Umstrittene Förderung
"Regierung sollte Deutschlandstipendium einmotten"
Acht Prozent aller Studenten sollten mit dem Deutschlandstipendium gefördert werden, so war der Plan. Heute bekommen weniger als ein Prozent den Zuschuss - der überdies viele Millionen Euro Verwaltungskosten verursacht.
Sie gehören einer kleinen Gruppe an: Weniger als ein Prozent aller deutschen Studenten bekommen ein Deutschlandstipendium. Das sind rund 22.500, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.
Damit stieg die Zahl der Stipendiaten 2014 im Vergleich zum Vorjahr zwar um 14 Prozent. Gemessen an der Gesamtzahl aller Studenten, rund 2,7 Millionen, bekamen aber nur 0,84 Prozent das Fördergeld. Den höchsten Stipendiaten-Anteil hatte das Saarland mit 1,22 Prozent, am geringsten war er in Hamburg mit nur 0,08 Prozent.
Kritiker wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) monieren die geringe Anzahl der Stipendiaten: "Die Bundesregierung sollte einen Schlussstrich unter das Programm ziehen und die staatliche Förderung einstellen", sagte DGB-Bildungsexperte Matthias Anbuhl, selbst Mitglied des Beirats Deutschlandstipendium. Die freien Mittel sollten ins Bafög fließen, "das für die Studierenden eine verlässliche Studienfinanzierung sichert".
Deutschlandstipendium kostet 47 Millionen Euro pro Jahr
Anbuhl kritisiert, dass die Ziele des Förderinstruments, das laut Bildungsministerium 47 Millionen Euro pro Jahr kostet, verfehlt worden seien. Die Quote sei "Lichtjahre entfernt von der ursprünglich anvisierten Zielmarke von acht Prozent". Das Programm verursache zudem einen extrem hohen Verwaltungsaufwand. "Rund 21 Prozent der Fördermittel des Bundes wurden 2013 von Verwaltungskosten verschlungen. Dies hat auch der Bundesrechnungshof zurecht kritisiert."
Auch der Grünenpolitiker und Sprecher für Hochschule, Wissenschaft und Forschung, Kai Gehring, spricht sich gegen das Stipendium aus. "In diesem Tempo wird selbst das nach unten korrigierte Ziel, zwei Prozent der Studierenden zu erreichen, erst 2028 erreicht. Es bedarf keiner weiteren Beweise, dass das Deutschlandstipendium ein Ladenhüter ist. Die Bundesregierung sollte ihn endlich einmotten", teilte Gehring mit.
Die staatlichen Mittel für das Deutschlandstipendium sollten für Bafög und eine "bessere Stipendienförderung für Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisenregionen" genutzt werden.
Erfolgreiches Förderinstrument?
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände - ein weiteres Mitglied im Beirat des Deutschlandstipendiums - findet indes positive Worte. "Das Deutschlandstipendium hat sich zu einem erfolgreichen Förderinstrument entwickelt, von dem Studierende und Förderer gleichermaßen profitieren", sagte Vizepräsident Gerhard Braun.
Das Stipendium wurde im Jahr 2011 eingeführt - als Prestigeprojekt der damaligen Bildungsministerin Annette Schavan (CDU). Die Idee: Staat und Wirtschaft sollten für besonders begabte, talentierte oder engagierte Studenten zusammenlegen. 300 Euro gibt es seit dem Sommersemester 2011 für ausgewählte Nachwuchsakademiker, jeweils die Hälfte aus öffentlicher und privater Quelle und unabhängig vom Einkommen der Eltern.
Das größte Problem bei der Vergabe des Stipendiums: Hochschulen müssen für jeden Stipendiaten einen privaten Geldgeber überzeugen, die Hälfte des Förderbetrags, also 150 Euro monatlich zu übernehmen. Gerade für Hochschulen ohne gute Kontakte zu Firmen und Gönnern ist das ein oft schwieriges Vorhaben. Hochschulen hatten wiederholt darüber geklagt, das Einwerben von Mitteln bei Firmen und Stiftungen sei bürokratisch aufwendig, potenzielle Geldgeber zum Spenden zu motivieren, gestalte sich schwierig.
Stipendium fürs Studium: Hier findet fast jeder Student sein Stipendium
Foto: Patrick Pleul/ dpa