
Studenten-Oscars: Star-Aufgebot ohne Star-Allüren
Deutsche beim Studenten-Oscar Trauerspiel Kinderlosigkeit
Wenig Zeit, wenig Geld, schlechtes Wetter und skeptische indische Behörden - schlechte Voraussetzungen für drei Hamburger Filmemacher und ihr Projekt. Das Ergebnis ist trotzdem ein kleines Kunstwerk: der Kurzfilm "Raju" steht nun im Finale der Studenten-Oscars.
Mitten im indischen Kalkutta haben drei Absolventen der Hamburg Media School mehrere Monate lang geschuftet, um ihr Projekt zu realisieren: Den Kurzfilm "Raju", der die Problematik des Kinderhandels ins Bewusstsein der Menschen bringen soll. Der Lohn für ein Jahr harte Arbeit ist jetzt eine Teilnahme am Finale der Studenten-Oscars inklusive etwas Rampenlicht. "Das Einzige, was man für den Film bekommen kann, ist ein bisschen Ruhm, deshalb ist das umso schöner", sagt Regisseur und Drehbuchautor Max Zähle.
In der Hamburg Media School knallten nach der Nachricht am Dienstag die Sektkorken. Gemeinsam mit Produzent Stefan Gieren und Kameramann Sin Huh hat der 33-jährige Zähle das Projekt verwirklicht. In dem rund 25-minütigen Film geht es um ein deutsches Ehepaar, das nach Indien kommt, um ein vermeintliches Waisenkind zu adoptieren. Die beiden müssen dann aber feststellen, dass das Kind seinen leiblichen Eltern weggenommen und entführt worden ist.
Die Idee zu dem Film kam Drehbuchautor Zähle nach dem Erdbeben in Haiti und der Diskussion um die Adoption von Waisenkindern aus dem Krisengebiet. "Dann habe ich angefangen, zum Thema Auslandsadoptionen zu recherchieren", sagt Zähle. "Es war dann recht schnell klar, dass Kalkutta ein Drehkreuz des Kinderhandels ist", fügt Produzent Stefan Gieren hinzu.
Star-Aufgebot ohne Star-Allüren
Damit stand dann auch der für einen Studentenfilm ungewöhnliche Drehort fest: Gearbeitet haben die jungen Männer mit ihrem Team in Kalkutta, und das unter enormem Druck. "Hätten wir vorher gewusst, worauf wir uns einlassen, hätten wir es wahrscheinlich nicht gemacht", sagt Zähle.
Für ihr Projekt konnten sie die beiden Schauspieler Julia Richter und Wotan Wilke Möhring gewinnen. Die Zusammenarbeit funktionierte vom ersten Tag an ohne Star-Allüren. "Die haben sich mit aufgerieben, auch mal mit die Straße abgesperrt", erzählt Produzent Stefan Gieren. "Das war ein absoluter Schulterschluss."
Dass der Film für die Studenten-Oscars nominiert wurde, hängt nach Meinung der drei Macher auch ganz wesentlich von der guten Teamarbeit ab. "Wir haben schnell gemerkt: Wenn wir nicht an einem Strang ziehen, dann klappt das nicht", erzählt Max Zähle. Auch Studiengangsleiter Richard Reitinger lobt die Arbeit seiner ehemaligen Studenten: "Alle drei sind über sich hinausgewachsen."
Mit dem Ergebnis sind die Absolventen der Hamburg Media School nun mehr als zufrieden. Das Finale des Studenten-Oscars, in dem "Raju" gemeinsam mit Filmen aus Schweden, Norwegen, Großbritannien und Tschechien steht, ist für sie die Krönung.
Am 20. Mai entscheidet sich, welche drei Filme bei der endgültigen Entscheidung am 11. Juni in Beverly Hills dabei sind. Die drei Hamburger sehen der Entscheidung gelassen entgegen. "Das wäre nur noch das Sahnehäubchen, aber der Kuchen schmeckt auch ohne", sagt Zähle.
Die Liste der deutschen Studenten-Oscar-Gewinner könnte in diesem Jahr um einen Namen anwachsen:
- 2008: Reto Caffi für "Auf der Strecke"
- 2007: Toke Constantin Hebbeln (Berlin) für "Nimmermeer"
- 2005: Ulrike Grote (Hamburg) für "Der Ausreißer"
- 2003: Florian Baxmeyer (Hamburg) für "Die rote Jacke"
- 2000: Florian Gallenberger (München) für "Quiero ser"
- 1999: Marc-Andreas Bochert (Potsdam) für "Kleingeld"
- 1998: Thorsten Schmidt (Filmakademie Baden-Württemberg) für "Rochade"
- 1997: Raymond Boy (Köln) für "Ein einfacher Auftrag"
- 1994: Katja von Garnier (München) für "Abgeschminkt"
- 1988: Wolfgang Becker (Berlin) für "Schmetterlinge"