

SPIEGEL ONLINE: Fußball-WM und Pflanz-Guerilla - dazwischen liegen Welten. Wie kommen Sie darauf, das zu verbinden?
Chantal Diaz: Bei den letzten großen Fußballturnieren entstand unheimlich viel Müll. Haufenweise Plastik wurde achtlos weggeworfen: Zerrissene Blumenketten und zerknüllte Flaggen lagen auf Grünflächen und im Straßengraben. Da kam uns die Idee zu recyclingfähigen Fanartikeln.
SPIEGEL ONLINE: Die Fanartikel sind aber nicht nur biologisch abbaubar.
Chantal Diaz: Genau, sie erschaffen auch Neues, wenn sie weggeworfen werden. Nach einigen Wochen wachsen Stockrosen und Kapuzinerkresse daraus hervor - natürlich in den Farben schwarz, rot und gelb.
SPIEGEL ONLINE: Wie funktioniert das?
Chantal Diaz: Die Materialien zerfallen und bilden den Humusboden für die in den Produkten eingearbeiteten Samen. Die Rassel ist aus gepressten Palmblättern hergestellt, die Flagge aus einem speziellen Baumwollstoff. Der Kleber besteht aus Zucker. Nach sechs bis acht Wochen sind diese Materialien zerfallen.
Chantal Díaz ist 24 Jahre alt und studiert Gestaltung an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Hildesheim. Zusammen mit ihren Kommilitoninnen Sina Faikosch und Tina Schönheit und unter Anleitung der Professorin Barbara Kotte hat sie WM-Fanartikel aus biologisch abbaubaren Materialien entwickelt, in denen Blumensamen eingearbeitet sind.
SPIEGEL ONLINE: Der Trend zum Guerilla-Gardening ist ja schon älter. Warum sollte er zu einer Fußball-WM aufgewärmt werden?
Chantal Diaz: Fanartikel werden momentan gut gekauft. Mit unseren können Fußballfans gleichzeitig ihr Gewissen erleichtern, etwas gegen Erderwärmung und für die Umwelt tun. Es ist auch symbolisch ein schöner Akt: Nach dem verlorenen Spiel begraben Fans ihre Ausrüstung, und daraus erwachsen im nächsten Jahr Stockrosen und Kapuzinerkresse.
SPIEGEL ONLINE: Wer soll die ideologisch korrekten Fanartikel kaufen?
Chantal Diaz: Wir glauben, nicht den typischen Fußballfan anzusprechen. Sondern Leute, die sich die WM zu Hause angucken und den Anspruch haben, hochwertige Dinge zu kaufen.
SPIEGEL ONLINE: Gehen Sie mit ihren eigenen Fanartikeln zum Public Viewing?
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Chantal Diaz: Da wir noch keinen Produzenten gefunden haben, gibt es bislang nur Prototypen von unseren Produkten. Sie werden in der Hochschule verwahrt. Manchmal leihen wir den Blütenkranz aus und tragen ihn eine Weile. Viele Studenten sprechen uns dann auf die ungewöhnliche Kette an. Vielleicht gehen wir ja zur nächsten EM in Produktion.
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Blühender Müll: Wer diese WM-Blumenkette nach der Siegesfeier ins Beet wirft, kann sich wenig später über Rosen oder Kapuzinerpresse freuen.
In die Fanartikel der Studentinnen Chantal Diáz, Sina Faikosch und Tina Schönheit sind Pflanzensamen eingearbeitet.
Rasseln aus Palmblättern, Flaggen aus Spezial-Baumwolle, Kleber aus Zucker: Nach spätestens zwei Monaten sind die biologisch abbaubaren Fanartikel zersetzt.
Die recyclingfähigen Fanartikel und die daraus erblühenden Blumen haben eine große Gemeinsamkeit: Ihre Farben sind Schwarz, Rot und Gold.
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