
Promotionsberater: Ermittlungen gegen weitere Professoren
Doktorspiele Der Promotionsberater, ein scheuer Geselle
Rund 100 Professoren unter Bestechungsverdacht, die Branche der Promotionsberater im Zwielicht, verbale Attacken aus Politik und Hochschulen - das schreit nach einem Streitgespräch. Eine öffentliche Diskussion im Deutschlandfunk soll es sein, mit einem Vertreter aus den Hochschulen auf der einen und einem Promotionsberater auf der anderen Seite.
Das müsste eigentlich zu schaffen sein - schließlich ist die Liste der entsprechenden Titel-Dienstleister nach nur kurzer Suche schon mehrere Dutzend Namen und Telefonnummern lang. Und wann, wenn nicht jetzt, wäre die Chance größer, sich mit einem seriösen Auftritt öffentliche Aufmerksamkeit zu sichern?
Doch die Miene des Journalisten wird düsterer und düsterer. Mal meldet sich tagelang nur der Anrufbeantworter, mal "haben wir aus Urlaubsgründen leider niemanden, der hierzu kompetent Stellung nehmen könnte", mal klingelt das Telefon stundenlang ins Leere. Ganz abgesehen von denen, die beim Stichwort Interview kommentarlos auflegten. Oder die nach einem ersten persönlichen Kontakt urplötzlich für längere Zeit ins Ausland reisen mussten.
Ein paar mehr oder weniger ausführliche Telefonate kommen trotzdem zustande. Gespräche, die viel über das Selbstverständnis der Promotionsberater verraten - und darüber, warum sie zwar stets die "absolute Legalität" ihrer Arbeit betonen, sich dazu in der Öffentlichkeit aber lieber trotzdem nicht bekennen wollen. Und bald entsteht ein Bild, wie deutsche Promotionsberater ticken, welche Typen in dieser Branche vertreten sind: redselige und höchst schweigsame Berater, umtriebige und geheimnisumwitterte.
Der Geschäftstüchtige: "Flug nach Köln, Hotel, Honorar"
Einer der ersten Treffer auf der Liste: Wer einen Doktortitel führen möchte, muss auf dieser Homepage den Eindruck bekommen, das sei ganz schnell und mit wenig Arbeitsaufwand möglich. Akademische Probleme oder gar juristische Hindernisse scheint es nicht zu geben. Das klingt alles ein bisschen zu einfach.
Am Telefon:
Promotionsberatung Doktorenglück, Schneider*.
Armin Himmelrath, guten Tag. Wir würden gerne am kommenden Samstag in einer Radio-Diskussionssendung über das Thema Promotionsberatung reden. Der Anlass ist ja klar, aber wir wollen das mal etwas ausführlicher besprechen, und dabei soll natürlich auch die Seite der Promotionsberater zu Wort kommen
Ja klar. Können wir machen. Wo soll das sein?
In Köln.
Kein Problem. Den Flug zahlen Sie, klar, und wie lange ist die Diskussion?
Also, die Sendung dauert eine Stunde, und
Also, Flugtickets und bei einer Stunde natürlich auch ein Hotel. Und ein Tageshonorar. 1500 Euro.
Ein Honorar können wir Ihnen natürlich nicht zahlen. Sie vertreten ja schließlich Ihr Unternehmen.
Kein Honorar? Nun werden Sie mal nicht unverschämt! Dann komme ich nicht. Auf gar keinen Fall! Was denken Sie sich überhaupt! (kurze Pause) Und worum soll es in der Sendung noch mal gehen?
Um die Frage, warum offenbar so viele Menschen einen Promotionsberater in Anspruch nehmen. Ob da an den Universitäten möglicherweise
Und da haben Sie sich jetzt gedacht, das mache ich umsonst? Flug und Hotel. Sie sind lustig! Die ganze Zeit, die mich das kostet! (kurze Pause) Na gut, meinetwegen mache ich das umsonst. Aber dann will ich im Fernsehen auch mit der Bildungsministerin diskutieren.
Radio. Nicht Fernsehen.
Dann halt Radio. Obwohl Sie das eigentlich im Fernsehen bringen müssten. Und Sie müssen mal richtig stellen, dass hier im Moment eine politisch motivierte Hetzjagd stattfindet. Und dann müssen Sie
Ich glaube, das Konzept für die Sendung machen wir lieber selber. Und was die anderen Gesprächspartner betrifft
Entweder die Schavan. Oder mit Honorar. Sonst komme ich nicht.
Das Opfer: "Die wollen mich ruinieren"
Jung, dynamisch, weiblich - so präsentiert sich diese in Wissenschaft und Praxis erfahrene Medizinerin im Internet. Sie hat sich mit ihrem Beratungsangebot auf Ärztekollegen spezialisiert, die ihre Promotion noch nebenberuflich nachholen wollen. Und sie betont, bei Promotionsvorhaben lediglich legale Hilfestellung zu geben.
Am Telefon:
Therese Bauer.*
Guten Tag, mein Name ist Himmelrath. Ich bereite eine Radiosendung vor, bei der wir am Samstag gern über das Thema Promotionsberatung sprechen möchten. Und da suchen wir Studiogäste, mit denen wir das diskutieren können.
(Schweigen)
Frau Bauer? Sind Sie noch da?
(schluckt) Ja. Ja klar. Es ist nur wir werden da ja im Moment gezielt niedergemacht.
Wie meinen Sie das?
Das ist doch 'ne richtige Kampagne. Da werden wir ganz gezielt fertiggemacht. Die tun doch so, als ob wir alle Verbrecher sind.
Aber ganz offensichtlich läuft doch auch wirklich einiges falsch in diesem Bereich. Immerhin wird ja jetzt in Köln von der Staatsanwaltschaft auch massiv ermittelt
(schluckt) Ich hab' mich Anfang des Jahres gerade erst selbständig gemacht mit dieser Beratung. Ich mach' nichts Verbotenes. Ich helfe nur Leuten, die gerne wissenschaftlich arbeiten wollen und gerne einen Doktortitel dafür haben wollen. Und jetzt machen die mir mein Geschäft kaputt. Die wollen mich ruinieren. Bitte, bitte lassen Sie mich da raus. Ich bin eh schon fix und fertig.
Die Redselige: "Wir coachen doch die Leute nur"
Frau Kern klingt erfreut. Fast so, als hätte sie schon den ganzen Tag auf genau diesen Anruf gewartet, um endlich einmal über ihren Job und die aktuelle Promotionsberater-Debatte zu plaudern.
Am Telefon:
Ja? Susanne Kern?*
Guten Tag, Frau Kern. Mein Name ist Armin Himmelrath, ich bin freier Mitarbeiter beim Deutschlandfunk. Wir würden am kommenden Samstag gern in einer Sendung über die Promotionsberatung reden, und zwar als längere Diskussion. Und dafür suchen wir noch einen Studiogast.
Das finde ich eine richtig gute Idee! Sie wissen ja sicher auch, dass wir im Moment eher die Prügelknaben sind. Das wird ja von Ihren Kollegen oft verkürzt dargestellt, was wir angeblich machen. Dabei hat Promotionsberatung überhaupt nichts mit gefälschten Urkunden oder Titelkauf zu tun. Gar nichts! Aber Sie sehen das ja offenbar differenzierter. Also, ich finde das klingt richtig gut, was Sie da vorhaben.
Ja, und da wollte ich eben anfragen, ob Sie vielleicht ...
Also, ich finde, wir dürfen uns da auch nicht ins Bockshorn jagen lassen. Wissen Sie, Bestechung und Ghostwriting, dann ist das hochgradig unseriös. Ich kann Ihnen das gern mal erklären: Wir coachen die Leute doch im Grunde nur - mehr ist das nicht. Das müsste zwar eigentlich die Uni machen, aber die können das nicht. Und der Bedarf an Betreuung und Begleitung ist da!
Genau diesen Bedarf, um den geht es. Das finde ich auch einen wichtigen Aspekt: Wo kommt denn überhaupt die Nachfrage nach Promotionsberatung her? Woran liegt das? Was läuft da schief?
(lacht) Da läuft einiges schief. Aber so lange es an den Unis nicht klappt, haben wir genug zu tun. Das merken wir immer wieder, wie wahnsinnig schwer es ist, zum Beispiel einen Doktorvater zu finden. Und wenn dann einer drei oder vier oder fünf Jahre gesucht hat und keinen gefunden, dann kommt er halt zu uns. Und wir besorgen ihm dann einen.
Das klingt interessant, finde ich. Hätten Sie denn Lust und Zeit, am Samstag zu uns in die Sendung zu kommen?
Ja, große Lust! Weil ich das total wichtig finde, jetzt nicht den Kopf in den Sand zu stecken in unserer Position. Allerdings möchte ich Sie um Verständnis bitten, dass ich das selber nicht machen kann. Mein Mann ist an einer Hochschule im öffentlichen Dienst, da kann ich mich nicht öffentlich äußern. Die Kartelle an den Universitäten sind so mächtig, die können ganze Existenzen zerstören, wenn man denen auf die Füße tritt. Und das möchte ich einfach nicht riskieren. Tut mir leid.
Der Geheimnisvolle: "Nein. Aha. Nein."
Die Homepage sieht richtig seriös aus, und penetrant-unauffällig wird betont, dass es sich um eine GmbH nach deutschem Recht handele - was kann bei so einem soliden Auftritt schon fragwürdig sein? Wenn jetzt noch die Telefonistin im Sekretariat entsprechend glaubwürdig klingt, dann (Nach dem Wählen der angegebenen Büronummer klickt und klackert es mehrfach. Offenbar wird der Anruf umgeleitet.)
Am Telefon:
Ja? (eine Männerstimme, mit Straßenlärm im Hintergrund)
Guten Tag, Armin Himmelrath, Journalist in Köln. Spreche ich mit Professor Köhler?
Nein.
Wer sind Sie denn?
Der Geschäftsführer. Was wollen Sie?
Ich bereite eine Radiosendung vor und suche einen Gesprächspartner zum Thema Promotionsberatung.
Aha.
Kann ich bitte mit Herrn Köhler sprechen?
Nein.
Ich wollte ihn nur fragen, ob ...
Nein.
Aber vielleicht können Sie mir ja weiter helfen, Herr ...?
Nein. Wiederhör'n.
Der Osteuropa-Profi: "Die deutsche Justiz interessiert mich nicht"
Die Homepage ist in einem tiefen, dunklen Blau gehalten, die Vorwahl sieht nach Ausland aus. Und tatsächlich landet der Anruf in der Hauptstadt eines osteuropäischen EU-Staats. Die Verbindung ist schlecht - aber daran liegt es nicht, dass das Gespräch so kurz ist.
Am Telefon:
Schröder.*
Guten Tag, mein Name ist Himmelrath. Ich bin Journalist und Moderator und würde am Samstag gern in einer Radiosendung über das Thema Promotionsberatung reden. Und da suchen wir Gesprächspartner.
Ist für mich uninteressant.
Aber es gibt doch im Moment eine heftige Debatte zu dem Thema.
Nee. Ich brauch' keine Werbung. Ich sitz' im Ausland, die deutsche Justiz interessiert mich nicht. Wer mich finden will, der findet mich, und dem besorge ich dann einen Doktortitel. So einfach ist das. Auf Wiederhören.
(*Alle Namen der Promotionsberater sind geändert)