit der Forscher: In BWL würden demokratische Beteiligung am Arbeitsplatz, Betriebsräte, Betriebsverfassung und kollektives Arbeitsrecht zwar nicht völlig ausgeklammert. Sie seien jedoch kein "grundsätzlicher Bestandteil" der Lehrpläne.
Die Wirtschaftswissenschaften müssen sich in letzter Zeit immer wieder für ihre Ausrichtung rechtfertigen. Nach der Finanzkrise von 2008 stand vor allem die Volkswirtschaftslehre in der Kritik, weil nur wenige ihrer Vertreter den Absturz der Weltwirtschaft vorhergesagt hatten.
Die herrschende Lehre in den Wirtschaftswissenschaften sei zu stark auf Zahlen fixiert, so die Kritik, und übersehe dabei oft, dass diese vermeintlich unbestechlichen Fakten auch das Produkt ideologisch geprägter Annahmen sind. Dabei werde der "weiche" Faktor Mensch entweder ausgeblendet oder in weltfremde Annahmen übersetzt. Das klassische Beispiel ist das Modellbild vom Homo oeconomicus, der stets zum eigenen Vorteil entscheide und für seine Entscheidungen umfassend informiert sei.
Inzwischen versuchen kritische Wirtschaftswissenschaftler, etwa das Netzwerk "Plurale Ökonomik", eine breitere Diskussion über die eigenen wissenschaftlichen Grundannahmen in Gang zu setzen.