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Schavans Doktorarbeit: "Leitende Täuschungsabsicht"

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Plagiatsaffäre um Bildungsministerin Uni-Prüfer wirft Schavan Täuschung vor

Neuer Plagiatsvorwurf gegen die Bundesbildungsministerin: Nach Informationen des SPIEGEL kommt der Gutachter der Universität zu einem eindeutigen Urteil. Er erkennt in der Doktorarbeit von Annette Schavan eine "leitende Täuschungsabsicht". Verliert sie nun ihren Titel?

Erst waren es anonyme Plagiatsjäger, die der Bundesbildungsministerin vorwarfen, in ihrer Doktorarbeit nicht nur unsauber gearbeitet, sondern getäuscht zu haben. Jetzt liegt nach SPIEGEL-Informationen auch das Gutachten eines Prüfers der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität vor - und es kommt zu einem ähnlichen Ergebnis.

Der Gutachter erkennt an etlichen Stellen der Dissertation von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) "das charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise". In dem vertraulichem 75-seitigen Papier zieht er nach eingehender Prüfung das Fazit: "Eine leitende Täuschungsabsicht ist nicht nur angesichts der allgemeinen Muster des Gesamtbildes, sondern auch aufgrund der spezifischen Merkmale einer signifikanten Mehrzahl von Befundstellen zu konstatieren."

Verfasst hat die Analyse der Professor für Jüdische Studien, Stefan Rohrbacher, der zugleich dem mit dem Prüfungsverfahren befassten Promotionsausschuss vorsteht. Der Wissenschaftler nahm seine Untersuchung laut Gutachten "auf der Grundlage der Originaltexte in Autopsie" vor. Er beanstandet Textstellen auf 60 der 351 Seiten.

Der Promotionsausschuss will am Mittwoch beraten

Sein Gutachten ist die Grundlage für Beratungen des Promotionsausschusses, die für Mittwoch vorgesehen sind. Neben Rohrbacher sitzen im Ausschuss drei weitere Professoren, zwei wissenschaftliche Mitarbeiter und ein Studentenvertreter. Sie geben eine Empfehlung an den Fakultätsrat ab, der dann über eine Aberkennung des Doktortitels zu entscheiden hat.

Schavan kannte, wie ihr Sprecher sagte, das Düsseldorfer Gutachten am Freitagabend nicht. Mit dessen Fazit konfrontiert, ließ sie mitteilen: "Die erhobenen Vorwürfe treffen mich tief und schmerzen mich sehr; soweit die Fakultät mir Gelegenheit dazu gibt, werde ich nach sorgfältiger Prüfung dazu Stellung nehmen." Die Universität Düsseldorf teilte mit: "Die zuständigen Organe und Gremien dieses Verfahrens haben zu keiner Zeit öffentlich Stellungnahmen abgegeben oder sich an Spekulationen beteiligt und werden es auch weiterhin nicht tun."

Schavans Dissertation trägt den Titel "Person und Gewissen". Vor einigen Monaten hatte ein Plagiatsjäger, der sich "Robert Schmidt" nennt, im Internet eine Sammlung von verdächtigen Stellen veröffentlicht. Anschließend nahm die Philosophische Fakultät der Universität Düsseldorf ihre Prüfung auf.

Erst in der vergangenen Woche hatte "Schmidt" von Verstößen gesprochen, die "in etlichen Fällen nicht entschuldbar" seien. Am Dienstag war auf der Seite schavanplag.wordpress.com  ein abschließendes Dokument erschienen, eine "Dokumentation mutmaßlicher Plagiate" in Schavans Doktorarbeit. Demnach sollen auf 92 der 326 Seiten (abgezogen sind Inhalts- und Literaturverzeichnis) Übernahmen aus "nicht oder nicht ausreichend" kenntlich gemachten Quellen stehen. Der Hauptvorwurf lautet: "Oft" habe Schavan vorgegeben, aus Primärquellen zu zitieren, wo es sich eigentlich um leicht abgewandelte Übernahmen aus Sekundärquellen gehandelt haben soll.

Das Uni-Gutachten weist nun in eine ähnliche Richtung.

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otr
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