Ergebnis des Exzellenz-Wettbewerbs Das sind Deutschlands Forschkönige

Uni Tübingen: Die Uni gehört jetzt zum Exzellenz-Zirkel
Foto: Bernd Weiflbrod/ picture alliance / dpaGanz ohne Verlängerung ging das Finale der Exzellenzinitative, dem Uni-Wettstreit um Forschungsmilliarden, am Freitag dann doch nicht über die Bühne.
Um 14.30 Uhr sollen die Elite-Unis eigentlich gekürt, alle Cluster und Graduiertenschulen vergeben sein - aber die Wissenschaftsfunktionäre und Wissenschaftsminister verhandeln immer noch. Nach einer spontanen Pause ziehen sich Bildungspolitiker und Experten im Bonner Wissenschaftszentrum noch einmal in den Sitzungssaal zurück, um ihre zwei Problemfälle zu diskutieren: Rheinland-Pfalz will die Uni Mainz noch als Exzellenz-Uni durchdrücken, Niedersachsen möchte den Prestigetitel für die Uni in Göttingen retten.
Doch kaum zwanzig Minuten später gehen die Türen wieder auf. Jetzt ist klar: Der Ausschuss ist den Empfehlungen der wissenschaftlichen Gutachter gefolgt. Die Unis waren von den internationalen Experten in die rote Gruppe sortiert, ihre Zukunftskonzepte als nicht erfolgversprechend bewertet worden. Darum blieben Mainz und Göttingen außen vor.
Das Gesamtergebnis: Deutschland hat für die kommenden fünf Jahre elf sogenannte Exzellenz-Unis, fünf neue und sechs glückliche Titelverteidiger (siehe Grafik unten). Sie hatten erfolgreich Anträge für Forscherverbünde und Graduiertenschulen eingereicht und mit ihrem Zukunftskonzept überzeugt. Doch klar ist damit auch: Das war es erst einmal. 2,4 Milliarden Euro, finanziert zu drei Vierteln vom Bund und zu einem Viertel vom jeweiligen Bundesland, sind verteilt. Insgesamt profitieren 99 Projekte an 39 Universitäten.
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Hier geht es zur Übersichtsgrafik: Sieger und Verlierer im Elite-Wettbewerb.
Während in der ersten Phase (2006/2007) noch erbittert gestritten wurde, scheint es nun, als hätte die Exzellenzinitiative in ihrem letzten Durchgang einen Modus gefunden, mit dem sich alle Beteiligten wohlfühlen. So herzlich, wie sich an diesem Nachmittag in Bonn alle gegenseitig beglückwünschen und verabschieden, könnte man fast den Eindruck gewinnen: Sie finden es schade, dass es vorbei ist.
"Für alle Regionen Deutschlands gute Nachrichten"
Hieß es 2007 noch, Göttingen und die FU Berlin seien am Ende hineinverhandelt worden, gab es diesmal keine Deals. Dafür viele zufriedene oder gar strahlende Gesichter: Auf dem Podium saß eine sichtlich gut gelaunte Bundesministerin Annette Schavan (CDU) und freute sich, dass es heute "für alle Regionen Deutschlands gute Nachrichten gibt". Auch die Vertreter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Wissenschaftsrates waren sehr zufrieden - mit sich als Ausrichter des Wettbewerbs, und mit den Ergebnissen.
Von "guten, ausgewogenen Diskussionen", berichtete der Wissenschaftsrats-Vorsitzende Wolfgang Marquardt. Mit so viel Einsicht der Politik habe er nicht gerechnet. Matthias Kleiner, Präsident der DFG, sagte, dass die bewilligten Projekte von mehr als einem Drittel der Universitäten gekommen seien, zeige, dass "die Spitzenforschung in Deutschland breit und vielfältig aufgestellt ist". Die hohe Qualität der eingereichten Anträge habe ihn besonders beeindruckt.
Das Ergebnis zeigt neben elf Gewinnern allerdings auch drei besonders traurige Verlierer - und gerade im Südwesten ist der Jammer groß. Das zuvor mit dem Exzellenz-Titel ausgezeichnete KIT, ein Zusammenschluss aus der ehemaligen Universität Karlsruhe (TH) und dem Forschungszentrum Karlsruhe der Helmholtz-Gemeinschaft, ist keine Elite-Uni mehr. Auch die Uni Freiburg hat, genau wie die niedersächsische Uni Göttingen, ihren Elitestatus verloren.
