Elite-Unis Jubel in den Südstaaten

And the winner is: der Süden. Zwei Drittel der deutschen Elite-Unis stehen in Bayern und Baden-Württemberg. Heute erhielten sechs Hochschulen das begehrte Elite-Etikett. Und diesmal blieb der Knatsch zwischen Wissenschaft und Politik aus.

Es ist ein guter, ein sonniger Tag für die deutsche Wissenschaft. Eigentlich sind es sogar wonnige Wochen: Erst werden deutsche Forscher mit Nobelpreisen beworfen, ein unverhoffter Doppel-Adelsschlag. Und nun das Finale der Exzellenzinitiative, dem die deutschen Unis schon so lange entgegenfiebern.

Freie Universitaet Berlin (FU): Sieg auf den letzten Metern

Freie Universitaet Berlin (FU): Sieg auf den letzten Metern

Foto: DDP

Monatelang haben sie Fakten zusammentragen, an Konzepten gefeilt, Allianzen geschmiedet, sich in Antragsprosa geschult - auch ein gewaltiges Fortbildungsprogramm für die Uni-Leitungen, denn der akademische Wettbewerbsgedanke ist in Deutschland bisher nur schwach ausgeprägt. Also versuchten sie alles, um die eigenen Forschungsleistungen im günstigsten Licht erscheinen zu lassen und die internationale Gutachterschar zu beeindrucken.

Drei Förderlinien sieht die Exzellenzinitiative vor, 1,9 Milliarden Euro stehen dafür insgesamt zur Verfügung. Die für den Strahlfaktor als akademischer Leuchtturm wichtigste Entscheidung fällten Wissenschaft und Politik am Freitagvormittag gemeinsam: Sechs der acht Finalisten können als "Spitzenuniversitäten" viel Geld für die Forschung abräumen - je 21 Millionen Euro, und das fünf Jahre lang.

Von Donnerstag auf Freitag gab es dabei noch bemerkenswerte tektonische Verschiebungen. Wissenschaftsrat und Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) tagten zunächst zusammen, aber ohne Politiker. Ihr Votum: Den Universitäten in Aachen, Heidelberg und Konstanz wollten sie grünes Licht geben; Freiburg und die FU Berlin wurden als Wackelkandidaten eingestuft; für Bochum, die Humboldt-Uni Berlin und auch Göttingen stand die Ampel auf Rot.

Am Ende allerdings einigten sich Wissenschaftler und Wissenschaftsminister auf einen Sixpack, nahmen also doch mehr als nur drei bis fünf Hochschulen in die Spitzenförderung. Vor allem Göttingen und Berlin konnten auf den letzten Metern frohlocken - die Hauptstadt war 2006 leer ausgegangen, dieses Fiasko sollte sich diesmal nicht wiederholen.

Sekt statt Magenbitter

Bei den Gewinnern brandete sofort Jubel auf, als die Ergebnisse schon Stunden vor der für 14 Uhr geplanten Verkündung durchsickerten: Man klopfte sich selbst und den Rivalen auf die Schultern, sammelte Lob von begeisterten Wissenschaftsministern ein und öffnete die Sektflaschen - der Konstanzer Rektor Gerhart von Graevenitz etwa konnte auf den sicherheitshalber im Kühlschrank geparkten Magenbitter verzichten.

Auch der Göttinger Rektor war sichtlich erleichtert: "Die letzten zwölf Stunden sind wir durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen. Ich kann mich daher gut in diejenigen hineinversetzen, die es nicht geschafft haben", sagte Kurt von Figura. Und Dieter Lenzen, sein Kollege von der FU Berlin, frohlockte über einen "neuen Schritt in der Geschichte der Universität, die in den zurückliegenden Jahrzehnten in den Schatten gerückt und als eine Art Schmuddeluni abgetan wurde". Jetzt sei endlich die "Missachtung unserer Leistung vorbei", so Lenzen.

Die Dominanz der Südstaaten indes wurde bei der ersten und wichtigsten Säule der Exzellenzinitiative abermals bestätigt. Zweimal München, einmal Karlsruhe lautete das Ergebnis schon 2006 - und nun kommen gleich drei weitere Universitäten aus Baden-Württemberg hinzu. Für die übrigen Himmelsrichtungen bleiben nur drei der neun Elite-Plätze: Aachen tief im Westen, Göttingen im Norden und FU Berlin im Osten.

"Ein Stück Wissenschaftsgeschichte"

Misstöne blieben diesmal aus, die Vertreter der Wissenschaft und der Politik übten sich in demonstrativer Harmonie. Bei der ersten Runde 2006 hatten einige Wissenschaftsminister noch geklagt, sie seien von Wissenschaftsrat und DFG überrumpelt, ignoriert, ausgebootet worden; am Ende habe man nur noch vollendete Tatsachen abnicken können. Die Expertengremien der Wissenschaftler dagegen betonten, es gehe um reine Sachkriterien, mitnichten um Regionalpolitik: bloß keine Zuckerl für die Landesfürsten.

Diesmal hoben beide Seiten unisono die gute Atmosphäre bei der Entscheidungsfindung hervor. "Wir haben heute ein Stück Wissenschaftsgeschichte geschrieben", sagte etwa Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU). Zurückgesetzt hatten sich bei der ersten Vergaberunde auch die Geisteswissenschaften gesehen, die diesmal etwas stärker punkten konnten - neben den Elite-Uni-Entscheidungen gibt es ja auch die Förderung für etliche Exzellenzcluster und die Graduiertenschulen.

Zur allgemein heiteren Stimmung gesellte sich gleich auch die Freude darüber, dass der Exzellenzwettbewerb voraussichtlich fortgesetzt werden kann. Das signalisierte heute die Bundesregierung, in den noch etwas verhaltenen Worten der Bundesforschungsministerin: Nun gehe es langfristig um "eine Verstetigung des Wettbewerbs".

Sie werde sich "dafür einsetzen, dass auch in Zukunft die Universitäten die Möglichkeit bekommen, sich an diesem Wettbewerb zu beteiligen", sagte Annette Schavan. Ohne den Bund, der den Löwenanteil von drei Vierteln des Exzellenz-Budgets trägt, geht es nicht; die Länder stocken die Mitteln nur mit dem übrigen Viertel auf.

Die Verlierer: Jetzt erst recht!

Naturgemäß leicht geknickt reagierten die Verlierer-Hochschulen. "Natürlich sind wir traurig", sagte Christoph Markschies, Präsident der HU Berlin. "Aber wir sind gleichzeitig überzeugt, dass unser Zukunftskonzept richtig ist und haben vor, es dennoch umzusetzen", dann eben mit weniger Geld - es gebe ja noch andere Fördertöpfe. Für die Ruhr-Uni Bochum war das Scheitern unter den besten Acht keine große Überraschung. Sie hatte mit dem Außenseiter-Image kokettiert. "Wir wussten, dass unsere Chancen nicht so groß sind", sagte Rektor Elmar Weiler, "was genau fehlte, wissen wir noch nicht. Aber wir wollen daraus lernen."

Für die sechs jubelnden Gewinner beginnen nach Monaten der Vorbereitung jetzt die Mühen der Umsetzung ihrer Zukunftskonzepte. Für den Falle des Triumphs hatte die Universität Freiburg vorgebaut und sich also "proaktiv", wie es auf Neudeutsch mitunter heißt, die zu den Elite-Ambitionen passende Internet-Adresse gesichert: Wer www.exzellenz-uni.de  eingibt, landet ab sofort auf der Homepage der Albert-Ludwigs-Universität - mindestens das hat Freiburg den anderen Hochschulen voraus.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren