Gaststudenten auf dem Ausländeramt "Bei uns reitet man nicht auf Kamelen"
Die Schwingtür quietscht protestierend, als ihre Flügel langsam zurückweichen und den Blick auf den fensterlosen kahlen Korridor mit den Amtszimmern der Trierer Ausländerbehörde freigeben. Das Licht ist hier auch tagsüber schummrig und die staubige Luft kratzt im Hals. Mehrere Leute warten darauf, dass sie an die Reihe kommen. Einige wirken nervös. So wie ein älterer Mann aus Asien, der mit zittrigen Händen Zigaretten dreht, und sie anschließend in einer Tüte verschwinden lässt. Ein anderer verschanzt sich hinter seiner Zeitung. Eine junge Mutter mit Kopftuch tröstet ein schreiendes Baby.
Abdallah* begrüßt einen Bekannten mit Handschlag, dann lässt sich der Student aus Tunesien seufzend auf einen wackeligen Stuhl fallen. "Ich kann verstehen, das die Deutschen sich vor Terroristen schützen und Schmarotzer finden wollen", sagt er. "Aber die Behandlung hier ist oft demütigend." Der Tunesier deutet auf eine der Türen: "Wenn ich gleich da hinein gehe, wird man mich zuerst fragen, wie lange ich noch vorhabe, in Deutschland zu bleiben. Das ist jedes Mal so. Und dass man mir kein Visum mehr erteilen wird, wenn ich mein Studium nicht schnell abschließe." Abdallah liegt in der Regelstudienzeit. "Als ob man nur darauf wartet, dass ich wieder verschwinde."
Der Student wedelt mit einem Bündel Kontoauszüge der letzten drei Monate. "Eigentlich interessiert man sich für nichts anderes als das hier," sagt er. "Ich muss jede einzelne Überweisung erklären können. Wenn nicht, habe ich ein Problem. Besonders größere Summen sind ihnen grundsätzlich verdächtig." Was ist mit Leistungen an der Uni? "Ich bin noch nie danach gefragt worden." Schließlich erzählt Abdallah vom Kommentar einer Mitarbeiterin zu der Nachricht, dass er in einen Autounfall verwickelt war. "Bei uns in Deutschland reitet man eben nicht auf Kamelen. Wir besitzen Autos und Verkehrsregeln."
Ohne Geld kein Visum und kein Studium
Dann ist er an der Reihe. Er rafft seine Papiere zusammen und verschwindet in einem Büro. Abdallah will sein Visum verlängern - ein Gang, den Studenten aus Nicht-EU Ländern regelmäßig machen müssen. Sie benötigen dafür eine Bescheinigung der Krankenkasse, einen Immatrikulationsnachweis und die Kontoauszüge der letzten drei Monate - um nachzuweisen, dass ausreichende finanzielle Mittel vorhanden sind. Zu wenig Geld auf dem Konto kann den Entzug des Visums und damit den Abbruch des Studiums bedeuten. Daher hätten viele Studenten "ein sehr mulmiges Gefühl im Bauch", wenn der Termin bei der Ausländerbehörde näher rückt, erzählt Wei* aus China. Er sitzt in einer Cafeteria an der Universität und trommelt beim Reden mit den Fingern auf dem Tisch.
Wei selbst kennt mehrere Fälle von Landsleuten, denen es erst kürzlich ergangen wie ist wie Zhang*. Sie lieh sich das Geld für die Verlängerung ihrer Visa im Freundeskreis und erhielt ein Verfahren wegen "Verdachts der Erschleichung eines Aufenthaltstitels." Keiner der Fälle wurde von der Staatsanwaltschaft weiterverfolgt. Wei spürt eine grundsätzlich misstrauische Haltung gegenüber Studenten aus ärmeren Ländern. Er hat Verständnis dafür, dass die Mitarbeiter der Ausländerbehörde einer schwierigen und anspruchsvollen Kontrollaufgabe nachgehen. Über eine Antwort auf die Frage, warum Bürger anderer asiatischer Länder - etwa Koreas, Japans oder Taiwans - nicht den gleichen Restriktionen ausgesetzt werden, schüttelt er allerdings immer noch den Kopf. Der Mitarbeiter habe ihn nur verständnislos angesehen und die Schultern gezuckt: "Nun, die haben eben mehr Geld."
"Manche wollen einfach nur nach Hause"
Die Ausländerbehörde in Trier weist die Vorwürfe zurück. Ein harscher Umgangston mit Gaststudenten würde schließlich interne und öffentliche Beschwerden zur Folge haben. Und genau die habe es bisher nicht gegeben, heißt es in einer Stellungnahme. Auch gehöre es zu den "originären Aufgaben der Ausländerbehörde", Nachweise über Krankenversicherung und Finanzierung zu überprüfen. Studenten, die die geforderten Unterlagen vorlegen könnten, hätten auch "kein mulmiges Gefühl im Bauch".
Austauschstudenten wie Wei sehen jedoch eines der größten Probleme darin, dass frisch eingetroffene Gaststudenten eine Beratungsinstanz erwarten und stattdessen in die Mühlen der Bürokratie geraten. Viele empfänden ihren ersten Kontakt mit dem deutschen Staat meist als kalt und feindselig. So wie Lang* aus China. Sie fühlt sich wie eine unerwünschte Bittstellerin. Zu Beginn ihres Studiums in Deutschland musste sie sich einmal gegen den Verdacht wehren, in Wirklichkeit eine "Arbeitsmigrantin" zu sein. Der einzige Hinweis darauf waren ihre damals noch mangelhaften Deutschkenntnisse.
Wegen solcher Erfahrungen nehmen Studenten oft ein schlechtes Bild von Deutschland mit nach Hause in ihr Heimatland - besonders, wenn sie sonst wenig oder gar keinen Kontakt zur deutschen Bevölkerung haben. Gao* aus China lächelt verlegen und dreht einen Kaffeebecher in den Händen bevor er erklärt: "Als ich nach Deutschland kam, dachte ich, wir wären willkommen hier. Jetzt können es manche nicht mehr erwarten, dass sie mit der Uni fertig werden und nach Hause fahren können."
*Alle Namen von der Redaktion geändert