Freiburgs Rektor Schiewer: Ausscheiden tut "richtig weh"
Am KIT, mit dessen Ausscheiden niemand ernsthaft gerechnet hatte, sagte dessen Präsident Eberhard Umbach: "Ich bin froh, wenn der heutige Tag vorbei ist." Seine Forschungsuniversität hat ein viermal gefördertes Exzellenzcluster verloren, das Center for Functional Nanostructures. Weil Cluster und Graduiertenschule aber Pflicht sind, wenn man Exzellenz-Uni sein will, flog das KIT aus dem Eliterennen.
In Karlsruhe setzte man für das gescheiterte Cluster nun auf DFG-Mittel und eine Auslauffinanzierung. Hochschulchef Umbach gab sich trotz des "herben Rückschlags" unverdrossen: "International sind wir auf dem Weg an die Spitze", sagte er. Selbstkritik wollte er nicht üben. Vielleicht habe man "manche Fragen der Gutachter nicht gut genug beantwortet", so Umbach. Aus dem Umfeld des baden-württembergischen Wissenschaftsministerium hieß es hingegen, das KIT sei in der Begutachtungsphase ungeschickt und arrogant aufgetreten und habe es sich so mit den Gutachtern verscherzt.

Elite-Unis: So sehen Sieger und Verlierer aus
Freiburgs Rektor Hans-Jochen Schiewer sagte, das Ausscheiden tue "richtig weh". In Göttingen gestand Uni-Präsidentin Ulrike Beisiegel bereits um kurz vor 15 Uhr das Scheitern ein. Die Konzepte auszuarbeiten habe Spaß gemacht. Sie lobte den "tollen Spirit" ihrer Universität, der sicher viele neidisch gemacht habe.
Schavan: Für die Geförderten geht es weiter
Und wie geht es nun weiter? Kurz vor der Entscheidung in der letzten Runde lief Bundesministerin Schavan auf eine Gruppe Frauen zu. Mit dabei stand auch Minister-Kollegin Theresia Bauer (Grüne) aus Baden-Württemberg. "Euch habe ich gesucht", rief Schavan, dann besprachen die Damen sich leise.
Was die Frauenrunde um Schavan und Bauer diskutierte, könnte darauf hindeuten, wie es in Zukunft mit der Spitzenforschung an Unis weitergehen soll: Bauer hatte sich unlängst gewünscht, das Wettbewerbsverfahren dürfe nicht zu Ende gehen und das Verfahren als Bereicherung gelobt. Dazu passt, was Schavan am Freitagnachmittag versprach: Für diejenigen, die seit heute neu im Kreis der geförderten Unis sind, könnte es auch nach 2017, wenn die Initiative eigentlich ausläuft, weiter Geld geben.
"Ich werde den Ländern empfehlen, dass nach fünf Jahren einzeln geprüft wird, ob es eine zweite Förderphase für weitere fünf Jahre geben kann", sagte die Bundesministerin. Das sei eine Frage der Gerechtigkeit, weil auch die meisten Gewinner der ersten Exzellenz-Runden über insgesamt zehn Jahre finanziert würden. Schavan sagte SPIEGEL ONLINE, der Bund werde dann auch 75 Prozent einer solchen Anschluss-Finanzierung übernehmen.
Nicht bei allen Verlierern war die Stimmung ganz im Keller. Für Neubewerber Bochum stand schon früh fest, dass die Uni mit ihrem Zukunftskonzept nicht durchkommen wird. Schon vor der Entscheidung sprach Rektor Elmar Weiler darum von einen "Teilerfolg". Viele Studenten hatten die Exzellenzbemühungen ihrer Unis in den vergangenen Jahren kritisch begleitet. Eine Studentin sagte am Rand der kleinen Bochumer Feier: "Ich finde es gut, dass das Zukunftskonzept der Universität nicht gewonnen hat." So könne sich die Uni "endlich wieder aufs Wesentliche konzentrieren, nämlich auf die Qualität der Lehre".
Bundesministerin Schavan nutzte die Gunst des Tages, um für ein aktuelles Projekt der Bundesregierung zu trommeln: Damit der Bund sich dauerhaft an den Hochschulen engagieren könne, sei eine Grundgesetzänderung nötig. Im Hinblick auf das Ende der Exzellenzmittel 2017 hab das Kabinett "einen Gesetzentwurf beschlossen, wonach sich der Bund künftig langfristig an Hochschulen engagieren darf." Dem sollten die Bundesländer zustimmen. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings: Rot und Grün wollen mehr Bundesgeld nicht nur für Unis, sondern auch für Schulen. Schavans auf die Forschungsförderung beschränkten Vorschlag lehnen sie ab.
Alle neuen und bestätigten Exzellenzcluster, Graduiertenschulen und bewilligten Zukunftskonzepte listen Wissenschaftsrat und DFG in diesem pdf auf .
Mitarbeit: Susanne Kailitz, Christopher Piltz, Konstantin Görlich, Almut Steinecke